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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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willst es mitnehmen? Ich kenne dich nicht.“
    „Willst du dich an Allah versündigen? Glaubst du, daß ein Sohn meines heiligen Ordens dich um ein Bild bestehlen werde?“
    „Das glaube ich nicht. Kann ich jedoch erfahren, welcher Herr es ist, zu dem du es bringen willst?“
    „Ibrahim Pascha, der Sohn des Kurden Melek Pascha.“
    „Den kenne ich. Er ist der Liebling des Sultans. Du sollst das Bild erhalten. Ali, der Eunuch, mag es dir dahin tragen, wohin du es haben willst, und es mir dann wieder bringen.“
    Damit hatte der Besuch des Derwisches eigentlich ein Ende. Er hatte hier mehr gefunden, als er gesucht hatte, unendlich mehr; aber er vergaß trotzdem nicht, was ihn hergeführt hatte und sagte im Ton der Unbefangenheit:
    „Der Prophet hat verboten, daß der Gläubige sich ein Bildnis seines Körpers und Gesichtes anfertigen lasse. Dieses Bild wird also vernichtet werden müssen.“
    „Dann muß Ibrahim Pascha es bezahlen. Der Franke fertigt es mir nicht umsonst an.“
    „Ich werde vielleicht mit diesem Maler sprechen. Kannst du mir sagen, wo er wohnt?“
    „Hart neben dem Inger-Postan-Platz in Pera. Sein Wirt ist ein Grieche und heißt Miledas.“
    „Ich werde ihn erfragen. Also gib mir den Eunuchen mit. Vielleicht kommt der Handel schnell zustande.“
    Der Derwisch war ganz aufgeregt, nur daß er es sich nicht merken ließ. Er verzichtete darauf, den Weg zu Fuß zurückzulegen – das hätte sehr lange gedauert –, nahm am nächsten Platze zwei Esel, einen für sich und einen für den Eunuchen, und ritt, so schnell ihnen der Treiber zu Fuß folgen konnte, über die Perabrücke hinüber nach Altstambul, wo Ibrahim Pascha seinen Palast hatte.
    Dieser Pascha bekleidete zwar kein direktes Staatsamt; aber sein Vater war ein hoher Würdenträger gewesen. Das hatte man nicht vergessen, und so kam es, daß der Sohn sich in höheren Kreisen eines nicht unbedeutenden Einflusses rühmen konnte. Es war bekannt, daß er neben seinem großen Reichtum eine ganze Anzahl der schönsten Frauen besaß, um die man ihn im stillen beneidete.
    Leider aber fühlte er sich nicht so glücklich, als man es hätte denken sollen. Und das hatte seine Gründe. Über einen dieser Gründe dachte er eben nach, als er allein in seinem Zimmer saß, das lange Rohr der Wasserpfeife in der Hand und vor sich das goldene Kaffeebrett mit der kleinen Tasse von der ungefähren Größe eines halben Eies.
    Da wurde er gestört. Ein schwarzer Diener trat ein, neigte sein Haupt fast bis zur Diele herab und wartete nun der Anrede seines Herrn.
    „Hund!“ knurrte dieser. „Habe ich nicht gesagt, daß ich allein sein will? Soll ich dich peitschen lassen?“
    Zu seiner Entschuldigung nannte der Sklave einen Namen: „Osman, der Derwisch.“
    Das finstere Gesicht des Herrn nahm sofort einen weniger grimmigen Ausdruck an.
    „Was ist mit ihm?“ fragte er.
    „Er bittet um die Gnade, dein Angesicht sehen zu dürfen, Pascha.“
    „Er mag hereinkommen. Aber horche nicht, Schakal, sonst lasse ich dir die Ohren abschneiden!“
    Der Schwarze ging, und der Derwisch kam.
    Der letztere zeigte keineswegs die Demut des ersteren. Er hatte zwar draußen seine grünen Pantoffel ausgezogen, veränderte aber nicht um einen Zoll seine stolze, aufrechte Haltung. Nur als er das verhüllte Bild, das er in den Händen trug gegen die Wand lehnte, mußte er sich bücken. Keineswegs aber tat er dies aus Unterwürfigkeit gegen den Pascha.
    „Was bringst du da?“ fragte er.
    „Eine Überraschung.“
    „Weißt du nicht, daß es für den wahren Gläubigen keine Überraschung gibt? Allah bestimmt die Schicksale des Menschen, und was er sendet, muß in Ruhe und Ergebenheit entgegengenommen werden.“
    „Und doch sendet Allah zuweilen eine Gabe, die der Mensch für unmöglich gehalten hätte.“
    „Bei Allah ist alles möglich. Also sag was du bringst.“
    „Ein Bild.“
    „Wie? Ein Bild? Bist du ein Christ geworden?“
    „Nein. Ein Christ hat es aber gezeichnet. Erlaubst du, daß ich es dir zeige, Herr?“
    „Blicke dich um! Darf ich hier ein Bildnis sehen, das Werk eines Ungläubigen?“
    Der Pascha deutete nach den Wänden, deren himmelblauer Grund mit goldenen Koransprüchen verziert war. Der Islam erlaubt nur Arabesken, Ornamente und fromme Sprüche. Bilder verbietet er.
    „Hältst du mich für einen untreuen Anhänger des Propheten?“ sagte der Derwisch. „Was ich dir bringe, darfst du betrachten. Ich will mich überzeugen, ob es für dich wirklich keine

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