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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gitter sitzen. Jetzt laß uns trinken und gehen.“
    Die Mädchen machten darauf die Flasche leer, da er sich weigerte, noch einmal zu trinken. Dann wurde aufgebrochen.
    Schnell gingen sie nach dem See und ließen sich ans andere Ufer bringen. Auch der Lord nahm einen Ruderer. Da er jetzt wußte, daß diese Leute Französisch und Italienisch verstehen, verursachte es ihm keine Mühe, sich verständlich zu machen. Bald stieg er an das Land, gleich nachdem auch die beiden Schönen den Kahn verlassen hatten, die trotz ihrer Verhüllung die Blicke vieler der Begegnenden auf sich zogen. Der Lord ahnte den Grund nicht. Wohlgefällig murmelte er vor sich hin:
    „Alle, alle gucken sie auf diese beiden! Ja, sie sind sehr schön! Und wem werden sie gehören? Mir! Alle tausend Teufel! Ich habe niemals geglaubt, daß solch schöne Kinder, noch dazu tunesische Orientalinnen, sich in mich verlieben könnten! Wie es scheint, bin ich trotz alledem kein so übler Kerl.“
    Natürlich zog auch er die Blicke der Vorübergehenden auf sich, doch machte er sich nichts daraus, sondern folgte unverdrossen den Mädchen, die sich gar nicht nach ihm umsahen, durch mehrere der engen, winkligen Gassen und Gäßchen, bis sie in eine Tür eintraten.
    Erst da wandte Rahel den Kopf und nickte ihm zu. Getreu seiner Instruktion ging er in gleichgültiger Haltung vorüber, als ob das Haus ihn nicht im mindesten interessiere, betrachtete es aber doch sehr genau.
    Die Vorderfront desselben sah aus wie eine alte, baufällige, hohe Mauer. Sie hatte kein Fenster, keine einzige Öffnung als die Tür allein. Das war alles, was er erblickte. Ähnlich war auch das Nachbarhaus gebaut, neben dem ein enges Gäßchen einbog. Er ging in dieses hinein. Jedenfalls befand sich da ein Garten; doch als er jetzt näher zusah, bemerkte er, daß die Mauer desselben so hoch war, daß er nicht darüber hinwegzublicken vermochte.
    „Das ist höchst merkwürdig!“ meinte er ärgerlich zu sich. „Durch die Haustür werde ich sie nicht entführen können; also geht es nur nach hinten hinaus und durch diesen benachbarten Garten. Woher aber die Leiter nehmen, die dazu notwendig ist? Na, ich werde ja erst hören müssen, was die Mädchen dazu sagen.“
    Er prägte sich die Gasse und das Haus ganz genau ein, so daß er sicher war, beide des Abends zu finden. Bis dahin war es gar nicht mehr lang. Er suchte daher ein Kaffeehaus auf, das in europäischem Stil eingerichtet war, und rauchte und trank dort so lange, bis das Licht des Tages sich zurückgezogen hatte.
    Nun brach er auf. Es war ihm doch ein wenig eigentümlich zumute. Nicht etwa, daß er sich gefürchtet hätte; o nein, Furcht oder Angst kannte er nicht; aber er fühlte eine innerliche Spannung die sogar einer kleinen Beklemmung ähnlich war. Und das war ja auch kein Wunder. Endlich, endlich sollte sein Herzenswunsch in Erfüllung gehen: die Entführung aus dem Serail! Und nicht nur eine sollte er entführen, sondern gleich drei wollten ihm folgen, eine immer schöner und jünger als die andere. Was würden Normann und Wallert dazu sagen!
    Diese Gedanken gaben ihm so viel Selbstgefühl, daß er sich beim Verlassen des Lokales hoch aufrichtete und den Zylinderhut weit in den Nacken schob. Richtig fand er schon nach kurzem die Gasse und das Haus. Die Tür war von innen verschlossen. Er klopfte.
    Er war wirklich recht neugierig auf diesen Ali Effendi, den Vater der drei Mädchen, die entführt werden sollten. Erst nach wiederholtem Klopfen hörte er einen schlürfenden Schritt, dann wurde die Tür nur so weit geöffnet, als es eine eiserne Sicherheitskette zuließ, und „Ziaret-damalarde“? tönte es ihm dann von einer rauhen, schnarrenden Frauenstimme entgegen.
    „Ich verstehe Sie nicht“, gab er leise zur Antwort. „Können Sie nicht Französisch?“
    „Ja. Warten Sie!“
    Es wurde nun eine alte Laterne an die Türspalte gehalten, so daß der Schein des Lichtes auf ihn fiel, und über der Laterne kam ein häßliches, runzliges Frauengesicht zum Vorschein, das aus tiefliegenden, triefigen Augen einen forschenden Blick auf ihn warf.
    Er war natürlich von den beiden Mädchen schon angemeldet worden, und da sie vergessen hatten, nach seinem Namen zu fragen, so hatten sie seine Person genau beschrieben. Die Alte hatte infolgedessen ihre Instruktion erhalten, dennoch ließ sie ihn, als sie sah, daß er der Erwartete sei, nicht sofort ein, damit er nicht vermuten möge, daß sie bereits von ihm wisse, sondern

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