49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
ihr verrückt? Dann ist es freilich kein Wunder, daß es mich zerreißen will! Und diesen Schnaps trinkst du wie ein alter Wachtmeister?“
„Meine Schwester auch. Schau!“
Das Mädchen hatte bei diesen Worten lachend das Glas der Schwester gegeben, die es auch sofort in einem Zuge leerte.
„Halte ein! Du vergiftest dich ja!“ schrie da ganz entsetzt der Lord.
„O nein! Das schmeckt gut!“
„Na, meinetwegen! Euer Schlund muß allerdings beschaffen sein wie ein alter Kanonenstiefelschacht! Und das nennt ihr Wasser der Liebe?“
„Ja, so heißt es!“
„Koloquinten und Knoblauch! Zehn Francs!“
„Ist dir das etwa zu teuer?“
„Na, euretwegen nicht. Aber dürft ihr als Mohammedanerinnen denn solches Zeug trinken?“
„Natürlich, es ist ja kein Wein.“
„Da wäre Mohammed doch gescheiter gewesen, wenn er euch den Wein erlaubt und diesen Höllentrank verboten hätte! Wunderbar! So schöne, zarte Mädel, und bringen dieses Fegefeuer hinunter! So aber ist es im Orient, da ist eben alles anders, und man darf sich über gar nichts mehr wundern. Na, setze dich nun.“
Die Angeredete nahm lächelnd an seiner anderen Seite Platz, und da der Teppich nicht sehr lang war, saßen sie jetzt alle drei sehr eng nebeneinander. Dazu kam, daß die eine sich an ihn schmiegte und die andere diesem Beispiele folgte. Es wurde ihm wirklich doch ein wenig zu warm. Er hatte es ja nicht auf eine Liebesszene abgesehen. Ihm lag nur daran, eine Haremsdame zu finden, die er entführen könne.
„Na, Kinder“, sagte er in etwas gepreßtem Ton, „zutraulich seid ihr ja, das ist richtig. Aber wie steht es denn? Ich habe erst mit dieser da von Liebe gesprochen.“
„Bei mir ist das gar nicht nötig!“ meinte die zweite.
„So? Warum nicht?“
„Wenn meine Schwester dich liebt, so versteht es sich doch ganz von selbst, daß ich dich auch liebe.“
„Das ist kein übler Grundsatz! Sonderbar! Bei mir daheim pflegen die Schwestern eifersüchtig zu sein. Bei euch aber könnte einer wohl gleich zwanzig Schwestern heiraten?“
„Ganz gut.“
„Na ja, das ist eben wieder der Orient! Also ihr habt mich wirklich beide lieb? Hm, was ist da zu machen?“
„Heirate uns!“
„Schon? Donnerwetter? Noch nicht geküßt und schon heiraten! Ich will euch ganz aufrichtig sagen, daß ich für das schnelle Heiraten gar nicht eingenommen bin. Und für das leichte Heiraten auch nicht. Ich wünsche, daß es mir Mühe macht, eine Frau zu bekommen.“
„Also sie soll dich nicht lieb haben? Du willst dir ihre Liebe erringen, erkämpfen?“
„Na, das nicht gerade. Liebhaben soll sie mich wohl. Aber ich wünsche, daß ich sie nicht kriegen soll.“
„Der Vater soll dagegen sein?“
„Ja. Das Mädchen soll ganz närrisch auf mich sein, der Vater aber das Gegenteil. Ich will sie nämlich aus dem Harem entführen.“
„Entführen!“ kicherte das Mädchen, und die andere stimmte mit ein. „Also darum fragtest du mich wohl, ob ich in einem Harem sei?“
„Ja.“
„Würdest du mich entführen?“
„Das weiß ich noch nicht.“
„Ich denke du liebst mich!“
„Ja, ich bin dir freilich gut; aber das ist nicht die Hauptsache. Wenn ich dich bekommen kann, mag ich dich nicht haben. Dich zu erlangen, muß schwer sein, sehr schwer!“
Die beiden Mädchen blickten sich verständnisvoll an. Sie kämpften mit dem Lachen, das gewaltig herausplatzen wollte, doch vermochten sie noch, es zu unterdrücken. „Es ist bei uns schwer, sehr schwer“, antwortete die eine.
„Wirklich? Inwiefern denn sehr schwer?“
„Wir sind eingeschlossen.“
„Das will nichts sagen, gar nichts. Übrigens sehe ich auch nichts davon, daß ihr eingeschlossen seid.“
„Inwiefern?“
„Nun, ihr lauft ja hier ganz frei herum!“
„Oh, das ist nur zum Schein. Wir werden von weitem sehr scharf beaufsichtigt.“
„Auch das tut nichts. Ich brauche euch nur nach meiner Jacht zu führen, so ist die Entführung fertig.“
„Das geht nicht so leicht, wie du denkst. Der Bei von Tunis will uns kaufen; wir sollen seine Frauen werden. Wir werden bewacht, ohne daß du es bemerkst. Du würdest mit uns dein Schiff nicht erreichen.“
„Nicht? Hm, das gefällt mir.“
„Ja, wir könnten nur aus unserer Wohnung in der Stadt entführt werden. Aber unser Vater ist sehr wachsam und streng. Er würde dich töten, wenn er dich dabei erwischte.“
„Töten? Schön, sehr schön! Das gefällt mir!“
„Und sodann ist noch ein Hindernis vorhanden. Ich lasse
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