49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
geworfen und werde dies niemals vergessen.“
Sie errötete.
„Du wirst andere sehen“, sagte sie lächelnd, „und die Einsame im Harem zu Stambul bald vergessen.“
„Nie, nie“, rief er feurig. „Ich habe dich erblickt und bin dein Eigentum. Meine Seele, mein Herz gehört dir; ich werde nur noch im Gedanken an dich leben und atmen. Ich tue keinen Schwur, denn ich bin ein Mann, dessen Wort als Schwur gilt; aber ich sage dir, daß mein Mund nie die Lippen eines Weibes berühren wird. Ich werde einsam leben und einsam sterben. Allah hat es so gewollt.“
Da stand sie auf, legte ihm die Spitzen ihrer Finger auf die Achseln, blickte ihm still und stumm in die Augen und zog dann die Rose, die sie am Busen befestigt hatte, aus dem Heftel.
„Du hast recht“, sagte sie leise. „Allah gebietet, und wir müssen gehorchen. Nimm diese Rose und denke mein! Mein Leben wird so einsam sein wie das deine!“
Da blitzten seine Augen auf.
„Was höre ich?“ rief er. „Rede! Sprich! Bist du ein Weib des Großherrn?“
„Nein.“
„Eine Tochter?“
„Auch nicht.“
„Eine Schwester, Verwandte?“
„Bitte, frage nicht!“
„Oh, ich muß fragen; ich muß, muß! Hast du einen Bräutigam, dem du bestimmt bist?“
„Ja.“
„Liebst du ihn?“
„Nein.“
„Und hat dein Herz bereits für einen anderen gesprochen?“
„Nein. Nun aber frage mich nicht weiter.“
Sein Atem ging hörbar; sein Gesicht hatte sich gerötet, und seine beiden Fäuste lagen ganz unwillkürlich an den Kolben der Pistolen.
„Nein, ich werde nicht fragen, aber ich werde handeln“, sagte er entschlossen. „Die Liebe ist wie der Blitz, der vom Himmel kommt; sie ist da, und keiner kann ihr widerstehen. Allah ist es, der sie sendet, und ihm muß der schwache Mensch gehorchen. Du bist zwar ein Weib, aber dein Herz ist stark. Wirf alles, alles beiseite, und sage mir, ob ich dich wiedersehen kann.“
Auch ihre Augen leuchteten auf. Es überkam sie wie eine Gewalt, der sie nicht zu widerstehen vermochte.
„Warum willst du mich wiedersehen?“ fragte sie bebend.
„Weil ich dir gehöre, weil dein Leben und mein Leben nur ein Leben sind; weil meine Seele verschmachten wird ohne dich. Ich habe noch nie geliebt. Jetzt ist es zum ersten Mal über mich gekommen, und zwar mit einer Macht, gegen die kein menschlicher Wille und keine menschliche Kraft anzukämpfen vermögen.“
„Willst du mich entführen?“
„Ja.“
„Dein Leben wagen?“
„Ja. Habe ich es vorhin einer Bestie wegen gewagt, so würde ich es für dich millionenmal hingeben!“
„Aber du kennst mich ja nicht!“
„Ich liebe dich, also kenne ich dich. O bitte, antworte schnell, schnell, ehe die Prinzessin kommt!“
„Nun gut! Du sollst mich wiedersehen.“
„Wann?“
„Wünschst du es bald?“
„Ja, bald, so bald wie möglich! Sage mir, daß du mit mir gehen willst, jetzt gleich, so reiße ich die Mauer ein und nehme dich am hellen Tage mit mir fort!“
Es war ein mächtiges, übermächtiges Gefühl, das so plötzlich über ihn gekommen war. Er befand sich wie in einem Rausch, einem Taumel.
Und als sie jetzt erwiderte:
„Das ist unmöglich“, da rief er feurig: „Ich mache alles möglich, alles; nur sage mir, wann ich dich wiedersehen soll!“
In ihren Augen begann es wiederum wie Goldfäden und Diamantenflimmer zu glitzern, ein halb begeistertes, halb schelmisches Lächeln legte sich um den schönen, üppigen Mund.
„Soll es vielleicht noch heute sein?“ fragte sie leise.
„Ja, heute noch, heute! Ich bitte dich, um Allahs willen!“
„Nun wohl denn, so komm! Wenn die Dämmerung so dicht geworden ist, daß man auf zwanzig Schritt Entfernung keinen Menschen erkennen kann, so gehe hier am Harem vorüber, am hinteren Tor des Gartens, das nach Tarlabachi führt.“
„Kannst du hinaus?“
„Ja.“
„Allah sei Dank! Du hast einen Schlüssel?“
„Nein; aber es wird mir geöffnet werden.“
„Und wenn ich dich nun nicht treffe, nicht sehe?“
„Ich werde bestimmt da sein; ich warte auf dich am Tor.“
„Oh! Ist es denn so sehr leicht, aus dem Serail und dem Harem des Sultans zu entkommen?“
„Für mich ist es nicht schwer. Frage jetzt nicht weiter.“
„Du sollst diesen Ort hier nicht wiedersehen. Ich nehme dich mit; ich sende dich noch während der Nacht von Stambul fort und eile dir dann nach, um mich nie wieder von dir zu trennen.“
Steinbach hatte in seiner Begeisterung ihre beiden Hände ergriffen, und sie ließ ihm
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