49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
Maler, der dieses Bild gefertigt hat.“
„Allah! Ein Maler wohnt allerdings bei ihm, das weiß ich. Der Fremde nennt sich Wallert, und der Maler heißt Normann; das sind zwei deutsche Namen. Ob Bruder und Schwester wohl voneinander wissen?!“
„Nein.“
„Wieso vermutest du das?“
„Der Bruder würde sie sofort aus den Händen des Händlers entrissen haben. Weißt du überhaupt, ob er selbst seinen eigentlichen Namen kennt?“
„Gewiß, er kennt ihn, darf ihn aber nicht nennen. Jedoch die Zeit vergeht. Sprechen wir später noch darüber. Jetzt eile ich zu dem Händler, um die Sklavin zu kaufen. Ich werde satteln lassen. Geh du voraus, ihm zu sagen, daß ich komme.“
„Soll ich dort bleiben, bis du erscheinst?“
„Ja. Du sollst ja aufpassen, daß alles in Ordnung verläuft. Der Händler wird die Tochter mit der Mutter hinausschaffen in mein Haus am Wasser. Du folgst ihnen unbemerkt, um zu sehen, ob beide richtig abgeliefert werden. Dann begleitest du ihn hierher, um Zeuge zu sein, daß er das Geld erhält. Jetzt geh!“
„Und das Bild?“
„Das bleibt hier.“
Der Derwisch entfernte sich. Als er fort war, trat der Pascha an das Porträt, betrachtete es einige Zeit und murmelte dann vor sich hin:
„Anna von Adlerhorst! Ich trug einen Himmel im Herzen. Du schufst eine Hölle daraus. Ich habe mich gerächt, fürchterlich gerächt. Der Schluß meiner Rache aber soll jetzt erst kommen: Du sollst Zeugin sein, wie deine Tochter, dein Ebenbild, meine Sklavin ist und mir die Liebe geben muß, die du mir versagtest.“
Er hüllte darauf das Bild wieder ein und gab dann die nötigen Befehle. Einer der Diener mußte sofort hinaus nach dem Haus am Wasser, damit man sich dort auf den Empfang der neuen Sklavin vorbereite.
Als er dann bei Barischa vom Pferd stieg empfing dieser ihn mit sklavischer Unterwürfigkeit.
„Hat der Derwisch dir gesagt, was ich will?“ fragte der Pascha.
„Ja, o Herr. Möge dein Auge Wohlgefallen finden an der Blume, die du pflücken willst.“
„Weiß sie bereits von mir?“
„Kein Wort.“
„Sie darf auch nichts wissen, denn sie würde dir vielleicht nicht gehorchen. Wenn sie mir gefällt und ich sie kaufe, so hast du sie und ihre Mutter an den Ort ihrer Bestimmung zu schaffen, den der Derwisch dir beschreiben wird. Du lockst sie hinaus, indem du zu ihnen sagst, du würdest sie nach dem Tal der süßen Wasser spazieren fahren. Auf diese Weise umgehst du alle Schwierigkeiten, die sie dir machen könnten. Auch verbiete ich dir, irgendeinem anderen Menschen zu sagen, wer sie gekauft hat.“
„Dürfen es die anderen Sklavinnen erfahren?“
„Nein.“
„Aber mein Eunuch wird es erfahren.“
„Auch er darf es nicht wissen. Ich befehle es! Jetzt aber will ich sie sehen.“
Gleich darauf wurde der Pascha in das Zimmer geführt, wo der Maler zu arbeiten pflegte, und der Eunuch holte Tschita. Als der Pascha das schöne Mädchen erblickte, konnte er sein Entzücken kaum bemeistern.
„Sie ist schöner, tausendmal schöner, als ihre Mutter war!“ dachte er.
Dennoch gelang es ihm, kalt zu erscheinen. Abweisend schüttelte er den Kopf und sprach so laut, daß sowohl Tschita als auch der Eunuch es hören konnten:
„Man hat sie mehr gelobt, als sie verdient. Ich kann sie nicht gebrauchen.“
Dann ging er. In dem vorderen Zimmer aber blieb er bei dem Händler stehen und sagte:
„Höre meinen Willen! Ich gebe dir vier Beutel in Gold für das Mädchen und einen Beutel in Silber für das Bild, keinen Para mehr. Im anderen Fall magst du versuchen, ob der Padischa dich bezahlt. Willst du?“
„Wann erhalte ich das Gold?“
„Sogleich, nachdem du die beiden Frauen abgeliefert hast. Der Derwisch wird dich zu mir begleiten, wo das Geld schon jetzt bereitliegt.“
„So nimm sie hin, Herr! Du wirst niemals ein Weib sehen, das schöner ist als dieses Mädchen.“
Somit war der Handel abgeschlossen. Der Pascha überließ jetzt sein Pferd dem Derwisch und begab sich an das Ufer, um sich in einem Kaik nach der anderen Seite übersetzen zu lassen, wo Wallert gefangengenommen werden sollte. Er kam dort noch vor demselben an.
Der alte Mädchenhändler hatte ein sehr gutes Geschäft gemacht. Er freute sich darüber, verbarg jedoch diese Freude, als er zu Tschita zurückkehrte und machte ein zorniges Gesicht.
„Jetzt konntest du einen vornehmen Herrn erhalten und die Gebieterin eines hohen Pascha werden“, sagte er vorwurfsvoll zu ihr. „Aber du machtest ein Gesicht, daß er
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