47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
wie erstarrt auf seinem Pferd.
„O Dios!“ rief er endlich. „‚Büffelstirn‘!“
„Ja, ich bin es!“
„Stehen die Toten auf?“
„Nein, aber die Lebenden kehren zurück.“
„So wart Ihr gar nicht gestorben?“
„Nein, wir lebten. Kennst du diese Männer?“
Aemilio ließ sein Auge von einem zum anderen gehen. Sein Gesicht nahm den Ausdruck eines immer größeren, freudigen Erstaunens an.
„Ist das möglich, oder sehe ich nicht recht?“
„Wen siehst du?“ fragte ‚Büffelstirn‘.
„Ist das nicht Señor Sternau?“
„Ja, er ist es.“
„Und dieser ist ‚Bärenherz‘, der Häuptling der Apachen?“
„Ja, deine Augen sind noch gut.“
„Mein Erlöser! Und wir glaubten euch tot. Wo sind die anderen?“
„Sie leben auch noch und folgen uns baldigst nach.“
„So werden Sie es sehr traurig auf der Hacienda finden.“
„Warum?“
„Die Feinde sind da.“
„Wieviel Mann?“
„Gegen sechshundert.“
„Wer ist der Anführer?“
„Cortejo. Aber er ist vor einiger Zeit fortgeritten, und nun befiehlt seine Tochter Josefa.“
„Was tun diese Leute?“
„Sie essen, trinken, spielen und schlafen. Sie martern die Vaqueros, indem sie auf die Rückkehr Cortejos warten.“
„Wo ist Señor Arbellez?“
„Gefangen.“
„Wo?“
„Sie haben ihn in einen Keller geworfen, nachdem er fast tot geschlagen worden war.“
„Ist er allein gefangen?“
„Señorita Marie Hermoyes und Antonio sind bei ihm.“
„Antonio? Uff! Der auf Fort Guadeloupe war?“
„Ja.“
„Wie ist er Gefangener geworden?“
„Als er kam, ahnte er nicht, daß diese Leute da seien. Er wurde festgenommen und zu Josefa Cortejo geschafft, welche ihn verhörte.“
„Er hat ihr alles erzählt, was er in Fort Guadeloupe erfuhr?“
„Das weiß ich nicht. Er wurde in den Keller gesteckt.“
„Was gibt man den Gefangenen zu essen?“
„Ich weiß es nicht. Niemand sieht etwas davon, denn die Vaqueros gehen jetzt nicht nach der Hacienda.“
„Du auch nicht?“
„Nein.“
„So komm mit uns.“
Aemilio schloß sich ihnen mit Freuden an. Nun er diese Männer sah, glaubte er an eine baldige Verbesserung der Lage. Diese drei hatte er erkannt, den vierten aber doch nicht genau. Jetzt ritt er neben ihm.
„Verzeih, Señor“, sagte er. „Ich habe Euch jedenfalls früher gesehen, weiß aber doch nicht, wie ich Euch nennen soll.“
„Habe ich mich denn so sehr verändert?“ fragte Helmers lächelnd.
Infolge dieses Lächelns und dieser Stimme kehrte dem Vaquero die Erinnerung zurück.
„Ihr Heiligen, wäre es wahr?“ fragte er. „Ihr seid Señor Helmers?“
„Ja.“
„Gott, welch eine Freude! Aber lebt auch Señorita Emma noch?“
„Sie lebt noch und kehrt sehr bald nach der Hacienda zurück.“
„O, man wird auch sie gefangen nehmen.“
„Nein. Wir werden die Feinde vertreiben.“
„Sie vier?“ fragte der Mann ungläubig.
„Das wirst du bald sehen. Doch sage mir vor allen Dingen, wer den Befehl gegeben hat, daß Señor Arbellez gepeitscht worden ist.“
„Ich glaube, die Señorita Josefa.“
„War ihr Vater da noch auf der Hacienda?“
„Ja.“
„Es ist genug. Sie werden ihre Strafe erhalten.“
Er knirschte mit den Zähnen, und die Augen ‚Büffelstirns‘ leuchteten auf. Die beiden glühten vor Rachbegier. Wehe Cortejo und seiner Tochter, wenn diese in ihre Hände gerieten.
Der Ritt ging jetzt an der Seite des Berges empor. Sie gelangten eben am Alligatorenteich an, noch ehe das letzte Tageslicht verglimmt war. Noch stand der Baum, welcher schräg über das Wasser ragte. Die Fläche des Wassers war eben. Da aber hielt ‚Büffelstirn‘ an und stieß jenen klagenden Ruf aus, mit dem man Krokodile anzulocken pflegt. Sofort tauchten eine Menge knorriger Köpfe aus der Tiefe auf. Sie kamen auf das Ufer zugeschossen und schlugen die Kinnladen gegeneinander, daß es klang, als würden starke Pfosten aufeinander geschlagen.
„Uff! Lange nichts gefressen!“ meinte der Mixtekas. „Werden bald ihren Hunger stillen können. ‚Büffelstirn‘ wird für die heiligen Krokodile der Mixtekas sorgen.“
Sie umritten den Teich und stiegen im Wald ab, wo sie die Pferde unter Aufsicht Aemilios stehen ließen. Dann schritt ‚Büffelstirn‘ weiter.
Mitten auf der Spitze des Berges befand sich eine pyramidenförmige Erhöhung, welche man ganz sicher für ein Werk der Natur gehalten hätte. Dort blieb der Häuptling der Mixtekas stehen.
„Das ist das Feuermal meines
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