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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu zerteilen pflegt, in nicht einem so günstigen Licht wie am Ende der Nacht.
    Er wurde nach Querétaro transportiert. Wie nun, wenn man ihn dort erkannte? Wenn man hörte, daß er nicht Pater Lorenzo aus dem Kloster de la Cruz sei? In diesem Fall war er verloren. Flucht war das einzige Rettungsmittel für ihn.
    Er sah sich nach einer Gelegenheit zu derselben um, vergebens. Aber als man die erwähnte Schlucht erreichte, welche man umreiten und umschreiten mußte, war eine Möglichkeit des Entkommens geboten.
    Der Weg war hier sehr schmal. Fußgänger und Reiter waren gezwungen, sich einzeln zu folgen. Der Pater ließ seine Augen umherschweifen. Niemand schien auf ihn zu achten. Gelang es ihm, die Büsche zu erreichen, so war er unter denselben versteckt, und keine Kugel konnte ihn erreichen.
    Gerade an der Mündung der Schlucht warf er den letzten Blick um sich. Dann – husch – sprang er zur Linken ab.
    „Haltet auf!“ schrie sein Hintermann. Jetzt erst sah man den Fliehenden in weiten Sprüngen den Büschen entgegeneilen. Zehn, zwanzig Gewehre wurden erhoben. Die Schüsse krachten. Zu spät. Die Zweige hatten sich bereits hinter dem Flüchtling geschlossen.
    Dieser drang in das Dickicht ein. Er hatte die Schüsse gehört. Er war von keiner Kugel getroffen worden. Die Freude seines Herzens war so groß, daß er einen lauten Jubelruf ausstieß.
    Dieser Ruf war verfrüht. Ein einziger hatte, mehr aus Instinkt als aus Berechnung, ihn vorzugsweise im Auge behalten – Kurt Helmers. Er ritt seitwärts hinter ihm, und als das fragliche Terrain kam, drängte er sein Pferd noch näher, ohne daß der Pater es merkte.
    Sobald nun der letztere mit möglichster Schnelligkeit in die Schlucht eindrang und die Deckung der Büsche zu erreichen suchte, riß Kurt sein Pferd nach links, gab ihm die Sporen und galoppierte eine Strecke oben am Rand der Schlucht dahin, bis er annehmen konnte, daß er den unten durch das Gesträuch sich drängenden Pater überholt habe.
    Dort stieg er ab, band sein Pferd an und arbeitete sich durch die Büsche bis an den Rand der Schlucht, an welchem er vorsichtig hinabrutschte. Dort kauerte er sich nieder und lauschte.
    Er brauchte nicht lange zu warten, so hörte er nahende Schritte, immer lauter werdendes Rascheln und ein tiefes, arbeitendes Atmen.
    „Da kommt mein Mann“, flüsterte er. „Wie wird er gucken, wenn er mich bemerkt.“
    Einige Sekunden später teilte sich das Buschwerk, und der Pater erschien, eiligst bemüht, weiterzukommen. Nur noch wenige Schritte war es bis zum Beginn des eigentlichen Waldes. Hätte er diesen erreicht, so wäre er geborgen gewesen. Kurt richtete sich gerade vor ihm auf.
    „Guten Morgen, frommer Pater!“ grüßte er lachend. „Wohin so früh und so eilig?“
    Der Pater blieb einen Augenblick wie starr und mit weit aufgerissenen Augen stehen. Den Leutnant hier vor sich, wo er alle hinter sich wähnte, das dünkte ihm, Zauberei zu sein.
    „Verdammt!“
    Diesen Ausruf stieß er endlich hervor, und zugleich schoß er seitwärts, um die Lehne der Schlucht emporzuklimmen.
    „Halt!“ rief Kurt. „Stehe, oder ich schieße!“
    Zugleich zog er den Revolver hervor.
    „Schieß, du Hund!“ rief der Pater.
    Zugleich keuchte er mit aller Anstrengung nach oben, in der Hoffnung, daß ihn die vielleicht unsichere Revolverkugel nicht treffen werde. In einer Minute mußte er den Rand erreichen.
    Kurt besann sich anders. Vielleicht war es besser, diesen Menschen lebendig zu fangen.
    „Schießen? Nein!“ antwortete er. „Aber mein wirst du doch!“
    Im Nu hatte er den Lasso los; im Nu war derselbe in Schlingen gelegt. Er hob den Arm empor. Ein kurzes Drehen – ein pfeifendes Sausen, und die Schlinge zuckte nieder.
    „Alle Teufel!“ rief der Pater.
    Er hatte gerade in diesem Augenblick den Rand der Schlucht erreicht und sich als gerettet betrachtet. Da wurden ihm die Arme plötzlich mit aller Gewalt zusammengezogen, und ein kräftiger Ruck riß ihn kopfüber von oben in die Schlucht wieder hinab. Es war ihm zumute, als sei er vom Himmel in die Hölle hinabgestürzt. Er schloß die Augen.
    Als er dieselben wieder öffnete, lag er oben neben Kurts Pferd, an Händen und Füßen gebunden. Das volle, von der Sonne gebräunte Gesicht des Leutnants lachte ihm entgegen.
    „Nun, Pater Lorenzo, wie ist der Rutsch bekommen?“ fragte Helmers.
    „Hole Sie der Teufel!“ lautete die grimmige Antwort.
    „Ich denke, der hat mehr Neigung für Sie als für mich.“
    „Warum

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