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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schaffte sie aus dem Zimmer. Die Ohrfeige hatte sie so eingeschüchtert, daß ihr alle Lust zum Widerstand vergangen war.
    „Du willigst nun in unser Urteil?“ fragte ‚Büffelstirn‘ Sternau.
    „Ja“, antwortete dieser nach einigem Zögern.
    „Daß sie von den Krokodilen gefressen wird!“
    „Ja, sie ist einer Milderung des Urteils nicht wert!“
    „So werden wir mit Anbruch des Tages nach dem Berg El Reparo reiten, um sie in den Teich der Krokodile zu werfen.“
    „Das ist zu früh“, erklärte Sternau.
    „Warum?“
    „Es haben noch andere ihr Urteil über sie zu sprechen und an ihrem Verhör teilzunehmen. Wir müssen warten, bis Mariano und Graf Ferdinande angekommen sind. Anders geht es nicht.“
    „Das wird sehr lange dauern.“
    „Wir müssen ja auf alle Fälle einen Boten zu Juarez senden, um ihm zu sagen, daß die Hacienda unser ist und daß tausend Mixtekas auf ihn warten, um für ihn zu kämpfen. Das wird das Kommen Marianos beschleunigen.“
    „Aber Graf Ferdinande kann nicht kommen. Er ist krank. Und selbst wenn er gesund wäre, würden viele Tage vergehen, ehe er von Fort Guadeloupe nach der Hacienda kommen kann.“
    „So müssen wir eben so lange die Vollstreckung unseres Urteils aufschieben. Wir haben das Mädchen ja sicher in unseren Händen.“
    „Sicher?“ fragte Helmers. „Man kann nie wissen, was kommt.“
    „Was sollte noch kommen? Die Wechselfälle des Lebens sind zwar unberechenbar; wir haben dies an uns selbst mehr als zur Genüge erfahren; aber bei nur einiger Vorsicht ist es ja gar nicht denkbar, wie wir gezwungen sein sollten, unsere Rache aufzugeben.“
    „Wenn die Franzosen kommen sollten!“
    „Vor ihnen sind wir hier sicher. Übrigens, was hätte die Tochter eines Cortejo von den Franzosen zu hoffen? Und dabei bliebe uns auf alle Fälle die Zeit, das Todesurteil an ihr zu vollstrecken.“
    „Ich sehe, Sie wollen Zeit gewinnen“, meinte Helmers mürrisch. „Was werden Sie von ihr erfahren? Nichts, gar nichts! Sie wissen ja bereits alles.“
    „Sie irren. Noch ist uns einiges unbekannt und unerklärlich. Und es genügt keineswegs, daß Mariano hintritt und sagt, er sei der Sohn des Grafen Emanuel de Rodriganda. Es sind Dokumente und Zeugen nötig, dies zu beweisen. Diese Josefa ist jedenfalls in alles eingeweiht, und darum ist uns ihre Aussage von der allergrößten Wichtigkeit.“
    „Ah, sie soll Zeugnis ablegen?“
    „Ja.“
    „Das heißt, sie soll so lange leben, bis der Prozeß, welcher in dieser Angelegenheit in Aussicht steht, beendet ist?“
    „Diese Frage kann noch nicht beantwortet werden. Ein Geständnis vor Gericht aus ihrem Mund hätte einen ungeheuren Wert für uns. Doch meine ich, daß auch ein Geständnis an anderer Stelle genügt, wenn es von unparteiischen Zeugen beeidet wird.“
    „Nun, wir sind ja Zeugen.“
    „Aber mehr oder weniger beteiligt. Der beste Zeuge wird Juarez sein. Wir müssen auf alle Fälle warten, bis er hier angekommen ist.“
    „Ich wiederhole, daß es schade um die Zeit ist. Dieses Mädchen wird niemals ein Geständnis ablegen. Hier liegt Señor Arbellez, den ich meinen Vater nenne; wir wissen, was mit ihm geschehen ist. Ebenso wissen wir alle, daß wir unsere früheren Schicksale zum großen Teil dem Einfluß dieses Mädchens zu verdanken haben. Schreit das nicht nach Rache, und zwar nach augenblicklicher Rache? Wollen wir einen Akt Gerechtigkeit aufschieben, den zu vollziehen unsere Pflicht ist?“
    „Mein Bruder ‚Donnerpfeil‘ hat recht“, sagte ‚Büffelstirn‘.
    „Er hat recht“, stimmte ‚Bärenherz‘ bei.
    Helmers fuhr fort:
    „Hier gibt es noch andere Personen, deren Meinung zu befragen ist. Señor Arbellez hat jedenfalls auch eine Stimme dabei. Soll sie sogleich sterben?“
    Die letzten Worte waren direkt an den Kranken gerichtet. Die matten Augen leuchteten auf. Er dachte an die Behandlung, welche er erfahren und an die Schmerzen, welche er erlitten und auch noch zu erleiden hatte.
    „Ja, sogleich“, antwortete er, zwar leise, aber deutlich.
    „Und Señora Hermoyes?“ frage Helmers.
    „Ich bin ein Weib. Tut, was Ihr wollt“, lautete die Antwort.
    „Und Antonio? Er würde, wenn er hier wäre, jedenfalls auch für augenblickliche Exekution stimmen.“
    „Ich kenne Euch kaum mehr“, sagte Sternau. „Euer Verlangen ist Euren Gefühlen angemessen; es mag vielleicht auch gerecht sein; aber die Rachsucht sollte sich doch von der Klugheit leiten lassen. Ich bestehe allen Ernstes darauf, daß

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