47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
Bruder“, antwortete ‚Büffelstirn‘. „Aber noch viel eher war Arbellez mein Freund. Er ist bis auf die Knochen zerfleischt worden, und ich habe dies zu rächen. Reitet ‚Donnerpfeil‘ mit?“
„Ja“, antwortete dieser. „Ich hoffe ja nicht, daß ‚Bärenherz‘ Sternau sagen wird, was wir vorhaben.“
„‚Bärenherz‘ ist kein Verräter“, sagte der Apache einfach. Dann wandte er sich um und stieg die Treppe hinab.
Er war ein goldreiner Charakter. Seiner indianischen Anschauungsweise nach hatte er allerdings für augenblickliche Rache gestimmt; nachdem er sich aber der Ansicht Sternaus angeschlossen hatte, widerstrebte es ihm, sich an etwas zu beteiligen, welches diesem verschwiegen bleiben mußte.
Die beiden anderen blieben zurück.
„Wann reiten wir?“ fragte Helmers.
„Bei Tagesgrauen“, antwortete ‚Büffelstirn‘.
„Allein?“
„Nein. Ich nehme mehrere meiner Männer mit. Es sind einige der Feinde entkommen, und darum müssen wir vorsichtig sein.“
Das war also abgemacht, ohne daß Sternau eine Ahnung von dem hatte, was hinter seinem Rücken besprochen worden war. Er war jetzt mit den verwundeten Mixtekas vollauf beschäftigt. Gefallen waren ihrer nur wenige, desto mehr aber verwundet. Die Stube, welche die Mexikaner als Wachstube benutzt hatten, wurde zum Verbandzimmer und Lazarett eingerichtet. Die Nacht war fast vergangen, als der letzte der Verwundeten seinen Verband angelegt erhalten hatte.
Fünf zuverlässige Männer, welche zugleich gute Reiter waren, hatten gleich nach errungenem Sieg den Auftrag erhalten, sich auf den Weg nach Cohahuila zu machen, um Juarez von dem Geschehenen zu benachrichtigen. Sie waren auch sofort aufgebrochen und hatten einen Weg gewählt, welcher sie nicht in die Gefahr brachte, Franzosen zu begegnen.
Es fragte sich jetzt, was mit den Leichen der Gefallenen anzufangen sei. ‚Büffelstirn‘ war sofort mit einer Antwort bei der Hand.
„Die Krokodile der Mixtekas haben lange kein Fleisch gefressen“, sagte er. „Man lade die Toten auf Pferde und bringe sie nach dem Berg El Reparo.“
Sternau schüttelte den Kopf.
„Das wäre grausig und zugleich zu anstrengend“, sagte er.
„Wie sonst will mein Bruder diese Leichen entfernen?“
„Wir begraben sie.“
„Man müßte eine sehr große Grube haben, und es wäre ebenso anstrengend, sie zu bereiten.“
„Wir brauchen keine Grube zu graben. Ich kenne von früher her die Vertiefung eines Steinbruches hier in der Nähe. Wir werfen die Leichen hinein und werfen Steine und Erde darauf.“
„Ich kenne den Steinbruch. Er eignet sich sehr gut zum Grab so vieler Leute. Aber warum sollen wir uns die Arbeit machen, die Leichen zu bedecken? Die Aasgeier werden kommen, um das Fleisch der Gefallenen in ihren Magen zu begraben.“
„Das widerstrebt mir. Ich selbst werde das Begräbnis beaufsichtigen. Will mir mein Bruder ‚Büffelstirn‘ so viele von seinen Männern geben, als ich brauche?“
„Ja, mein Bruder mag sie sich selbst auswählen.“
Der Häuptling der Mixtekas gab diese Antwort sehr gern. Um zu dem Steinbruch zu kommen, mußte Sternau ja die Hacienda verlassen, und so konnte er also nicht bemerken, was mit Josefa vorgenommen wurde.
Der Morgen begann sich eben zu lichten, als eine beträchtliche Schar der Mixtekas unter Sternaus Anführung die Hacienda verließ. Sie hatten die Toten auf ledige Pferde geladen und führten alles Werkzeug bei sich, welches zum Graben geeignet, auf der Hacienda vorhanden gewesen war.
Jetzt suchte ‚Büffelstirn‘ Helmers auf, welcher sich auch leicht finden ließ.
„Es ist Zeit, aufzubrechen“, sagte er.
„Ich bin bereit“, antwortete Helmers. „Aber deine Leute werden sehen, daß wir Josefa Cortejo mitnehmen!“
„Sie werden nicht davon sprechen. Komm!“
Sie stiegen zum Keller hinab. Dort standen zwei Mann Wache. Helmers trug den Schlüssel bei sich und öffnete die Tür. Josefa lag auf der Erde und machte keine Anstalten, sich zu erheben.
„Die Tochter Cortejos mag aufstehen und mit uns kommen“, sagte der Häuptling der Mixtekas, indem er sie mit dem Fuß anstieß.
„Was wollt ihr mit mir tun?“ fragte sie.
„Das wirst du sehen.“
Und als sie auch jetzt noch nicht aufstand, faßte er sie beim Arm und riß sie mit starker Hand empor und aus dem Loch heraus. Diese Behandlung verursachte ihr einen solchen Schmerz, daß sie laut aufschrie.
„Wenn ‚Büffelstirn‘ befiehlt, so hast du zu gehorchen! Merke dir das!“ sagte
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