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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht auszulachen.“
    „Natürlich verspreche ich es. Du pflegst dich nicht mit Lächerlichkeiten abzugeben.“
    „Hier aber doch wohl“, sagte Hermann, indem sein sonst sehr ernstes Gesicht einen schalkhaft verlegenen Ausdruck annahm. „Was würdest du dazu sagen, wenn auch mir zwei Augen durch den Gesichtsschleier hindurch es angetan hätten?“
    „Das kommt bei dir nicht vor.“
    „Nicht? Willst du vielleicht die Güte haben, einmal nachzusehen, was hier auf dem Sofa liegt?“
    Normann trat zu dem genannten Möbel und prüfte die Kleidungsstücke, die auf demselben lagen.
    „Was soll das?“ fragte er. „Das ist ja ein vollständiger Straßenanzug für eine türkische Frau!“
    „Allerdings. Ich werde ihn nachher anlegen, um damit auf die Straße zu gehen.“
    „Bist du toll, Hermann?“
    „Nein. Ich gehe zu einem Stelldichein.“
    „Mit einer Dame?“
    „Ja.“
    „Dann fällt geradezu der Himmel ein! Du hast noch nie das geringste Interesse für irgendeine Dame gehabt, obgleich es dir oftmals nahegelegt worden ist. Und hier, in Stambul, fängst du an, Allotria zu treiben?“
    „Vielleicht sind es nur Allotria, vielleicht aber berührt mich die Sache auch tiefer. Und das ist sehr schnell, ganz überraschend schnell gekommen. Ich kenne mich selbst nicht mehr.“
    „Darf man erfahren, um was oder wen es sich handelt? Natürlich ist es auf alle Fälle ein Mädchen?“
    „Das weiß ich nicht. Es kann auch eine Frau sein.“
    „Bist du des Teufels?“
    „Höre mich an! Ich habe nie gewußt, welch dummes, unüberlegtes, eigenwilliges Ding das Menschenherz ist. Jetzt traue ich mir selbst nicht mehr, denn ich habe meine bisherige Gewalt über das Herz vollständig verloren. Komm, ich will dir erzählen. Brenne dir – ah, du rauchst schon. Und zwar was für eine Sorte! Das ist ja etwas ganz Hochfeines. Wo gibt es die?“
    „Es ist geschenkte Ware.“
    „Von wem?“
    „Von deinem Cousin“, antwortete der Maler, indem er den Freund von der Seite her beobachtete.
    „Cousin? Sprich deutlicher!“
    „Schön. Also ohne alle Einleitung: Ich habe heute Lord Eaglenest getroffen.“
    Da sprang Hermann von dem Stuhl, auf den er sich gesetzt hatte, wieder auf und rief:
    „Willst du mich etwa zum Narren halten?“
    „Nein. Höre, lieber Freund.“
    Er erzählte ihm auf das ausführlichste seine Begegnung mit dem seltsamen Engländer. Hermann ging dabei außerordentlich erregt im Zimmer auf und ab. Als der Freund geendet hatte, fragte er:
    „Du hast doch nicht gesagt, daß ich ein Adlerhorst bin?“
    „Von dir ist gar nicht die Rede gewesen. Ich reise mit dir, um jenen fürchterlichen Menschen zu entdecken, dessen Spur nach der Türkei führt, und dabei vielleicht die verlorenen Deinigen wiederzufinden; aber von unseren Geheimnissen sprechen, das tue ich nicht.“
    „Gott sei Dank! Ja, dieser letzte Sproß des englischen Zweiges unseres Stammes soll ein gar wunderlicher Heiliger sein. Also er will partout eine Entführung haben?“
    „Ja.“
    „Lächerlich und unbegreiflich, wenn er nicht ein Engländer wäre. Hoffentlich ist es nur eine Schrulle?“
    „Es ist ihm im Gegenteil sehr ernst, und vielleicht kann ich ihm den Willen tun. Es ist möglich, daß ich ihn in meiner Angelegenheit mit Tschita eine Rolle spielen lasse, natürlich aber, ohne ihn in Gefahr zu bringen. Doch, warten wir das ab und beschäftigen wir uns jetzt lieber mit deiner Herzensangelegenheit.“
    „Bei welcher du jedoch eine Rolle zu spielen hast, und zwar noch heute.“
    „Gern. Erteile mir nur die nötige Instruktion.“
    „Du sollst unser Stelldichein bewachen.“
    „Ganz gern; aber ich hoffe, daß sie ein solches Wagnis auch wert ist.“
    „Ich möchte es wünschen. Also höre!“
    Er setzte sich nun wieder nieder, steckte sich eine Zigarette an und erzählte:
    „Du weißt, daß das Tal der süßen Wasser ein bevorzugter Ausflugs- und Belustigungsort der hiesigen Bevölkerung ist. Vorzüglich gern wird er von Frauen besucht, die auf den bekannten, verhüllten Ochsenwagen hinausfahren, um sich einmal ohne Zwang im Freien zu bewegen. Kürzlich warst du beschäftigt, und ich wußte nichts Besseres, als dieses Tal zu besuchen. Ich durchstreifte es nach allen Richtungen und kam dabei in ein Platanenwäldchen, in dem ich von lauten, lustigen Frauenstimmen und fröhlichem Gelächter überrascht wurde. Ich hätte mich zurückziehen sollen, aber ich will aufrichtig gestehen, daß die Neugierde siegte. Ich wollte einmal

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