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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Himmel bei den Seligen sein. Oh, wie lieb, wie lieb habe ich dich! Könnte ich doch stets, so wie jetzt, an deinem Herzen liegen!“
    „Das sollst du!“
    Und leise setzte er hinzu:
    „Ich hole dich ganz sicher, ich entführe dich.“
    „Und meine Mutter mit?“ fragte sie. „Ohne diese würde ich nicht gehen, obgleich ich ohne dich sterben möchte.“
    Er drückte sie an sich.
    „Du hast eine Mutter?“ fragte er nun wieder laut.
    „Ja. Sie kann ohne mich nicht sein, denn man hat ihr die Zunge herausgerissen und die Hände abgehackt.“
    Er schauderte zusammen und starrte sie voller Entsetzen an.
    „Ist das wahr?“ fragte er.
    „Ach ja!“
    „Wer hat das getan?“
    „Ich weiß es nicht, ich war damals noch so klein, daß sie mich auf den Armen tragen mußten. Man wollte mich oft von ihr trennen, aber man tat es doch nicht, weil man fürchtete, daß ich vor Sehnsucht sterben werde. Und auch jetzt gehe ich nicht von ihr, lieber töte ich mich. Wer mich kauft, der muß auch sie kaufen.“
    „Hast du keinen Vater?“
    „Nein, keinen Menschen auf der Erde als nur die Mutter.“
    Da überkam ihn eine unendliche, mit Mitleid gepaarte Zärtlichkeit. Er schlang beide Arme um sie und sagte:
    „Deine Mutter soll stets bei dir bleiben, und – “
    In diesem Augenblicke drehte sich der Eunuch zu ihnen um und flüsterte:
    „Schnell fort voneinander! Der Herr kommt!“
    Im Nu stand Normann mit dem gleichgültigsten Gesicht vor der Staffelei und strich die erste beste Farbe auf. Da trat auch schon Barischa ein.
    In rücksichtslosem Ton sagte er zu dem Maler:
    „Du kannst jetzt gehen. Komm morgen wieder.“
    Normann drehte sich langsam zu ihm um.
    „Ich bin für heute noch nicht fertig“, antwortete er.
    „Dafür kann ich nicht. Es ist einer da, der Tschita sehen und sprechen will. Vielleicht wird sie von einem gekauft, der geradesoviel bezahlt wie der Sultan.“
    Dann wandte sich Barischa zu dem Mädchen, musterte sie mit dem Blick eines Kenners und sagte:
    „Geradeso, wie du jetzt bist, soll er dich sehen. Ich werde ihn hierher führen. Also, Franke, komm morgen wieder. Ali mag dich hinausführen.“
    Normann folgte dieser Weisung, um keinen Verdacht zu erwecken, möglichst schnell. Er warf nicht einmal der Geliebten noch einen Blick zu, verhing das Porträt und ging. Draußen in dem vorderen Raum stand der Wartende. Zum Erstaunen des Malers war es jener Derwisch, auf den ihn der Lord aufmerksam gemacht hatte.
    Welche Absichten hatte dieser Mensch? Sollte er sich doch mit mehr als nur mit Betteln abgeben? Normann fühlte plötzlich eine Beklemmung, über die er sich keine genügende Rechenschaft zu geben vermochte.
    Rasch ging er nach dem Landungsplatz und nahm sich ein Kaik, um sich nach Pera rudern zu lassen. Er hatte sich in einer der höheren Straßen dieses Stadtteils eingemietet, besaß aber seine Wohnung nicht allein, sondern teilte dieselbe mit einem Freund, der bei seinem Eintritt in Gedanken versunken am Fenster stand.
    Dieser Freund war nicht so groß und stark gebaut wie der Maler. Blonden Haares und von hellem, fast mädchenhaft zartem Teint, konnte er nichts anderes als ein Nordländer sein. Seine Züge hatten etwas ausgesprochen Aristokratisches, und als er sich jetzt umwandte, zeigte seine Bewegung jene anmutige Gewandtheit, die kaum anzuerziehen ist, wenn sie nicht angeboren wurde.
    „Schon zurück?“ meinte er. „Ich glaubte noch nicht, dich erwarten zu dürfen.“
    „Die Sitzung wurde leider unterbrochen, gerade als sie am interessantesten war.“
    Der andere blickte schnell auf und fixierte den Maler scharf. Dann sagte er im Ton der Spannung:
    „Interessant? Du hast mit ihr gesprochen?“
    „Ja.“
    „Sie liebt dich?“
    „Ja, Hermann. Ich glaube, ich bin ein glücklicher Mensch, wenn Gott es zum Guten fügt.“
    Der Freund gab ihm die Hand und sagte herzlich:
    „Ich gönne es dir und gratuliere.“
    „Wie? Ich denke, du bist ganz gegen diese romanhafte Schrulle, wie du es nanntest?“
    „Hm“, brummte Hermann verlegen, „ja, von einem gewissen Standpunkt oder vielmehr von vielen Standpunkten aus muß ich dagegen sein. So ein Mädchen besitzt keine Bildung, keine Kenntnisse, kurz, gar nichts; freien kann man es nicht, kaufen will man es nicht, also – und so weiter. Es ist auf alle Fälle eine Dummheit. Und dennoch bin ich seit vorgestern nachsichtiger geworden.“
    „Und wohl mit Grund?“
    „Ja.“
    „Darf man diesen Grund erfahren?“
    „Wenn du mir versprichst, mich

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