48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
zu retten. Juarez weiß nun ganz genau, daß Mexiko mich nichts angeht, daß es mir sehr gleichgültig ist, ob dieses Land von einem Monarchen oder einem Präsidenten regiert wird. Er weiß genau, daß ich nicht aus Begeisterung für die Republik hier vor Querétaro liege und daran arbeite, eine Bresche in die Mauern zu legen.“
„Sie meinen also, er kenne Ihre Absicht?“
„Ja.“
„Und billige dieselbe?“
„Natürlich. Anderenfalls würde er mich nicht dulden, mir nicht sogar allen Vorschub leisten.“
„Das tut er?“
„Ja, ich kann es zu meiner Freude sagen.“
„Haben Sie sich vielleicht ihm gegenüber aussprechen können?“
„Was man aussprechen nennt, nein; aber es sind gewisse Worte und Winke gefallen, welche mir zur Richtschnur dienen.“
„Sie halten also den Kaiser nicht für rettungslos verloren?“
„Nein, obgleich seine Rettung schwierig ist.“
„Worin liegt denn eigentlich diese Schwierigkeit?“
„Darin, daß er nur dann zu retten ist, wenn er gerettet werden will. Bisher aber hat er es nicht gewollt.“
„Man muß ihn umzustimmen suchen.“
„Ja, aber man muß vor allen Dingen den Einfluß der Personen brechen, welche es nicht ehrlich mit ihm meinen, und dazu ist leider die Zeit fast zu kurz. Es kann dies nur mit Gewalt geschehen, und die Mittel dazu habe ich Ihnen heute ja hinreichend in die Hand gegeben.“
„Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar dafür und werde Sorge tragen, sie sofort und mit Nachdruck in Anwendung zu bringen. Also ich darf Ihrer bei ihm erwähnen?“
„Ja. Versichern Sie ihn meiner Ergebenheit, und bitten Sie ihn inständigst, daß er auf mich hören möge, wenn er mich wiedersieht!“
„Sie werden ihn sehen?“
„Ich hoffe und wünsche es mit Sehnsucht.“
„Wann?“
„Bei – der Erstürmung von Querétaro.“
„Schrecklich! Wird die Stadt fallen?“
„In einigen Tagen. Begegne ich dem Kaiser, so würde ich glücklich sein, ihn in Zivilkleidung und waffenlos zu sehen. Folgt er dann genau dem Wink, welchen ich ihm gebe, so hoffe ich, daß er gerettet wird.“
„Diese Worte wiegen schwerer als Gold. Möge Gott Sie und Ihre Pläne segnen.“
„Das ist auch mein Gebet. Nun aber lassen Sie uns scheiden.“
„Belieben Sie nicht, mich zu begleiten?“
„Nein. Ich muß bitten, mich zu entschuldigen. Man weiß, welche Absicht Sie aus der Stadt geführt hat. Sieht man mich bei Ihnen, so könnte man mich mit dieser Absicht in Verbindung bringen, und das wünsche ich nicht. Hier war zufälligerweise ein einsamer Ort. Wir haben uns unterhalten, ohne von vielen beobachtet zu werden, was aber anders würde, wenn ich Sie begleiten wollte. Ich werde sogar einen kleinen Umweg einschlagen.“
Sie nahmen mit herzlichem Händedruck Abschied voneinander, und die Prinzessin nahm Hoffnungen mit in die Stadt, welche sie kurz vorher vollständig aufgegeben hatte.
Von da an vergingen einige Tage. Der Morgen des vierzehnten Mai brach an. Da wurde Kurt zu General Velez beordert, mit welchem er eine lange Unterredung hatte. Nach Beendigung derselben kehrte er mit einem ungewöhnlich ernsten Gesicht in sein Zelt zurück.
Der ‚Kleine André‘ war bei ihm. Dieser hielt sich vorzugsweise im Hauptquartier auf, weil er da Señorita Emilia treffen und sprechen konnte.
„Was ist das für ein Gesicht, was Sie da machen, Herr Leutnant?“ fragte er.
Kurt antwortete nicht, sondern schritt eine Weile grübelnd in dem engen Raum auf und ab. Dann blieb er vor dem Jäger stehen und fragte:
„Wo ist Sternau heute?“
„Im Lager Eskobedos.“
„Wissen Sie das genau?“
„Ja, sehr genau.“
„Satteln Sie! Wir müssen hin!“
„Warum?“
„Fragen Sie nicht.“
In der Zeit von zehn Minuten saßen sie auf und sprengten im Galopp dem Quartier des Obergenerals zu. André hatte die Wahrheit gesagt; Sternau ließ sich nicht nur im Lager überhaupt, sondern sogar in seiner Wohnung treffen. Er war einigermaßen erstaunt, als er die beiden ganz erhitzt von dem schnellen Ritt bei sich eintreten sah. Er begrüßte sie und fragte dann:
„So angegriffen? Es muß etwas nicht Unwichtiges sein, dem Ihr heute nachgeritten seid.“
„Allerdings“, antwortete Kurt. „Sind wir hier ungehört?“
„Vollständig. Warum diese Frage?“
„Weil ich Ihnen höchst wichtiges mitzuteilen habe.“
„Gut. Setzen wir uns.“
Er verriegelte die Tür, schob den beiden ein Kistchen Caballeros zu, steckte sich selbst eine an und erwartete dann in seiner ruhigen,
Weitere Kostenlose Bücher