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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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rücksichtsloseren, schurkischeren Menschen geben als Euch? Und Ihr, Ihr wollt andere grausam und unmenschlich nennen?“
    Der Pater trat einen Schritt zurück und antwortete:
    „Was fällt Euch ein. Was wißt Ihr von mir?“
    „Wenn nicht alles, so doch vieles. Oder glaubt Ihr, daß wir das Tun und Treiben unserer Mitglieder nicht beobachten und kennen? Wollten wir das unterlassen, so könnten wir gar nicht bestehen. Oft kennen wir unsere Leute besser als sie sich selbst. Was also die Strafe betrifft, so wiederhole ich, daß es nur eine einzige gibt, und diese ist der Tod.“
    „So trete ich aus!“
    „Hahaha! Austreten! Der Teufel läßt keine Seele wieder aus den Krallen. Ein Austritt ist nicht gestattet, ist nicht möglich. Nur der Tod gibt Befreiung.“
    „Beim Himmel! Das hätte ich früher wissen sollen.“
    „Ah, manches Eurer Opfer hätte Euch früher kennen sollen! Also, ich wiederhole meine Frage, ob Ihr dem Befehl gehorchen wollt.“
    „Laßt mir wenigstens Bedenkzeit.“
    „Wozu Bedenkzeit, da alles bereits fest bestimmt ist? Ihr habt ebenso blind und unweigerlich zu gehorchen als jedes andere Mitglied. Euch besonders will ich noch die Mitteilung machen, daß die Todesstrafe zwar unsere einzige ist, daß wir aber doch auch noch gewisse Verschärfungen kennen. Euer Tod zum Beispiel würde ein sehr verschärfter und nicht etwa ein leichter sein.“
    „Glaubt Ihr etwa, daß ich zu Eurem Scherz mich ängstigen lasse?“
    „Ich scherze nicht. Ich spreche aus Kenntnis der Sache. Ihr seid nicht der erste, dem ich sein Todesurteil gebracht hätte. Das Eure würde darin bestehen, daß Ihr zerrissen oder gevierteilt würdet, und zwar bei lebendigem Leib.“
    Das war dem Pater so stark, daß er zu glauben anfing, es handle sich wirklich nur um einen grausamen Spaß.
    „Ihr würdet dann das Geschäft des Vierteilens wohl in eigener Person vornehmen?“ fragte er lachend.
    Der Dicke aber behielt sein strenges Gesicht bei und antwortete:
    „Das fiele mir nicht ein. Wir wissen es so einzurichten, daß wir unser Urteil niemals selbst zu vollstrecken brauchen. Ihr zum Exempel würdet in der Hauptstadt von dem offiziellen Henker hingerichtet. Dafür würden wir sorgen.“
    Es überlief den Pater ein kalter Schauder. Der Ton des anderen überzeugte ihn, daß es sich doch nicht um einen Scherz handle.
    „Auf welche Weise wolltet Ihr das besorgen?“ fragte er.
    „Hm! Das will ich Euch sagen, obgleich ich eigentlich zu einer solchen Aufrichtigkeit gar nicht verpflichtet bin. Aber, da fällt mir gleich eine Frage ein, welche ich nicht vergessen möchte. Gibt es wohl ein Gift, welches den Geist tötet?“
    Der Pater dachte wirklich, daß diese Frage nur eine ganz zufälligerweise in den Sinn gekommene sei. Als Fachmann hatte er ein sofortiges Interesse daran, und so antwortete er ahnungslos:
    „Ein jedes Gift wirkt eigentlich, indem es den Körper schädigt, auch indirekt auf den Geist.“
    „Das meine ich nicht. Ich frage nach einem Mittel, welches direkt den Geist tötet, ohne den Körper zu verletzen.“
    „Ha, da könnte man das Curare nennen. Rein angewendet, tötet es die Bewegungsnerven. Der Betreffende liegt regungslos da, scheinbar tot, weiß aber alles, was mit ihm getan wird. Er fühlt ein jedes Lüftchen und den geringsten Nadelstich. In einer Vermischung wirkt es augenblicklich tötend, und in einer anderen Vermischung wirkt es allerdings nur auf den Geist, den es wahnsinnig macht, ohne die geringste Wirkung auf den Körper.“
    „Kennt Ihr diese Mischung?“
    „Nein.“
    „Gibt es noch ein weiteres Gift, welches nur wahnsinnig macht, ohne von irgend einer weiteren Wirkung zu sein?“
    „Nein“, sagte der Pater zurückhaltend.
    „Und doch hat man mir da kürzlich den Namen eines solchen genannt.“
    „Wie hieß es?“
    „Ich glaube, Toloachi, oder, wie es ausgesprochen wird, Toloadschi.“
    „Toloadschi?“ sagte der Pater nachdenklich. „Hm!“
    „Kennt Ihr es?“
    „Nein, gar nicht.“
    „Das ist doch höchst wunderbar.“
    „Warum?“
    „Weil Toloadschi hier bei uns eine so häufige Pflanze ist.“
    „Möglich, aber ihre Wirkung kenne ich nicht.“
    „Sie soll große Ähnlichkeit mit der Wolfsmilch haben. Ein paar Tropfen ihres Milchsaftes, welcher vollständig geschmack- und auch geruchlos ist, erzeugt einen unheilbaren Wahnsinn, während der Körper dabei ein hohes Alter erreichen kann. Politische Gegner, Nebenbuhler, allerlei Feinde und Konkurrenten pflegen sich damit

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