Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
so daß er Platz zwischen ihnen fand, und kehrten langsam nach der Richtung zurück, aus der sie gekommen waren.
    Es war heller Tag und dennoch befand Steinbach sich ganz wie im Traum und hatte die Empfindung eines Menschen, der vom Himmel träumt und dem darob vor Entzücken und Seligkeit das Herz zerspringen möchte.
    Hier, im Haremsgarten des Großsultans, zwischen zwei unbeschreiblich schönen, entzückenden Frauengestalten! War das denn wirklich wahr? War es möglich?!
    Sie sprachen nicht. Sie schienen zu erwarten, daß er das Gespräch beginne. Die größere hatte eine aufgeblühte Teerose in dem kleinen fleischigen, warmtönigen Händchen, die andere drehte eine rote volle Nelke zwischen den schönen, wie aus der Hand des Bildhauers hervorgegangen Fingern.
    Die weichen, seidenen Hemdchen blickten unter dem offenen Jäckchen hervor. Er sah, wie sich unter den ruhigen Atemzügen die entzückenden Formen hoben und senkten. Ein feiner unbestimmbarer Duft ging von beiden aus. Wahrlich, Mohammed hatte ganz recht, daß er den Ort der Seligen mit schönen Frauen und Huris bevölkerte!
    Da schien ihnen das Schweigen doch zu lange zu dauern. Die Trägerin der Rose sagte:
    „Sind die Männer alle so schweigsam wie du?“
    Sie hatte schon vorhin nicht türkisch, sondern arabisch gesprochen. Er antwortete in derselben Sprache:
    „Ja, alle.“
    „Und doch habe ich gehört, daß sehr viele Freunde des Sprechens sind.“
    „Dann sind sie keine Männer.“
    „Dein Urteil ist streng, aber du magst recht haben. Hat der Großherr dir eine Botschaft anvertraut?“
    „Ja, doch nicht an zwei, sondern nur an Emineh, die schönste der Königstöchter. Welche von euch ist sie?“
    „Errate es!“
    Die holde Sprecherin nahm den Schleier ab. Dieser hatte eine fast unbändige Fülle heller Locken festgehalten, die nun weit über das alabasterglänzende Weiß ihres unverhüllten herrlichen Nackens herabfielen. Ein solches Gesicht hatte Steinbach noch nie gesehen; es war gar nicht zu beschreiben. Es war, als habe Gott aus Schnee, Morgenrot und Sonnengold eine Frauengestalt geformt, ihr den Odem der ewigen Liebe eingehaucht und sie nun auf die Erde gesandt, um alle Herzen und Sinne wonnetrunken zu machen. Das herrlichste aber waren die Augen. Sie waren von jenem tief gesättigten Blau, das man nur dann bemerkt, wenn an sonnenhellen Tagen kurz vor dem Abendrot ein kristallreines Wasser die tiefsten Töne des Himmels widerspiegelt. Und dabei funkelte und schimmerte es in diesen Augen, als seien sie von goldenen Fäden durchzogen und mit mikroskopischen Diamanten bestreut, die in elektrischer Beleuchtung funkelten.
    Auch die andere hatte den Schleier abgenommen. Sie war dunkel, schön, sehr schön. In ihren Augen lag eine innige, ruhige, selbstbewußte Wärme. Es glänzte aus ihnen: Ich bin schön und will glücklich machen. Das weiche und dichte Haar schmiegte sich innig an die hohe blütenreine Stirn und floß nun in Wellen über die vollen Schultern herab. Wahrlich, auch diese war entzückend!
    „Also, welche ist es?“ fragte die Blonde, während tausend Schalke neckisch über ihr Gesicht flogen.
    Steinbach fühlte sich von soviel Schönheit geradezu übermannt. Schnell und ohne Bedenken antwortete er:
    „Du bist es, du selbst! Keine andere kann es sein.“
    „Warum keine andere?“
    „Tausende preisen die Schönheit Eminehs, und Abertausende schwören, daß sie von keiner anderen erreicht werde. Dir nur ist keine gleich, folglich bist du Emineh.“
    Da glitt ein mildes, liebenswürdiges Lächeln über das Antlitz des Mädchens; sie nickte der Blonden freundlich zu:
    „Schau, das Urteil ist gefällt! Keine von beiden gab zu, die schönere zu sein; nun aber ist es entschieden.“
    „Oh, auch du bist schön“, sagte er, „so schön, wie ich noch keine gesehen habe. Du darfst mir nicht zürnen!“
    „Ich zürne dir nicht. Wenn man von Emineh so viel erzählt, so wirst du vielleicht auch vernommen haben, daß ihr Herz frei von solchen Regungen ist.“
    Er erschrak und fuhr um einen Schritt zurück.
    „Allah! Höre ich recht?“ fragte er.
    „Was hast du gehört?“
    „Du bist die Prinzessin? Du?“
    „Ja, ich bin sie.“
    „Dann sei barmherzig, sei gnädig!“
    Er wollte das Knie vor ihr beugen; da aber legte sie ihm schnell die Hand auf den Arm und sagte:
    „Nicht so, nicht so! Du bist ein Mann, und ein Mann soll sich nicht vor einem fremden Weib beugen. Du hast mich nicht beleidigen wollen; du hast die Wahrheit gesagt.

Weitere Kostenlose Bücher