49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
backen?“
„Allerdings, Mylord! Dabei kann ich Sie freilich nicht gebrauchen.“
„Donnerwetter! Warum denn nicht?“
„Bitte, Mylord, die Liebe ist gern ungestört!“ schlug sich Normann ins Mittel. „Wir lassen Wallert natürlich allein, aber wir werden ihn bewachen.“
„Schön! Gut! Da bin ich einverstanden! Aber wie bewachen wir ihn denn? Etwa von außerhalb?“
„Nein. Wir müssen mit hinein.“
„Das denke ich auch. Übrigens wünschte ich, wir würden erwischt! Himmel, wäre das eine Lust, wenn man mir wegen einer Entführung aus dem Harem den Prozeß machen würde! Aber, sehen Sie, da höre ich Wasser plätschern, und da ist auch schon die hohe Mauer.“
„Ja, das ist dasselbe Wasser, in dem Sie gestern plätscherten. Aber warten wir einen Augenblick. Wir müssen bestimmen, was wir tun, falls man uns entdeckt.“
„Wir können nur eins tun“, antwortete Wallert. „Wir müssen, da wir nicht über die Mauer können, wieder zu dem Tor hinaus, selbst dann, wenn wir uns durchzuschlagen hätten. Zu fürchten brauchen wir uns nicht. Jeder hat ein Messer und zwei Revolver, macht sechsunddreißig Schüsse. Damit schicken wir ja sämtliche Geschöpfe, die hinter dieser Mauer leben, zum Teufel. Die Hauptfrage ist nur, wer den Schlüssel behält.“
„Mister Normann“, meinte der Engländer. „Ich selbst mag ihn nicht, und Mister Wallert wird mit seiner Sultana so beschäftigt sein, daß ich ihm den Schlüssel auf keinen Fall anvertrauen möchte.“
Die beiden Freunde stimmten bei. Vorsichtig schlichen sie sich längs des Baches und der Mauer hin, bis die letztere nach rechts abbog und über den ersteren eine schmale Brücke führte. Auf dieser gelangten sie nach derjenigen der drei Mauern, die die Grundlinie des spitzwinkligen Dreiecks bildete.
Nur Schritt vor Schritt und so lautlos wie möglich schlichen sie sich an dieser Mauer entlang, bis sie das Tor erreichten, das sie mit dem Schlüssel öffnen konnten.
„Es ist auf. Kommt!“ sagte Normann.
Mit diesen Worten schritt er voran. Innerhalb angekommen, wurde die Tür natürlich wieder verschlossen. Dann blieben die drei mutigen Eindringlinge noch einige Augenblicke stehen, um zu lauschen. Es regte sich kein Lüftchen, und das Gebäude lag schwer und dunkel vor ihnen.
„Jetzt rasch hinter die Ecke!“ meinte der Lord und hob bereits den Fuß, um in gerader Richtung diesem Ziel zuzuschreiten, da aber hatte Normann ihn schnell am Kragen.
„Um alle Welt, Mylord, wo wollen Sie denn hin?“
„Nun, hinter die Ecke. Ich sagte es ja.“
„Aber doch nicht hier geradeaus, durch den Hof hindurch und über die Steinfliesen hinweg! Nein, wir dürfen den Umweg nicht scheuen und müssen uns immer nur an der Mauer hinschleichen. Kommen Sie also!“
Sie gingen nunmehr im Gänsemarsch rechts an der Mauer hin und bogen dann an der nächsten nach links ab. Hier stand dichtes Gebüsch, nach Jasmin und anderen Blüten duftend. Auf diese Weise gelangten sie bald so weit, daß sie die hintere Seite des Gebäudes überblicken konnten. Da gab es ein erleuchtetes Fenster, das aber von innen durch ein Holzgitter verschlossen war.
„Ob sie wohl dort wohnt?“ meinte der Lord.
„Es wird ihr jedenfalls nicht leicht werden, sich unbemerkt in den Garten zu schleichen.“
„Das ist ihre Sache. Mag sie es sich leichter machen! Wir haben es uns auch so bequem als möglich gemacht und sogar den Hausschlüssel mitgebracht. Doch, bitte, suchen wir zunächst die berühmte Ecke!“
Der Garten war nicht etwa klein, sondern er umfaßte ein bedeutendes Areal. Die Herren hatten eine ziemliche Strecke im Dunkel zurückzulegen. Endlich fanden sie die beiden Mauern, die die betreffende Ecke bildeten. Etwa zwanzig Schritte davor stand ganz in der Nähe der linken Mauer eine starke Platane, die die Mauer weit überragte und einige ihrer Äste noch über dieselbe hinausschickte.
Die Freunde hatten bei der früheren Rekognoszierung diesen Umstand übersehen, da sie sich auf der anderen Seite des Gartens befunden hatten. Jetzt blieb Normann bei dem Baum stehen, blickte empor und sagte:
„Hm! Vielleicht steht diese alte Platane zu unserem Glück da.“
„Inwiefern?“ fragte der Engländer.
„Blicken Sie nur in die Höhe! Die Äste zeichnen sich deutlich gegen den Sternenhimmel ab. Zwei oder drei von ihnen gehen horizontal nach der Mauer und noch über dieselbe hinaus. Können Sie klettern, Mylord?“
„Oh, wie ein Eichkätzchen.“
„Ich auch, und Freund Wallert
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