48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
beschloß gestern, dich zu besuchen.“
„Ich war leider nicht anwesend.“
„Allerdings. Ich erfuhr, daß du zu Eskobedo seist, aber am Abend zurückkehren werdest. Ich wartete den Abend, ich wartete die ganze Nacht – vergebens. Da brach ich auf. Um mir die Schanzarbeiten zu besehen, schlug ich die gegenwärtige Richtung ein und – treffe dich.“
„Was mir die größte Freude bereitet.“
„Mir ebenso. Aber sage, wo du gesteckt hast?“
„Ich hatte ein Abenteuer und zwar ein sehr glückliches. Lassen Sie uns absteigen und einige Augenblicke da eintreten. Es wird sich in Hernanos Hauptquartier schon ein Ort zum Plaudern finden und auch ein Tropfen, um das Plaudern zu erleichtern.“
„Wollen es versuchen.“
Sie fanden, was sie suchten, und als sie beisammensaßen, begann Kurt zu erzählen. Sternau hörte sehr aufmerksam zu, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen. Als Kurt geendet hatte, nickte er leise vor sich hin und sagte:
„Eigentümlich. Bist du über die gegenwärtigen Verhältnisse des Klosters de la Cruz in Querétaro unterrichtet?“
„Nein.“
„Nun, im Hauptquartier hat man sich besser orientiert. Die früheren Insassen haben das Kloster räumen müssen.“
„Das ist auffällig.“
„Auch hat es, so weit ich weiß, dort jetzt keinen Mönch gegeben, welcher ein solcher Arzt genannt werden könnte. Willst du mir diesen Pater nicht einmal beschreiben?“
„Gewiß.“
Er folgte der Aufforderung. Sternaus Gesicht nahm eine immer größere Spannung an, und als Kurt geendet hatte, sprang er sogar auf.
„Wie?“ fragte er. „Du hast diesen Pater gefangengenommen?“
„Ja.“
„Und er befindet sich hier im Gefängnis?“
„Natürlich“, antwortete Kurt, ganz befremdet von der Aufregung, welche sich Sternaus bemächtigt hatte.
„Hast du Zutritt zu ihm, ohne große Weitläufigkeiten bestehen zu müssen?“
„Ich kann zu ihm, so bald und so oft es mir beliebt.“
„Gehen wir zu ihm.“
„Sofort.“
„Aber ich trete zunächst nicht mit ein.“
„Warum?“
„Weil ich ihn überraschen möchte. Du sprichst zuerst allein mit ihm.“
„Gut. Brechen wir sofort auf. Wehe ihm, wenn er es ist! Ich eile sofort zum General, um ihm Mitteilung zu machen.“
Sie ließen den Wein auf dem Tisch und ihre Pferde vor dem Haus stehen und begaben sich nach dem Gefängnis.
Als solches diente das Erdgeschoß eines einzeln stehenden Hauses, welches aus früherer Zeit stammte und äußerst solid gebaut war. Die Mauern waren mehr als mannsdick, und alle Fenster zeigten ein Gitterwerk von Eisen. Hierher ließ Hernano alle bringen, welche eines größeren Deliktes schuldig waren, was ja im Krieg öfters als in Friedenszeiten vorkommt.
Der Soldat, welchem die Schlüssel anvertraut waren, erkannte Kurt sogleich wieder und öffnete ihm ohne Weigerung die Tür, hinter welcher der Pater steckte. Sie wurde nicht verschlossen und blieb angelehnt. Draußen aber stand Sternau, um dem innen geführten Gespräch zu lauschen.
Der Pater wunderte sich, als er den Leutnant eintreten sah.
„Sie wieder hier?“ fragte er.
Er war jetzt nicht gefesselt und saß auf der nackten Diele, von welcher er sich erhob.
„Wie Sie sehen“, antwortete Kurt.
Es war jetzt ein ganz anderer Blick als früher, welchen er auf den Gefangenen warf. Diesem fiel das auf.
„Was führt Sie her?“ fragte er.
„Eine Erkundigung. Ich habe Ihnen gesagt, daß der hohe Preis, welchen Sie mir für Ihre Befreiung boten, meinen Verdacht erregt habe, und daß ich Erkundigungen einziehen wolle. Wird es nun nicht besser sein, wenn Sie mich dieser Mühe entheben, indem Sie offen sind und mir sagen, was der Grund Ihrer Furcht sei, erkannt zu werden?“
„Erkannt werden? Von wem? Ich habe keine Begegnung zu befürchten. Wer den Pater Lorenzo erkennt, der kann und wird mir von Nutzen sein.“
„Und sodann verlangten Sie so sehnlich nach Ihrer Freiheit, nicht weil Kranke auf Sie warten, sondern weil Gefangene von Ihnen zu versorgen sind. So zunächst ein gewisser Gasparino Cortejo und ein anderer, welcher Henrico Landola heißt.“
Es war dem Pater, als ob er mit einer Keule auf den Kopf getroffen sei. Dennoch gelang es ihm, sich schnell zu fassen, denn die beiden Genannten waren doch nicht Freunde, sondern Feinde von Kurt Helmers.
„Ich kenne diese Namen nicht“, antwortete er mit gut gespieltem Gleichmut.
„Andere werden Sie besser kennen. Ich nenne da Pablo Cortejo und dessen Tochter Josefa.“
„Diese beiden sind
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