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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Dienerin war bei ihrer Herrin eingetreten. – – –
    Mit Ungeduld hatte Normann am vergangenen Tage die Nachmittagsstunde herbeigesehnt, in der er wieder das Glück haben würde, am Porträt der Geliebten zu arbeiten. Indes, als er der gestrigen Glückseligkeit gedachte, da überkam ihn auch eine plötzliche Angst, deren Grund er eigentlich nicht so recht einzusehen vermochte.
    Der Derwisch hatte ihm mißfallen. Warum wollte dieser Mensch gerade Tschita sehen, er, der sie doch nicht kaufen konnte? Die einzige Antwort auf diese Frage war die, daß er im Auftrag eines anderen, eines Reichen gekommen war. Und bei diesem Gedanken wurde es Normann angst um das Herz. Zwar war sie für den Padischa bestimmt; aber wenn ein anderer gut zahlte, konnte er sie ja ebenso leicht erhalten.
    Unter diesen Gedanken brach er schon morgens beschleunigten Schrittes nach der Gegend auf, in der Barischa, der Mädchenhändler, wohnte. Am Haus desselben angelangt, blieb er einige Minuten unschlüssig stehen. Sollte er hineingehen? Jetzt, zu so außergewöhnlicher Zeit? Pah, es gab ja Ausreden!
    Entschlossen ging er durch den Flur und klopfte an die Tür, durch deren Fensterchen Barischa stets die lange Nase zu stecken pflegte. Sie erschien auch jetzt.
    „Du bist es?“ sagte der Alte erstaunt. „Komm herein!“
    Dann öffnete er, betrachtete den jungen Mann verwundert und fuhr fort:
    „Warum kommst du des Morgens, da doch nachmittags die Zeit zum Malen ist?“
    „Ich habe heute nachmittag nicht Zeit, darum wollte ich dich fragen, ob du mir nicht erlauben willst, die Arbeit jetzt vorzunehmen.“
    „Das geht nicht.“
    „Warum nicht? Deine Sklavinnen haben weder jetzt noch später etwas zu tun.“
    „Ja, die Zeit ist mir auch gleichgültig; aber du kannst trotzdem weder jetzt noch nachmittags malen.“
    „Weshalb nicht?“
    „Ich habe das Bild nicht mehr.“
    Normann war es, als ob er einen Schlag über den Kopf erhielte. Er war totenbleich geworden.
    „Wo hast du es denn?“ fragte er tonlos.
    „Verkauft.“
    „Es ist ja noch gar nicht fertig.“
    „Das schadet nichts.“
    „Oho! Es ist auch noch nicht bezahlt. Es ist bis jetzt mein Eigentum, und du darfst es nicht verkaufen.“
    „Mache keinen Scherz! Ich habe das Bild bestellt. Du hast es hier gemalt; es sind die Gesichtszüge einer meiner Sklavinnen. Es gehört also mir!“
    „Ich mache keinen Scherz. Die Leinwand, die ich bemalte, ist mein, die Farben waren mein, und die Arbeit ist die meinige. Ich will mein Bild haben!“
    „Es ist verkauft.“
    „Wohl zusammen mit der Sklavin.“
    „Ja. Glaubst du etwa, daß ich deine Farben verkaufen würde ohne das Mädchen? Kein Mensch würde mir einen Piaster dafür geben!“
    „Wer hat beides gekauft?“
    „Das darf ich nicht sagen.“
    „Ah, ich soll wohl nicht einmal erfahren, wer mein Bild hat?“
    „Nein.“
    „Nun, ich werde es vom Richter erfahren.“
    „Gehe nur immer hin! Kein Kadi und kein Mullah wird mir zumuten, den Mann zu nennen, der sich von mir eine Sklavin gekauft hat.“
    „Aber ein Kadi wird dich zwingen, mir den Mann zu nennen, der mein Bild hat.“
    „Er zwingt mich nicht, da es das Bild einer Sklavin ist. Übrigens bezahle ich es dir!“
    „Es ist mir nicht feil!“
    „Oho! Es war bereits der Preis ausgemacht!“
    „Für das fertige Bild, aber nicht für das unvollendete. Ein Bild, das noch nicht fertig ist, kann ich nicht verkaufen. Ich verlange also mein Bild zurück oder fordere, daß ich es vollenden darf für den, dem es jetzt gehört.“
    „Schweig! Hier nimm dreihundert Piaster! Das ist so gut bezahlt, als ob ich der Padischah sei.“
    „Meinst du? Ich würde es dir für dreitausend Piaster nicht lassen.“
    „So geh!“
    „Gut, ich gehe, aber zum Richter.“
    „Gehe zum Teufel oder zu wem du sonst willst, nur packe dich fort von hier!“
    Normann erkannte, daß er bei Barischa nichts weiter erreichen werde, und entfernte sich. Er war voller Wut, er hatte sich nur zu beherrschen gewußt, um in dem Alten nicht die Ahnung zu erwecken, aus welchem Grund er eigentlich wissen wolle, wohin das Bild gekommen sei.
    Also hatte ihn die Angst, die er vorher empfunden hatte, doch nicht getäuscht! Tschita war verkauft! Aber an wen? Umsonst zermarterte er sich den Kopf. Er hätte sich gleich hier mit aller Welt zanken und prügeln mögen. Am allerbesten war es schon, er suchte Freund Wallert auf, mit dem er verabredet hatte, heute auf der Jacht des Engländers zusammenzutreffen. Als er dort

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