49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
aus der Hand genommen, er öffnete das Zelt und leuchtete der Dienerin in das Gesicht.
„O Allah! Das ist ihr?“ fragte der Oberst.
„Ja, das ist Haluja.“
„Meiner abjeschiedenen Jeliebten?“
„Ja, Ihre gestrige Gattin!“
„Alle juten Jeister und Jespenster! Und dafür hat mich diesem Schwindelmeier das viele Jeld abzuverlangen die Kühnheit jewesen! Na, wenn diesem Mensch in meiner Hand jelaufen kommt, so zerbreche ich ihn der Jenick und dem Hals wie ein holländischer Tabakspfeife! Aber diesem alten Reff hier ist doch einer Betrügerin!“
„Wieso?“
„Weil sie ihr für jung ausjegeben ist!“
„Nein. Sie hat sich nicht für jung ausgegeben. Sie hat überhaupt gar nichts gesagt.“
„Es konnte ihr aber sagen, daß ihr Haluja heißt und nicht Hiluja!“
„Nicht sie ist gefragt worden, sondern der Tuareg, der sagte Haluja, wie ich mich besinne. Sie hat also keine Ahnung gehabt daß Sie getäuscht werden sollten.“
Daß dies so war, stellte sich heraus, als beide Männer nicht länger deutsch sprachen und nun von der Dienerin verstanden wurden. Diese war dem Tuareg nur deshalb gehorsam gewesen, weil ihr Steinbach den Rat gegeben hatte, alles zu tun, was jener von ihr verlangen würde. Als sie jetzt erfuhr, daß der Tuareg mit ihrer Herrin entflohen sei, da brach sie in lautes Jammern aus und beruhigte sich nur bei Steinbachs Versicherung, daß sie dieselbe bereits morgen wiedersehen werde.
Als der Morgen anbrach, standen die Reitkamele bereit, wohlgenährte Tiere, die seit langer Zeit keiner Anstrengung unterworfen worden waren. Es war also zu erwarten, daß der Verfolgungsritt ein ungewöhnlich schneller sein werde.
Etwa eine Stunde mochte seit dem Alarmruf vergangen sein, als die vier Reiter auf ihren hohen Sätteln das Lager verließen und mit der Eile des Sturmes nach Osten hin davonritten.
Sie hielten sich mit Absicht weiter nördlich, als die Verfolgten vermutlich geritten waren. Die freie Ebene war ihnen bei ihren Kamelen viel vorteilhafter, als die Täler und Schluchten des Wadi Silliana.
Die Hedschihn griffen mit ihren langen Beinen furchtbar aus. Mit diesen Kamelen kann auch der allerschnellste Renner nicht Schritt halten. Sie hatten nach Verlauf einer Viertelstunde ganz gewiß bereits eine volle deutsche Meile zurückgelegt.
So verging wieder eine Viertelstunde – daraus wurde eine ganze Stunde. Da legte der voranreitende Führer die Hand beschattend über das Auge und sagte zu Steinbach:
„Herr, es ist mir, als ob da draußen in der Steppe mehrere Reiter sich bewegten.“
Steinbach hielt sein Kamel an und zog das Fernrohr auseinander. Und kaum hatte er es auf die betreffenden Punkte gerichtet, so stieß er einen lauten Ruf der Überraschung aus:
„Allah ist groß! Das sind sie!“
„Die Gesuchten?“ fragte der Oberst schnell.
„Ja.“
„Bitte das Fernrohr! Wahrhaftig sie sind es! Sie sind also nicht nach dem Wadi Silliana. Auf diese Weise bekommen wir sie weit eher und weit leichter in die Hand.“
„Leichter?“ meinte Steinbach. „Das glaube ich nicht.“
„Warum nicht? Wir haben sie ja vor Augen!“
„Sobald sie sich einmal umdrehen, werden sie auch uns bemerken. Wir auf unseren großen, hohen Tieren sind viel weiter zu sehen als sie. Dann werden sie uns die Sache wohl erschweren.“
„Was wollen sie tun? Sie befinden sich mitten in der Ebene. Sie können nicht entkommen.“
„Warten wir es ab. Ich habe noch ganz anderes erlebt. Und angenommen, daß wir sie einholen, was dann?“
„Wir nehmen sie fest, natürlich.“
„Wie fangen wir das an?“
Die drei Männer blickten Steinbach mit großen Augen an. Sie konnten ihn wirklich nicht begreifen.
„Wie wir das anfangen?“ wiederholte der Scheik. „Sobald ich sie erreiche, schieße ich sie nieder.“
„Das wird nicht so leicht sein. Erstens werden sie ihre Tiere anstrengen. Es wird ein Wettrennen geben.“
„Wir ereilen sie dennoch!“
„Ja; aber schießen – nein!“
„Warum nicht, Herr? Soll ich diese Diebe schonen?“
„Sie nicht, aber deinen Schimmel und meine Stute.“
„Ah! Du hast recht! Wir dürfen nicht schießen, denn wir könnten unsere kostbaren Pferde treffen.“
„Das eben meine ich. Sie aber werden schießen und mit Bedacht nach unseren Kamelen zielen, denn wenn das Kamel fällt, kann der Reiter ihnen nicht mehr gefährlich sein. Wir befinden uns also im Nachteil.“
„Was rätst du uns?“
„Wir müssen den offenen Kampf vermeiden und sie zu überraschen,
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