49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
ankam, fand er ihn bereits vor. Der Engländer war noch nicht aus dem Serail zurück.
Auch Wallert erschrak, als er das Geschehene vernahm. Beide überlegten miteinander, doch resultatlos, bis der Engländer endlich heimkehrte. Kaum hatte dieser von Tschita und dem Bild gehört, so sagte er:
„Da steckt niemand anders als dieser verdammte Derwisch dahinter.“
„Natürlich!“ antwortete Normann. „Das wissen wir auch, aber was hilft uns das?“
„Nehmt ihn nur vor! Er muß euch Rede und Antwort stehen.“
„Wird sich hüten.“
„Na, Kinder, glaubt mir einmal: Der wird sich nicht hüten. Bringt ihn mir nur hierher auf meine Jacht, ich spanne ihn dann zwischen zwei Pfosten und lasse ihm die Peitsche oder das Tauende so lange auf- und anmessen, bis er beichtet.“
„Das glauben wir. Was aber geschieht dann?“
„Dann? Hm! Dann haben wir eben das Mädchen.“
„Nein, dann werden wir geholt, und zwar wegen Mißhandlung eines Untertanen des Großherrn, eines rechtgläubigen Moslems, eines frommen oder wohl gar heiligen Derwisches. Sie, verehrtester Lord, würden dann schon erfahren, was das zu bedeuten hat.“
„Pah! Ich bin Engländer!“
„Das schützt Sie nicht, Genugtuung zu leisten. Nein, nein! Auf diese Weise ist mir nicht geholfen.“
„Ich habe eine Idee“, sagte da Wallert. „Sollte nicht Ali, der Eunuch, wissen, wo Tschita sich befindet? Du hast ihn gut bezahlt, und er ist auf seinen Herrn zornig. Es läßt sich mit Sicherheit erwarten, daß er das Geheimnis verrät.“
„Wenn er es überhaupt kennt.“
„Das muß man eben versuchen.“
„So müßte man nochmals zu Barischa gehen.“
„Natürlich.“
„Ich darf mich dort nicht wieder sehen lassen.“
„So gehe ich.“
„Du erhältst nicht die Erlaubnis zum Eintritt. Ungläubige werden nicht hereingelassen. Der Eunuch hat ja wegen Mylord hier die Peitsche erhalten.“
„So verkleide ich mich als Moslem!“
„Du? Dazu reicht deine Kenntnis der türkischen Sprache nicht aus. Nein, es kommt mir da ein anderer Gedanke, der vielleicht eher zum Ziel führt. Ich selbst gehe hin, um mit dem Schwarzen zu sprechen.“
„Ich denke, du darfst dem Alten nicht mehr kommen?“
„Allerdings. Zu ihm will ich ja auch gar nicht. Wir müssen auf ein Mittel sinnen, den Händler auf kurze Zeit aus dem Haus zu locken, wenigstens so lange, als ich mit dem Eunuchen spreche.“
„Das geht. Aber wie den Alten entfernen?“
„Sinnen wir nach. Übrigens hat es noch Zeit. Gleich darf man nicht kommen, das könnte auffallen.“
Darauf brachte der Engländer die Idee einer Spazierfahrt in Vorschlag und die beiden stimmten bei. Hätte Normann gewußt, daß diese Fahrt sich bis zum späten Abend ausdehnen werde, so hätte er freilich verzichtet. Die Ansicht, daß er mit seiner Erkundigung noch warten könne, war ja keineswegs so gemeint gewesen, daß er bis morgen noch warten wolle. Nein, heute wollte er schon Gewißheit haben. Sie war verkauft, also das Eigentum eines anderen. Was konnte da bis morgen alles geschehen sein?
Aus diesem Grund bemächtigte sich seiner am Abend eine große Unruhe, die zu beherrschen er Mühe hatte. Erst der Vorfall mit der Rettung Steinbachs brachte ihn auf andere Gedanken. Und dann gab es ja den Gang hinaus nach dem Harem von Ibrahim Pascha. So wurde die Erinnerung an den Verlust der Geliebten so ziemlich zurückgedrängt.
Es war wohl anderthalb Stunden vor Mitternacht, als die drei sich auf den Weg zu Ibrahim Pascha machten. Natürlich hatten sie wieder die Anzüge angezogen, die sie bereits gestern getragen hatten.
Der Lord schritt mit langen Schritten voran. Er mußte von Zeit zu Zeit stehenbleiben, um die anderen beiden, denen er vorausgeeilt war, herankommen zu lassen.
Außerhalb des eigentlichen Straßengewirres angekommen, konnten sie sich nun auch besser unterhalten. Der Lord begann. Er war bisher still gewesen, drehte sich aber jetzt plötzlich zu Wallert hin und sagte:
„Natürlich werde ich der Brautführer!“
„Bei welcher Hochzeit?“
„Na, bei der Ihrigen.“
„Sie meinen, daß ich die Dame gleich mitnehme?“
„Ja. Es ist das allerbeste.“
„Warten wir es ab! So schnell, wie Sie denken, entwickeln sich solche Angelegenheiten nicht. Zunächst habe ich mit ihr noch kein einziges Wort gesprochen.“
„Na, ich darf doch mit ihr reden, wenn sie kommt?“
Wallert blieb erstaunt stehen.
„Wollen Sie etwa mit hinein in den Garten?“
„Soll ich draußen bleiben und Pfannkuchen
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