48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Verrat und Untreue auf Erden oft den Sieg davonträgt über Treue und Zuverlässigkeit.
Als man die Pforte erreichte, war dieselbe nur angelehnt. Velez öffnete ein wenig und schob langsam und vorsichtig den Kopf in die Wölbung.
„Señor!“ rief er mit gedämpfter Stimme.
„General!“ antwortete es ebenso.
„Seid Ihr der Rechte?“
„Ja.“
„Wie steht es drin?“
„Gut. Es schläft alles, ohne zu ahnen, wie man erwachen werde.“
„Wo befindet sich der Kaiser?“
„Er liegt in seinem Schlafzimmer.“
„Wissen Sie das genau?“
„Ich habe Achtung gegeben. Übrigens ist es sehr gut, daß wir die gegenwärtige Zeit bestimmt haben. Kurz vor Anbruch des Tages sollte ein allgemeiner Ausfall stattfinden.“
„Das hätte uns höchst fatal werden können. Also Sie führen uns?“
„Ja.“
„Hundert Mann für das Innere des Klosters.“
„Wie die anderen?“
„Ich werde sie oben verteilen.“
„Dann vorwärts!“
Die Klingen wurden entblößt und die Pistolen in die linke Faust genommen; dann schlich sich die Schar, Lopez mit dem General voran, vorwärts.
Die Verteilung begann, und es glückte Kurt, an die Spitze derjenigen Schar zu kommen, welche den Garten zu besetzen hatte, während Lopez den General in das Innere führte. Andere Abteilungen erhielten wieder andere Bestimmungen.
Kurt hatte nur fünfzehn Mann bei sich. Dies war ihm außerordentlich lieb. Als er den Garten erreichte, teilte er sie und befahl ihnen, den Umfang desselben zu umschleichen, damit von keiner Seite ein Entrinnen möglich sei. Als sie dieser Weisung gefolgt waren, schritt er auf das Zelt zu, welches er im Sternenschimmer liegen sah.
Bereits erscholl lautes Waffengeklirr aus dem Innern des Klosters. Max wurde dadurch geweckt und trat aus dem Zelt. Er sah eine Gestalt, welche schnell auf ihn zukam.
„Was –“
„Pst! Um Gottes willen still!“ unterbrach ihn der Nahende. „Majestät?“
Er hatte mit gedämpfter Stimme gesprochen.
„Ja“, antwortete der Kaiser ebenso. „Was wollen Sie?“
„Sie retten. Folgen Sie mir!“
„Retten? Wer sind Sie? Was ist geschehen?“
„Ich bin Leutnant Helmers und –“
„Sie? Sie sind es? Wie kommen Sie in das Innere der Stadt?“
„Velez ist mit den Seinigen durch Verrat eingedrungen. Ich flehe Sie an, mir schleunigst zu folgen.“
„Mein Gott! Wohin?“
„Durch die Ausfallpforte ins Freie. Der Weg steht noch offen. In einer Minute kann das vorüber sein.“
„Und was dann da draußen?“
„Es sind Relais gelegt. Sobald Sie die Pforte hinter sich haben, sind Sie in Sicherheit.“
Max antwortete nicht. Das Gehörte schien ihn zu überwältigen. Da faßte Kurt ihn bei der Hand und bat dringend:
„Ich bitte Sie um des Himmels willen, keinen Augenblick zu verlieren, sonst ist es zu spät!“
Jetzt hatte der Kaiser sich gefaßt. Er antwortete:
„Ich danke Ihnen. Ist eine Rettung möglich, so will ich mich nicht sträuben, aber ich gehe nicht ohne diesen und den treuen Mejia.“
Dabei deutete er nach dem Zelt, aus welchem der Adjutant trat.
„Wer ist dieser?“ fragte Kurt, dessen Atem flog.
„Mein Adjutant Prinz Salm.“
„Nun wohlan! Und wo ist Mejia?“
„Auf dem Cerro de las Campanas.“
„So ist er nicht zu retten.“
„So bleibe auch ich.“
Das Waffengeklirr hatte überhand genommen. Kurt hörte wie einige Leute nach der Ausfallpforte eilten, um Verstärkung herbeizurufen.
„Um Gottes willen, kommen Sie ohne Verzug!“ drang Kurt in den Kaiser. „In wenigen Augenblicken ist man im Garten, und die Republikaner dringen in Masse in die Stadt.“
„Nicht ohne Mejia!“ lautete die unerschütterliche Antwort.
„Ich bitte Sie um Ihrer Anhänger, um alles, was Ihnen lieb ist, um des Vaterlandes, um Österreichs willen, mir zu folgen, Majestät! Ich werde – ah! Da haben wir es! Zu spät, zu spät! Kommen Sie, kommen Sie!“
Er faßte den Kaiser beim Arm und riß ihn mit sich fort in einen Laubengang hinein; der Adjutant folgte eilig. General Velez war mit einer Schar in den Garten gedrungen und rief wütend:
„Er ist nicht drin, er ist nicht im Kloster. Sucht hier, hier, hier!“
Zugleich hörte man draußen im Feld den Laufschritt heraneilender Militärmassen. Velez war in den Garten eingedrungen, der Eingang stand auf einige Augenblicke frei. Dahin riß jetzt Kurt den Kaiser.
„Gott, zur Flucht ist's nun zu spät!“ stöhnte er. „Schnell, schnell, hier hinaus und nach dem Cerro de las Campanas, Majestät!“
Er
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