48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
unter.“
Der Pater schüttelte den Kopf.
„Diese Politik wäre eine gute gewesen, wenn sie nur Aussicht auf Erfolg haben könnte“, sagte er.
Wieder spielte jenes höhnische, überlegene Lächeln um die Lippen des Kleinen. Er zuckte die Achsel und meinte leichthin:
„Wem nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen. Glücklicherweise aber haben wir an unserer Spitze einen Mann, dem es nie an Rat fehlt; also läßt sich wohl annehmen, daß uns doch auch zu helfen sei.“
„Hm. Ich kenne nur einen einzigen Rat, den es geben könnte.“
„Welchen?“
„Juarez müßte sterben. Dann wäre man ihn los.“
„Ihr haltet das wirklich für den einzig möglichen Rat?“
„Ja.“
„Ihr Kurzsichtigen könnt mich dauern! Habt ihr denn noch nie gehört, daß, selbst wenn ein Mensch stirbt, die Seele seines Wirkens doch immer weiter schafft. Wenn Juarez stirbt, so treten andere auf, die in seinem Geist fortarbeiten. Hilfe wird uns also nur dann zuteil, wenn man Juarez leben läßt, aber diesen seinen Geist tötet.“
Der Pater, sonst doch ein so scharfsinniger und rücksichtsloser Mann, machte ein sehr verblüfftes Gesicht, und meinte:
„Ihr sprecht mir zu hoch, Eure Worte sind mir lauter Rätsel, ich verstehe Euch nicht.“
„Nun, dann muß ich Euch abermals bedauern. Juarez selbst muß am Leben bleiben, er darf nicht angetastet werden, denn wir wollen ihn zu einem unserer Werkzeuge machen. Aber sein Geist, die Seele seines Wirkens, muß sterben, muß moralisch und politisch tot gemacht werden. Ist der Augenblick da, an welchem er sein Werk zu krönen vermeint, so muß diese Krone sich in eine Verbrechermütze verwandeln, um welche sich ein Scheiterhaufen erhebt, dessen Flammen aus allen Teilen der Erde emporlodern.“
„Ich merke, daß Ihr einen bestimmten Plan vor Augen habt, doch ist es mir nicht möglich, ihn zu erraten.“
„Nun, so will ich ihn Euch in kurzen, trockenen Worten sagen: Kaiser Max ist ein unglücklicher, guter Mensch, welcher zwar den Fehler begangen hat, Mexiko glücklich machen zu wollen, aber doch die Sympathie der ganzen Erde besitzt. Sein Schicksal ist die Abdankung. Das liegt aber nicht in unserem Sinn. Sein Schicksal muß ein viel, viel schlimmeres sein, und Juarez muß zum Urheber desselben gemacht werden. Mit einem Wort, Juarez muß der Mörder des Kaisers Maximilian von Mexiko werden.“
Der Pater fuhr von seinem Stuhl empor.
„Alle Teufel!“ rief er. „Dann wäre er allerdings verloren. Er würde von aller Welt gerichtet werden, er würde unmöglich sein, er wäre in jeder Beziehung tot und abgetan.“
„Jawohl. Und dann? Kein Napoleon, kein Bazaine, kein Österreicher, kein Juarez! Wir hätten gewonnenes Spiel!“
„Werden aber niemals soweit kommen.“
„Warum?“
„Es wird kein Mensch Juarez dazu bringen, der Mörder des Kaisers zu sein.“
„O, ich kenne doch einen, der dies fertigbringen soll und wird!“
„Wer wäre das?“
„Ihr! Pater Hilario aus Santa Jaga!“
Der Pater machte ein Gesicht, welches sich gar nicht beschreiben läßt. Man sah es ihm aber an, daß er mehr erschrocken als erstaunt war, gerade seinen Namen hier zu hören.
„Um des Teufels willen! Was könnte denn ich dabei tun?“ rief er mit dem Ausdruck gänzlicher Ratlosigkeit.
„Fällt Euch denn wirklich gar nichts ein?“
„Soll ich den Kaiser etwa erschießen und die Schuld auf Juarez schieben?“
„Nein.“
„Oder soll ich den Kaiser vergiften und dann sagen, daß Juarez mir das Gift bezahlt habe?“
„Nein.“
„Das hieße, mich geradezu in den offenbaren Tod schicken!“
„Das beabsichtigen wir ja nicht. Es gibt da ganz andere, viel feinere und geschicktere Wege.“
„Ich sehe keinen anderen. Der Kaiser kann nicht anders sterben als durch Meuchelmord.“
„Den verschmähen wir. Kennt Ihr denn gar nicht sein berüchtigtes Dekret, in welchem er gebietet, jeden Patrioten als Räuber zu behandeln und zu erschießen.“
„Natürlich kenne ich es.“
„Aber Ihr wißt nicht, daß die Wirkung dieses Dekrets auf ihn zurückfallen muß.“
„Auch das weiß ich. Wenn Max in die Hände der Republikaner fällt, so wird ihm der Prozeß gemacht. Juarez kann nicht anderes; er darf ihn nicht begnadigen, wenn er nicht dadurch sich selbst verderben will.“
„Nun gut. Endlich fangt Ihr einmal an, zu begreifen! Wir haben weiter nichts zu tun, als eben einfach dafür zu sorgen, daß Max in die Hände der Republikaner fällt.“
„Wie sollte man das
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