48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
oben!“
„Ich hole sie.“
Der schnelle Landola hatte bereits den Fuß auf die Leiter gesetzt, als Cortejo ihn von hinten faßte.
„Nun, was soll es?“ fragte er.
„Ich selbst werde sie holen.“
„Warum?“
„Lachen Sie, Landola. Aber es ist bei Gott doch nicht so leicht, wie ich dachte!“
„Aha!“ lachte der Pirat.
„Ich mag mit dem Kerl nicht allein hier bleiben!“
„So steigen Sie hinauf. Ich werde ihm einstweilen den Rock ausziehen.“
Er trat mit einem geringschätzigen Blick auf Cortejo, aus dem dieser sich aber nicht viel machte, zurück und hantierte an dem Toten herum, als ob dies etwas ganz Gewöhnliches sei.
Nach einigen Augenblicken kam Cortejo mit den Kleidern und fragte:
„Geht es? Wohl schwer?“
„Hm, die Fetzen fallen ganz von selbst herab. Das Ankleiden wird schwerer gehen.“
„Ich werde helfen!“
„Ohne Furcht?“
„Wir sind ja zu zweien.“
Da stieß Landola ein kurzes Lachen aus und sagte:
„Señor Cortejo, ein richtiger Schurke seid Ihr doch noch nicht. Ihr bringt es noch fertig, Euch vor einem Toten zu fürchten. Da hat der Teufel wenigstens ein Mittel, mit dem er Euch an den Kragen kann, wenn sich in der Hölle nichts anderes finden sollte, Euch zahm zu machen.“
„Halten Sie den Mund!“
„Ah! Sie zittern wohl? Pah, Sie sind doch ein Feigling, da bin ich ein anderer Kerl! Sehen Sie? Welch' eine gewandte Kammerzofe dieser alte Bankier hat. Hier, helfen Sie!“
Es dauerte doch eine geraume Zeit, ehe sie mit dem Umkleiden fertig waren. Dann aber bemerkte Landola:
„Ich bemerke, daß diese Kleidung zu fest ist. Man wird nicht glauben, daß sie so lange im Sarg gelegen hat.“
„Keine Sorge“, antwortete Landola, indem er eine Flasche hervorzog. „Hier habe ich das Mittel.“
„So wenden Sie es an.“
„Hier gleich?“
„Natürlich.“
„Das wäre ja der größte Fehler!“
„Warum?“
„Wir würden die Fetzen unterwegs verlieren.“
„Ah so! Also erst in der Gruft der Rodriganda. Brauchen wir dort die Leiter?“
„Nein. Es führt eine Treppe hinab.“
„So wollen wir machen, daß wir hier zu Ende kommen. Unser Präriejäger wird Langeweile haben.“
„Er wird sich nicht erklären können, warum wir so lange außen bleiben.“
„Er mag denken, daß wir nach dem Nagel suchen müssen.“
„Darf er wissen, daß wir die Leiche fortschaffen?“
„Auf keinen Fall.“
„So dürfen wir oben kein Licht bemerken lassen und müssen so leise wie möglich tun. Wieder zu mit dem Sarg.“
Landola hielt den Toten, dessen Körper ganz steif war. Es war eine Art von Versteinerung eingetreten an Stelle der Verwesung. Cortejo schloß den Sarg zu und sagte dann:
„Können Sie mir ihn hinaufgeben?“
„So wollen Sie voran steigen?“ lachte der andere.
„Ja.“
„So steigen Sie! Der Kerl ist so federleicht, daß ich ihn Ihnen ganz gut zulangen kann.“
In Zeit von zwei Minuten lag der Tote oben auf der Erde und die beiden bemühten sich, die Bretter wieder über das Loch zu legen, nachdem die Leiter emporgezogen worden war, und die Tür zu verschließen.
„Ich werde die Leiter fortschaffen“, meinte Landola. Cortejo antwortete nicht, sondern beschäftigte sich mit dem Schloß.
„Nun?“ fragte Landola.
„Ich will die Leiter fortschaffen.“
„Meinetwegen.“
„Ah! Ich denke, Sie fürchten sich, mit dem Toten allein zu bleiben?“
„Da unten, aber hier oben nicht.“
„So. Da kann ich gehen.“
Aber kaum hatte er sich einige Schritte leise entfernt, so huschte auch Cortejo fort. Er fühlte doch ein Etwas, was ihn nicht in der Nähe des Toten litt. Er glitt vielmehr zu Grandeprise hin. Dieser hörte ihn kommen und erhob sich aus dem Gras.
„Fertig?“ fragte er leise.
„Nein.“
„Donnerwetter! Das dauert ja eine Ewigkeit!“
„Hat aber auch Erfolg.“
„Ah! Haben Sie den Nagel gefunden?“
„Soeben. Ich bin sofort gegangen, um es Ihnen zu melden.“
„Freut mich. Nun sind Sie also bald zu Ende?“
„Wir haben das Skelett wieder zusammenzusetzen.“
„Das dauert wieder eine Ewigkeit.“
„Nicht so lange als vorher. Wir müssen sorgfältig sein, damit später die Ärzte nichts merken. Also noch Geduld.“
Er ging wieder.
Als er die Leiche erreichte, stand Landola bereits dort.
„Ausgerissen?“ flüsterte dieser mit leisem Lachen. „Wohin?“
„Ich ging nur zu unserem Wächter, um ihn zur Geduld zu mahnen.“
„Was haben Sie gemeldet?“
„Daß wir den Nagel gefunden haben, nun aber das
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