49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
doch hatte es beinahe den Anschein, als ob dies eine Verkleidung sei. Er lächelte den Maler freundlich, aber selbstbewußt an:
„Willst du mich halten?“
„Ja.“
„Du wirst es nicht können, wenn ich es nicht will.“
„Du gibst doch zu, heute dort drüben mit diesem Herrn gesprochen zu haben?“
„Ja.“
„Wer hatte dich gesandt?“
„Das darf ich nicht sagen.“
„Hier, nimm!“
Normann zog ein Geldstück aus der Tasche und reichte es ihm hin, der Türke aber trat zurück.
„Herr, beleidige meine Seele nicht. Ich nehme kein Bakschisch. Ich tue, was mir die Herrin befiehlt, aber ich tue es, weil sie es will, nicht um Geld.“
Da reichte Wallert ihm die Hand und sagte:
„Das ist brav von dir. Jetzt kenne ich dich wieder. Du warst mit im Tal der süßen Wasser, als dein Gespann scheu wurde?“
„Ja, ich war es. Du hieltest damals die wütenden Stiere auf und errettetest die Herrin aus großer Gefahr. Sie hat dir ihre Hand gereicht, und ich danke dir auch.“
„Darfst du von ihr mit mir sprechen?“
„Nein.“
„Sie hat es dir verboten?“
„Sie gebot mir, dich zu warnen, aber sie befahl mir, weiter nichts zu tun.“
„Wie konnte sie mich warnen lassen? Wußte sie denn von dem Streich, den man mir spielen wollte?“
„Ich kann und darf nichts sagen.“
„Auch ihren Namen nicht?“
„Nein.“
„Auch nicht, wo sie wohnt?“
„Das sollst du niemals erfahren.“
Da röteten sich Wallerts Wangen. Gerade das reizte seinen Widerstand.
„Ich werde es doch erfahren“, sagte er.
„Du wirst nie wieder von ihr hören. Sie will es so.“
„Nun, so will ich dir etwas sagen, mein Freund!“ meinte jetzt Normann. „Wenn du zu Zykyma kommst, dann grüße sie wenigstens von – “
„Allah! Du kennst den Namen!“ rief erschrocken der Türke.
„Ja, ich kenne ihn. Sage ihr, daß wir nach dem Kirchhof der Juden spazieren und an der Mauer sein werden.“
„Beim Propheten! Tut das nicht! Es könnte euer Leben kosten und auch noch dasjenige anderer Leute.“
„Willst du uns verraten?“
„Dann würde ich auch die Herrin verraten, und das tue ich nicht.“
„So haben wir nichts zu besorgen. Höre, was ich dir sage. Man hat uns in eine Falle gelockt. Ich muß erfahren, wie das geschehen konnte. Davon gehe ich nicht ab. Wir werden also am Abend draußen beim Wasser erscheinen. Was du tun willst, das ist deine Sache, wir werden auch zu handeln wissen.“
„Du kennst den Herrn nicht. Er ist grausam. Er würde euch nicht schonen, wenn er bemerkte, daß ihr sein Haus umschleicht.“
„Er hat uns schädigen wollen. Wir werden ihn auch nicht schonen, wenn er uns in die Hände gerät. Das ist es, was ich dir zu sagen habe. Vielleicht gelingt es mir also doch, mit deiner Herrin zu sprechen.“
„Das ist unmöglich. Das Wasser ist tief und breit, die Mauern sind hoch, die Türen fest, und die Wächter werden niemals öffnen.“
„Auch nicht mit dem Schlüssel des Goldes?“
„Nein. Sie fürchten die Strenge des Herrn. Er würde sie aus dem Land der Lebendigen verschwinden lassen.“
„Darfst du denn mit deiner Herrin sprechen?“
„Nein, denn ich bin kein Eunuch, aber zuweilen darf ich heimlich die Sonne ihres Angesichts schauen und ihre leise Stimme hören. Sie hat mir das Leben gerettet, und ich lausche dafür nun ihren Wünschen, um dieselben zu erfüllen.“
„Du bist gut und treu. Gehe in Allahs Namen heim. Wir werden uns wiedersehen.“
„Nicht eher, als bis die Herrin es will!“
„Sage ihr, daß hier mein Freund das Leben wagen wird, um sie zu sehen und mit ihr zu sprechen. Sie mag tun, was sie für gut hält, er aber wird auf die Stimme seines Herzens hören.“
Der Bote entfernte sich, indem er in eine Seitengasse einbog, und die drei gingen in die Wohnung der beiden Freunde. Dort angekommen, sagte Wallert zu Normann:
„Ich bin aufs freudigste überrascht, daß du den Namen und die Wohnung kennst, nach denen ich so vergeblich geforscht habe. Woher weißt du beides?“
Normann teilte ihm seine Unterredung mit Steinbach mit. Dies erhöhte natürlich den Eindruck, den jener auf die Freunde gemacht hatte.
„Jetzt möchte ich aber nur wissen, mit wem du im Bazar der Musselinhändler gesprochen hast“, meinte dann der Maler.
„Wohl nicht mit ihr.“
„Ah, du glaubst, daß es der Kerl gewesen ist, der sich heute als Frauenzimmer sehen ließ?“
„Jedenfalls. Wer kann denn in dieser verteufelten Umhüllung einen weiblichen Körper von einem männlichen
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