49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
sagte:
„Habe keine Angst mehr! Du stehst unter meinem Schutze! Du Arme! Man ist grausam gegen dich gewesen, grausamer als Panther und Tiger sind. Und dieser Feigling wollte dich schlagen? Ah, er soll sofort den Lohn erhalten!“
Zwei rasche Schritte tat sie zum Neger hin, dann holte sie aus, und Hieb um Hieb sauste und klatschte auf ihn nieder, ohne daß er es wagte, zu fliehen oder Widerstand zu leisten.
„So“, sagte sie endlich. „So wird es dir stets ergehen, wenn du es wagst, eine dieser beiden nur mit einem Wort zu beleidigen. Du bist weder Mann noch Weib, sondern nur ein feiges, verächtliches Geschöpf. Du wagst dich nur an Schwache und Wehrlose. Armseliger Sklave eines ebenso armseligen Herrn, wer hat dir befohlen, die Peitsche zu gebrauchen?“
„Der Derwisch und der Verwalter“, wimmerte er.
„So werde ich mit diesem letzteren ein ernstes Wort reden. Sage ihm, daß er sich vor mir in acht nehmen soll. Wo werden meine Freundinnen wohnen?“
„Drüben auf der vorderen Seite des Hofes.“
„Nein, das gebe ich nicht zu. Sie werden hier bei mir wohnen. Sie stehen unter meinem Schutz.“
„Der Pascha hat es so befohlen.“
„Der Pascha? Was geht mich sein Wille an? Du magst vor ihm im Staub kriechen, armseliger Wurm; ich aber tue es nicht. Bist du auf ihren Empfang vorbereitet?“
„Ja. Die neue Sklavin soll ein Bad nehmen und sich Kleider auswählen; dann wird der Pascha kommen, sie zu begrüßen.“
„Sie wird das Bad bei mir nehmen. Hier mag sie sich auch kleiden und schmücken. Bringe alles zu mir, sogleich!“
Er zögerte. Da erhob sie abermals die Peitsche. „Gehorchst du oder nicht?“
„Der Herr wird mir zürnen und mich strafen!“
„Das ist dir zu gönnen! Nimm nur die Bastonade hin und lecke ihm dafür dankbar die Hand! Jetzt aber eile!“
Der Schwarze schlich sich wie ein ertappter Sünder von dannen. Zykyma aber ergriff Tschita bei der Hand und sagte:
„Kommt! Ich will euch in meine Gemächer führen. Ich bewohne die ganze Seite dieses Hauses und habe genug Raum für euch übrig.“
Sie führte darauf Tschita in ein nach orientalischer Weise prächtig eingerichtetes Frauengemach. Beide mußten sich hier nebeneinander auf einen seidenen Diwan niederlassen, während die schöne Wirtin sich mit untergeschlagenen Beinen auf ein niedriges Kissen setzte. Sie hatte die Peitsche noch immer in der Hand.
„Ihr werdet glauben, daß ich ein recht böses, schlimmes Weib sei“, sagte sie, vergnügt lächelnd, „aber ihr sollt mich bald besser kennenlernen. Wo man die Männer zu Weibern macht, da müssen eben die Frauen zu Männern werden. Wie ist dein Name?“
„Tschita.“
„Das heißt Blume. Ja, eine Blume bist du, eine schöne, süß duftende Blume. Es ist, als sei die Sonne über dich hinweggegangen und habe ihre schönsten und wärmsten Strahlen bei dir zurückgelassen. Dein Auge ist dasjenige des Himmels, wenn er keine Wolke hat. Ich fühle, daß ich dich liebhaben werde. Wir sind jetzt allein. Der Neger wird in den Kleidern wühlen und lange Zeit brauchen, das Passende auszuwählen. Kein Mensch hört uns. Darum wollen wir einander mitteilen, was uns zu wissen not tut. Hattest du bereits einen Herrn?“
„Nein.“
„Hast du den Pascha gesehen?“
„Ja. Er war bei dem Händler, mich zu besichtigen.“
„Hast du Wohlgefallen an ihm gefunden?“
„O nein. Ich – ich – ich – hasse ihn!“
Tschita stieß das mit plötzlicher Leidenschaftlichkeit hervor, während ihre Augen sich mit Tränen füllten.
„Hat er dich beleidigt?“
„Nein; aber – aber – “
Tschita hielt errötend inne. Was sie hatte sagen wollen, das durfte sie ja nicht aussprechen. Da wandte sich Zykyma, die ihre dunklen Augen prüfend auf Tschita hatte ruhen lassen, mit einem siegesgewissen Lächeln zu ihr und sagte:
„Ich habe dich erst seit Minuten gesehen, und der Worte, die wir gesprochen haben, sind nur wenige, aber ich kenne dich dennoch bereits. Willst du aufrichtig mit mir sein?“
„Oh, gern!“
„Du liebst?“
Tschita blickte auf, zögerte zu antworten, schlug dann die Hände vor das Gesicht und brach in ein herzzerreißendes Schluchzen aus. Das war ihre einzige Antwort.
Die Stumme aber legte die verstümmelten Arme um sie und zog sie sanft an sich; auch ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Zykyma fragte jetzt nicht weiter. Sie benagte die Unterlippe mit den kleinen Zähnchen, als ob auch sie einen Schmerz zu verbeißen hätte. Plötzlich sprang sie von
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