49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
Die Freundin ist schöner; sie ist himmlisch schön, und ich bin irdisch schön. Das ist der Unterschied. Wunderst du dich nicht darüber, daß zwei Frauen mit einem Mann in dieser Weise von Schönheit sprechen?“
„Was Engel tun, ist nie zu verwundern!“
„Du bist so höflich, daß man dich für einen Franken halten könnte. Du hast uns gepriesen, und darum kann ich auch dir sagen, daß du ein Mann bist, wie ich noch keinen gesehen habe. Du hast das Aussehen eines Helden und doch das Lächeln eines Kindes. Es kann für viele gefährlich sein, dich anzublicken. Darf ich jetzt die Botschaft des Großherrn hören?“
„Es ist so schwer, von ihr zu sprechen. Ist dir noch nichts darüber mitgeteilt worden?“
„Ich habe gehört, daß der Vizekönig von Ägypten mich zur Sultana begehrt, und daß ein unbekannter geheimnisvoller Fremder sich in Stambul befindet, um diesen Wunsch des Khediven der Erfüllung entgegenzuführen. Bist du der Fremde?“
„Ich bin es.“
„Darf ich deinen Namen erfahren, dein Vaterland und den Rang der dir verliehen ist?“
„Ich bitte dich, mir zu erlauben, darüber zu schweigen. Gestatte mir lieber dafür, dir dies zu überreichen.“
Er zog ein kostbares Etui aus dem Gürtel und gab es ihr.
„Von wem ist es?“ fragte sie.
„Von dem, der Allah ewig danken würde, wenn es ihm gelänge, dein Herz zu gewinnen und zu besitzen.“
„Soll ich das Etui hier wohl jetzt öffnen?“
„Ich soll dich sogar bitten, es in meiner Gegenwart zu tun.“
Die Prinzessin nahm den Inhalt heraus. Es war das reich mit Diamanten geschmückte Elfenbeinporträt des Vizekönigs von Ägypten. Lange, lange Zeit betrachtete sie es gedankenvoll, und es zog eine leise Röte langsam und erwärmend über ihr schönes Angesicht.
„Hat der Künstler gut getroffen?“ fragte sie endlich.
„Ganz genau, und ohne zu schmeicheln.“
„Wie gefällt dir dieser Kopf?“
Damit reichte sie das Porträt der andern hin. Diese betrachtete es aufmerksam.
„Die Züge sind sehr sympathisch und erwecken Vertrauen“, antwortete sie lächelnd.
„Das habe auch ich gefühlt. Wie sind doch die Frauen des Abendlandes zu beneiden, die nach der Stimme ihres Herzens zu wählen vermögen! Wir hingegen sind fast willenlos und müssen den Befehlen gehorchen, die über den Besitz sowohl unserer Körper als auch unserer Seele, unserer Gefühle entscheiden. Und doch sind wir nicht schlechter als unsere Schwestern im Ausland! Auch wir denken und fühlen; auch wir wünschen und wollen; auch wir können lieben oder hassen und verachten; auch wir haben die Fähigkeit, glücklich oder unglücklich zu sein! Ach, wie oft schon habe ich allen meinen Mut und Widerstand aufbieten müssen, um nicht verschenkt oder verkauft zu werden wie ein leb- und willenloser Gegenstand!“
Das klang so bitter, so klagend, und wie aufrichtig war sie hier im Harem einem fremden Mann gegenüber, der sich sogar geweigert hatte, ihr seinen Namen zu nennen! Steinbach fühlte sich zu ungeteilter Hochachtung hingerissen, mit der sich ein aufrichtiges Mitleid mischte. Mehr aus Teilnahme, als um eines diplomatischen Vorteils willen sagte er jetzt:
„Vielleicht hast du sehr bald wieder gegen einen ähnlichen Angriff zu kämpfen.“
„Das wolle Allah verhüten! Hast du so etwas vernommen?“
„Ja. Doch ist es gegen die Sitte und gegen die Gesetze des Harems, davon zu sprechen.“
„Es ist auch gegen die Gesetze des Harems, daß du hier Einlaß gefunden hast. Nun da du da bist und mein Angesicht schauen durftest, darf ich dich auch ersuchen, mir zu sagen, was du gehört hast.“
„Der Großwesir will deine Hand verschenken.“
„Der? An wen?“
„An den Bei von Tunis.“
„An Mohammed es Sadak Bei? Scherzt du?“
„Ich spreche die Wahrheit.“
„Der Bei ist alt und hat viele Frauen!“
„Was fragt ein Großwesir danach!“
Emineh war bleich geworden. Ihr Busen arbeitete heftig unter der Bewegung, die sich ihrer bemächtigt hatte. Erst nach einer Weile reichte sie ihm die Hand und sagte:
„Ich danke dir! Ich hatte keine Ahnung von dieser Absicht des Wesirs. Du hast mir einen großen Dienst erwiesen, und ich wünsche, dir dankbar sein zu können.“
Steinbach zog das warme, zuckende Händchen an seine Lippen.
„Hast du den Auftrag, eine Antwort von mir zu bringen?“ fragte sie dann weiter.
„Der Vizekönig will sich nur an dein Herz wenden; wann dieses aber sprechen wird, konnte er nicht wissen.“
„Er ist edel. Ich habe Briefe
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