Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Frauengemächer befanden. Kein Mensch war in dem Hof anwesend. Der Mann geleitete die Frauen über denselben hinweg nach einer schmalen Holztreppe, die nach oben führte. Dort stand ein dicker Neger mit einem fetten, schwammigen Gesicht und außerordentlich wulstigen Lippen, der sich vor dem Verwalter tief verneigte. Letzterer deutete auf ihn.
    „Das ist Omar, von jetzt an euer Wächter, dem ihr zu gehorchen habt. Er wird mir berichten, ob er mit euch zufrieden ist.“
    Tschita blickte den Neger durch die Schleieröffnung erstaunt an.
    „Unser Wächter?“ fragte sie verwundert. „Dem wir zu gehorchen haben? Höre ich recht?“
    „Ich wiederhole meine Worte nie. Wenn ihr noch nicht wißt, woran ihr seid, so kommt hier einer, der es euch sagen wird.“
    In diesem Augenblick trat durch eine Tür der Derwisch ein. Er hatte die Worte des Verwalters wohl gehört.
    „Wie es scheint“, sagte er zu Tschita, „hat euch Barischa noch gar nicht gesagt, weshalb ihr euch hier befindet?“
    Tschita erschrak. Sie erkannte in ihm sofort denjenigen, der heute bei dem Händler gewesen war und ihr Zusammensein mit dem Maler gestört hatte. Hatte sie schon aus diesem einen Grund keine Veranlassung ihm wohlgesinnt zu sein, so machte der lauernde, höhnische Ausdruck seines Gesichtes jetzt einen doppelt unangenehmen Eindruck auf sie.
    „Er hat es mir gesagt“, antwortete sie.
    „Es scheint nicht so.“
    „Wir sollen hier Frauen abholen, um mit ihnen nach dem Tal der süßen Wasser zu gehen.“
    „So hat er euch getäuscht. Ihr werdet nicht an die Wasser gehen, sondern hierbleiben. Dieses Haus gehört dem mächtigen Ibrahim Pascha, der euch gekauft hat.“
    „Gekauft –?“ hauchte Tschita, im höchsten Grad erschrocken.
    „Ja. Das mußt du doch wissen. Er war doch vorhin bei dir, um dich anzusehen.“
    „Der? Ich habe ihm ja nicht gefallen!“
    „Das war nur Scherz. Ihr werdet von jetzt an hier wohnen.“
    „O Allah!“
    Tschita lehnte sich an die Wand, um nicht zusammenzubrechen. Dieser Schlag kam so unvorbereitet, so ungeahnt, daß er sie mit doppelter Stärke traf. Ihre Mutter trat schnell zu ihr und zog sie an sich.
    „O Mutter, Mutter!“ erklang es verzweifelt von den Lippen des jungen Mädchens. Die Angeredete konnte kein Wort des Trostes, der Beruhigung sagen; ihr fehlte ja die Zunge. Sie ließ nur einen rauhen, unartikulierten Laut hören, der wohl als ein Ton des Mitleids gelten sollte.
    Der Derwisch hatte ihn wohl gehört. Rasch trat er an sie heran und bohrte den Blick in die Schleieröffnung der Bedauernswerten, als ob er durch diese dichte Hülle sehen wolle.
    „Alte“, sagte er höhnisch, „du wirst dich nicht wundern, daß ich euch hierher gebracht habe. Du kennst ja Ibrahim Pascha, der damals noch Ibrahim Effendi genannt wurde.“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Lüge nicht! Gestehe wenigstens, daß du mich kennst!“
    Sie gab dasselbe verneinende Zeichen.
    „Oh, ich verstehe dich!“ rief er da grinsend. „Du willst mir den Triumph der Rache verkürzen. Ja, du bist schlau, aber deine Schlauheit hilft dir nichts. Meine Rache ist doch gelungen.“
    Und zu dem Verwalter und dem Neger gewendet, fügte er hinzu:
    „Dieses alte Weib ist voller Bosheit und Tücke. Gebt ihr nicht nach; verwöhnt sie nicht durch unzeitige Nachsicht. Laßt sie die Peitsche fühlen, wenn sie widerstrebt!“
    „Ungeheuer!“ rief Tschita empört.
    „Schimpfe immerhin“, lachte er. „Gerade dieser Zorn beweist mir, daß mein Pfeil getroffen hat. Ich werde euch wohl nicht mehr wiedersehen, denn ihr tretet in den Harem ein; aber ich bin überzeugt, daß ihr sehr oft an mich denken werdet. Lebt wohl!“
    Dann ging er, und der Verwalter mit ihm. Draußen klirrten die Riegel vor der Tür. Die beiden waren eingeschlossen.
    „O Gott, o Gott! O Allah!“ weinte Tschita, indem sie den Kopf an die Brust der Mutter legte.
    Diese zog die Tochter mit ihren verstümmelten Armen noch inniger an sich. Der Schwarze aber öffnete eine andere Tür, deutete hinein und sagte mit seiner fetten, quiekenden Stimme:
    „Geht! Ich werde euch eure Gemächer anweisen!“
    Und als sie diesem Befehle nicht sofort folgten, zog er die Peitsche, die auch er im Gürtel trug, schwang sie drohend und warnte:
    „Gehorcht sofort, sonst folgt sogleich die Strafe!“
    Da wankten die beiden hinaus in den Gang auf den die Tür führte, und der Schwarze schob sie weiter und weiter bis in ein Zimmer, in dem sich nichts befand, als einige an den Wänden liegende

Weitere Kostenlose Bücher