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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begrüßen, jedenfalls aber auch zu dem Zweck, ihn und vor allen Dingen auch den Engländer streng im Auge zu behalten.
    Der Garten war groß. Süßer Blütenduft zog durch die Lüfte; hohe dichtkronige Bäume spendeten ihren Schatten, und die herrlichsten Blüten erfreuten das Auge des Beschauers. Dazu murmelten zahlreiche Springbrunnen ihre heimlichen Melodien und befeuchteten die Luft, damit sie die atmende Brust doppelt erquicke.
    „Gar nicht übel hier“, sagte der Lord. „Ich wollte, ich wäre Sultan. Ich bliebe gleich hier bei meinen Frauen und käme niemals wieder fort. Wo mögen sie nur stecken?“
    Sie schritten langsam, von dem Schwarzen gefolgt, einen breiten Kiesweg hinab. Es war keine menschliche Seele zu sehen, aber leise, fast unhörbare Laute erregten Steinbachs Aufmerksamkeit.
    „Zu sehen ist freilich niemand“, sagte er; „aber hören Sie nichts, Mylord?“
    „Hm, etwas, ja.“
    „Nun, was denn?“
    „Es klingt gerade wie ein unterdrücktes Kichern und Lachen, wenn wir an einem der Büsche vorübergehen.“
    „So ist es. Sie haben sich nicht getäuscht.“
    „Ich glaube, die Frauen stecken hinter den Sträuchern.“
    „Ganz sicher.“
    „Und lachen über – über – hm!“
    „Nun, über wen werden sie denn wohl lachen?“
    „Natürlich über mich“, antwortete er sehr aufrichtig. „Das freut mich königlich. Es ist das viel besser, als wenn sie über mich weinen müßten. Ich muß also ein ganz famoser Keri sein. Schau, dort unten kommen einige!“
    Es kamen ihnen jetzt in der Tat einige Verhüllte entgegen. Man konnte von ihrem Körper nicht das geringste sehen. Selbst das unter dem Schleier hervorblickende Auge war nicht zu erkennen.
    „Aladscha!“ sagte eine im Vorübergehen.
    „Was bedeutet dieses Wort?“ fragte der Lord.
    „Scheckig.“
    „Sie meinen also mich!“
    Aus einem Seitenpfad bogen zwei andere ein. Sie blieben stehen, um die Männer vorüber zu lassen.
    „I-a buruna! Nassyl dschewitzly!“ hörte man dabei die eine zur andern sagen.
    „Was meinte die?“ fragte der Engländer.
    „Lassen wir das lieber.“
    „Warum?“
    „Es ist besser, wir lassen sie reden.“
    „Natürlich lassen wir sie reden; aber wissen will ich doch, was sie sagen. Also heraus damit. Das letzte klang wie Schwitzen oder so ähnlich. Ich schwitze doch nicht.“
    „Nein; sie sagte: Welch ein Näschen! Wie ein Nüßchen!“
    „Ja“, lachte der Lord. „Ich habe freilich ein allerliebstes, niedliches und zierliches Näschen. Ich glaube, ich mache den ganzen Harem unglücklich. Ich verdrehe den Weibern den Kopf, und nachher wollen sie von ihrem Sultan nichts mehr wissen.“
    „Halt!“ sagte jetzt der Oberwächter hinter ihnen. „Dort kommt die Prinzessin. Herr, du magst zu ihr gehen; dieser Engländer aber bleibt hier bei mir zurück. Ich werde über ihn wachen, daß ihm kein Leid geschieht.“
    Das war nun freilich ganz anders gemeint. Er wollte vielmehr aufpassen, daß der Lord kein Unheil anrichte. Der Oberwächter hatte mit der Hand nach einem Kreuzwege gedeutet, von welchem her sich zwei Frauen langsam näherten. Steinbach schritt ihnen entgegen. Was ihm noch nie begegnet war, das begegnete ihm jetzt; er fühlte sein Herz klopfen.
    Die beiden waren nicht so verhüllt wie die andern, sondern sie erschienen in der Kleidung die sie jedenfalls in ihren Gemächern zu tragen pflegten, in weiten Hosen, Pantöffelchen ohne Strümpfe und in vorn offenstehenden kurzen Jäckchen. Diese Stücke bestanden aus weißer feiner Seide und waren mit kostbarer Goldstickerei versehen. Die Frauen waren ganz gleich gekleidet, wie zwei Zwillingsschwestern, und ihre Gesichter waren verhüllt.
    Steinbach musterte sie bereits von weitem. Er erblickte volle herrliche Formen, elastische Bewegungen, kleine Füßchen und Händchen. Beide waren fein und dennoch rund und voll gegliedert, doch war die eine um ein weniges größer als die andere.
    Jetzt war er ihnen nahe. Er kreuzte die Arme über der Brust und verbeugte sich tief nach orientalischer Weise.
    „Bist du der Mann, den wir hier erwarten?“ fragte die Größere.
    Steinbach hatte noch niemals in seinem ganzen Leben einen solchen Wohllaut der Stimme gehört. Das klang so voll und doch so weich, so glockentönig und doch auch wieder wie weicher sympathischer Äolsharfenklang.
    „Ich bin es“, antwortete er.
    „So komm mit, und tritt in unsere Mitte.“
    Die Frauen hatten mit verschlungenen Armen vor ihm gestanden; jetzt ließen sie einander los,

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