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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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anfangen?“
    „Ihr denkt nicht daran, daß die Franzosen abziehen werden.“
    „Er wird mit ihnen gehen. Napoleon hat die hohe Verpflichtung, das Opfer, welches er uns herbeigeschleppt hat, wieder mit sich fort zu nehmen; er darf ohne dasselbe nicht abziehen, wenn er nicht von aller Welt gerichtet und verurteilt sein will.“
    „Das ist zwar wahr; aber wie nun, wenn sich gerade dieses Opfer weigert, mit ihm zu gehen?“
    „Das wäre Wahnsinn!“
    „Allerdings. Aber der Wahnsinn, überhaupt unser Kaiser werden zu wollen, war nicht geringer. Max ist lenkbar und ein Träumer. Malt ihm eine Krone vor, und er hält die Farbe für reines Gold. Es bedarf nur eines Mannes oder zwei Männer, um den Plan gelungen zu machen. Den einen haben wir bereits, der andere sollt Ihr sein.“
    „Ich?“ fragte der Pater abermals erschrocken. „Ich soll dem Kaiser raten, nicht mit den Franzosen abzuziehen?“
    „Ja, Ihr!“
    „Das bringe ich allerdings nicht fertig.“
    „O, man wird Euch alle Mittel in die Hand geben, welche nötig sind, diesen Maximilian zu überzeugen, daß Ihr recht habt.“
    „Er wird es doch nicht glauben!“
    „Ihr kennt ihn schlecht, wir aber haben ihn studiert.“
    „So soll ich Santa Jaga verlassen und zu Max gehen?“
    „Ja.“
    „Das geht nicht, das kann ich nicht; ich habe große Verpflichtungen, welche mich hier zurückhalten.“
    „So macht Eure Rechnung, und man wird Euch entschädigen.“
    „Ich fühle mich für die Lösung einer solchen Aufgabe ganz und gar nicht geeignet!“
    „Das kommt nicht in Betracht. Wir anderen wissen gerade, daß Ihr der geeignetste Mann dazu seid. Und das ist die Hauptsache.“
    Der Pater befand sich augenscheinlich in einer schauderhaften Verlegenheit. Es war allerdings nicht wahr, daß er sich einer solchen Aufgabe nicht für gewachsen hielt; aber er dachte an die Gefangenen, welche in seinem Keller steckten und die er zu beaufsichtigen und zu besorgen hatte. Konnte er fort?
    „Nein!“ sagte er. „Ich bitte, von mir abzusehen. Es sind andere da, welche eine solche Auszeichnung verdienen.“
    „Diese anderen sind bereits beschäftigt. Ich habe Euch den ganz bestimmten Befehl zu überbringen, von heute an in zehn Tagen einzutreffen.“
    „In Mexiko?“
    „Ja.“
    „Ich denke, Max residiert in Cuernavaca!“
    „Ihr werdet nach Mexiko eine Einladung erhalten, bei ihm zur Audienz zu erscheinen. Ihr seht, daß alles eingeleitet ist und also nichts mehr redressiert werden kann.“
    „Und dennoch bin ich gezwungen, zu verzichten.“
    Da erhob sich der andere. Seine Miene nahm auf einmal einen erbarmungslosen Ausdruck an; seine Augen hefteten sich fast durchbohrend auf den Pater, und in einem Ton, der dem Versuch eines Löwen, seine Stimme zu erheben, glich, fragte er:
    „Ihr wollt wirklich verzichten?“
    „Ja.“
    „Trotz des strikten Befehles, den ich Euch überbringe?“
    „Ich bin gezwungen dazu.“
    „Kennt Ihr die Gesetze unserer Verbindung denn noch?“
    „Ich kenne sie.“
    „Was hat einer zu erwarten, welcher sich weigert, einen Befehl zu erfüllen?“
    „Allerdings eine Bestrafung.“
    Der Dicke ahmte höhnisch den Ton des Paters nach, indem er auch dessen Worte wiederholte:
    „Allerdings eine Bestrafung. Aber was denkt Ihr Euch denn wohl bei diesem Wort Bestrafung, welches Ihr mit einer so naiven Unbefangenheit aussprecht?“
    „Es ist eine Bestrafung festgesetzt; aber worin diese zu bestehen hat, das ist nicht erwähnt.“
    „So denkt Ihr wohl gar, daß die Bestrafung Eurer widersetzlichen Weigerung etwa in einer kleinen Geldbuße bestehen werde?“
    „Ich weiß, daß geheime Verbindungen nicht so sehr leichte Strafen in Anwendung bringen. Ich bin also auf eine größere Geldsumme gefaßt, welche ich zu zahlen haben werde.“
    Da brach der Dicke in ein lautes Gelächter aus.
    „Geld! Geld! Geld!“ meinte er. „Ich sage Euch, daß unsere Verbrüderung gar keine Geldstrafe kennt. Es gibt nur eine einzige Art der Bestrafung, und diese heißt – Tod.“
    „Tod!“ rief der Pater, tief erbleichend. „Wer hat das Recht, eine solche Strafe zu verhängen? Ich erkenne es nicht an.“
    „Pah! Ihr habt es durch Euren Beitritt anerkannt!“
    „Eine solche Härte wäre Grausamkeit, Unmenschlichkeit.“
    Da blickte der andere ihn fixierend von der Seite an und sagte:
    „Grausamkeit? Unmenschlichkeit? Diese Worte gebraucht Ihr?“
    „Ja, ich!“
    „Das ist fast lustig; das ist sogar lächerlich. Kann es einen grausameren,

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