48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
kommt?“
„Er wird keinen verständigen Laut mehr zu stammeln vermögen; aber sein Neffe wird gezwungen sein, zu reden. Dieser Pater wird langsam zur Hölle fahren. Die Zunge wird wie Blei so schwer in seinem Mund liegen. Seine Eingeweide werden nach und nach den Dienst versagen, und er wird, zur Strafe für das, was wir bei ihm gelitten haben, seine letzten Atemzüge zählen können und seinen letzten Pulsschlag fühlen. Komm. Laß uns gehen!“
Sie verließen das Gefängnis und schlossen den Pater ein, über dessen einstweilige Behandlung Sternau dem Schließer Verhaltungsmaßregeln gab. Der Doktor begab sich sodann zu General Hernano, um diesem das Nötige mitzuteilen, während Kurt sich auf den Ritt machte, da er seit gestern nicht auf seinem Posten gewesen war, wo seine Gegenwart leicht notwendig sein konnte. Unterwegs sah er zu seiner Überraschung eine verschleierte Dame vor sich reiten. Sie saß auf einem Maultier, hatte einen Diener hinter sich und wurde von einer Kavalleriebedeckung geleitet. Da er schneller ritt als diese kleine Kavalkade, so kam er schnell an sie heran. Als höflicher Mann griff er im Vorüberreiten grüßend an den Hut und war nicht wenig überrascht, als er hinter dem Schleier hervor in deutscher Sprache die Worte hörte:
„Ist es möglich? Sehe ich recht? Sie hier, Herr Leutnant!“
Die Sprecherin hielt ihr Maultier an und er infolgedessen sein Pferd natürlich auch. Da er in deutscher Sprache angeredet worden war, so antwortete er in derselben auch:
„Höre ich recht? Eine deutsche Dame?“
„Ja. Sie sind der Leutnant Kurt Helmers?“
„Allerdings? Wie komme ich zu der Ehre, von Ihnen gekannt zu sein?“
„Wir sahen uns in Wien und auch in Darmstadt, am Hofe des Großherzogs. Ich denke, Sie werden mich noch kennen.“
Dabei schob sie den dichten Schleier zurück, und Kurt erblickte ein Gesicht, welches ihm allerdings sehr bekannt war.
„Wie, gnädige Frau, Sie hier? Sie wagen sich aus der Stadt heraus?“ rief er.
„Sie wußten, daß ich in Querétaro bin?“
„Ich wußte, daß Sie treu zu Ihrem Herrn Gemahl halten, wie dieser treu zu dem Kaiser hält. Ich habe Ihr Schicksal mit dem allerregsten Interesse verfolgt.“
„Ich danke Ihnen. Hier meine Hand zum Gruß, lieber Leutnant. Aber was tun Sie hier in Mexiko?“
Er nahm ihre Hand und drückte dieselbe an seine Lippen. Die Eskorte hatte sich ehrfurchtsvoll zurückgezogen, sodaß sie nicht verstanden werden konnten, selbst wenn sie sich der spanischen, anstatt der deutschen Sprache bedient hätten.
Diese Dame war die Prinzessin Salm, die Gemahlin jenes braven Prinzen Salm, welcher als treuer Adjutant des Kaisers die letzte, unglücklichste Phase des mexikanischen Kaiserreiches mit durchlebte und durchlitt. Beide, er und seine Frau, hingen mit größter Hingebung an Max, aber alle ihre Bemühungen, eine Änderung seines Schicksals herbeizuführen, erwiesen sich leider als vergeblich.
„Sprachen wir nicht in Darmstadt einmal von den eigentümlichen Verhältnissen der Familie Rodriganda, gnädige Frau?“ fragte Kurt.
„Gewiß. Ich entsinne mich dessen ganz genau.“
„Nun, das ist die Angelegenheit, welche mich über die See führte.“
„So wünsche ich Ihnen die besten Erfolge.“
„Ergebenen Dank. Die Erfolge haben auf sich warten lassen, stellen sich jedoch endlich ein.“
„Das freut mich. Aber was tun Sie hier im feindlichen Lager? Man scheint Sie zu kennen und zu respektieren.“
„Was ich tue?“ lächelte Kurt. „Nun, ich belagere Querétaro!“
„Sie auch?“ antwortete die Prinzessin in scherzendem Ton, da sie annahm, daß auch Kurt nur scherze.
„Ja, auch ich. Ich bin bei den Belagerungsarbeiten beschäftigt.“
„Im Ernst?“
„Im Ernst“, nickte Kurt.
Da nahm das Gesicht der Dame einen fast bestürzten Ausdruck an. Sie sagte:
„Das kann ich doch nicht für möglich halten!“
„Halten Sie es sogar für wirklich. Ich habe mich Juarez und Eskobedo zur Verfügung gestellt.“
„Sie als Deutscher? Abtrünniger! Verräter!“
Diese letzten Worte waren zwar nicht ganz schlimm gemeint, wurden aber doch in einem sehr ernsten Ton ausgesprochen.
„Ich bin überzeugt, daß Sie mich pardonieren werden, meine Gnädige“, meinte Kurt. „Darf ich Ihnen ein Geheimnis anvertrauen?“
„Ich werde es nicht verraten.“
„O, Sie dürfen und sollen es verraten, aber nur an zwei Personen, sonst an keinen Menschen.“
„Wer sind diese beiden Personen?“
„Der Kaiser und Ihr
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