5 1/2 Wochen
in diese Gegend kommt um für vier Wochen ins Kloster zu gehen. Auf diese Idee kam er, während er „seinen“ Camino Francés gelaufen ist. Seitdem ist der Klosteraufenthalt für ihn die allerbeste Möglichkeit, zu sich zu kommen und Kraft zu tanken. Er lässt sich während dieser vier Wochen komplett und mit allem Drum und Dran auf dieses Leben ein. Er hat meinen vollen Respekt, aber zum jetzigen Zeitpunkt könnte ich mir das für mich nicht vorstellen. Ich erfreue mich auf dem Jakobsweg jeden Tag aufs Neue an den unterschiedlichsten Menschen und Situationen - wenn auch manchmal erst im Nachhinein.
Gerade als ich mich verabschieden will, lerne ich die Mutter der Wirtin kennen. Diese ungefähr einen Meterfünfzig kleine Frau, hält einen Schlüssel in der Hand, der so groß ist, als passte er in ein Kathedralen-Tor. Fasziniert frage ich sie, welche Tür sie mit solch einem Schlüssel aufschließt. Entgeistert und überrascht darüber, wie ich so eine Frage stellen kann, schaut sie mich an und sagt lachend: „Mi puerta de entrada, qué más (meine Haustür, was sonst)?“ Tja, mit dem kleinen Handtäschchen kann diese Frau nicht zum Dinner in die City fahren - soviel steht fest.
Also, ich will nicht falsch verstanden werden, aber die Häuser in El Ganso sind so klein und dieser Schlüssel ist so groß... Allerdings sind die „teitadas (mit Stroh bedeckte Häuser)“ auch vorrömischen Ursprungs und dieser Schlüssel ist mit Sicherheit viele, viele Jahre alt und möglicherweise vielleicht sogar sehr, sehr wertvoll. Wer weiß!?
Ein Blick zurück in das Örtchen macht mir nochmal deutlich, dass es sich nicht gerade um eine reiche Gegend handelt. Früher war die Maragatería, mit ihrer ganz eigenen Architektur und Kultur, als Gebiet der Maultiertreiber bekannt. Die Dörfchen hatte man teilweise schon aufgegeben. Durch den Jakobsweg jedoch haben sie eine rettende Einnahmequelle gefunden. Hier findet man sicher keine Millionäre. Es zählen andere Werte. Die beiden Frauen zum Beispiel betreiben mit viel Herzblut ihre kleine Bar und genießen den Kontakt zur großen, weiten Welt in Form der Pilger, die immer spannende Geschichten zu erzählen haben - oder blöde Fragen stellen.
Um 12.15 Uhr ziehe ich los Richtung Rabanal del Camino. Der stetige Anstieg in die Montes de León ist nicht mehr zu übersehen. Während Santa Catalina noch auf 997 Metern über dem Meeresspiegel liegt, werden es nach den nächsten sieben Kilometern in Rabanal del Camino schon 1149 Meter sein.
Die letzten Kilometer bis zu diesem Ort führen die Fußpilger von der Landstraße weg durch ein Waldgebiet, das abgezäunt ist. Ich erinnere mich mit einem mulmigen Gefühl an den Hinweis meines Reiseführers, dass hier noch Wölfe leben. Da ich keine abgerissenen Körperteile finde, beschließe ich, ganz ruhig zu bleiben. Ruddi läuft ja auch entspannt vor mir her. Der Himmel hat seine Schleusen übrigens immer noch nicht geschlossen. Es ist sehr anstrengend diesen Weg durch die ursprüngliche Natur zu bewältigen. Er ist überaus uneben, steinig und schlammig. Das ist wohl der Grund dafür, weshalb Radpilger auf der Landstraße weiterfahren sollen. Nach langer Zeit erfordert das Gehen wieder meine volle Konzentration.
Glücklich und zufrieden, ohne auch nur einen Wolf heulen gehört zu haben, spaziere ich in eine Bar. Die Stimmung ist großartig, alle Tische sind besetzt. Ich wähle einen freien Stuhl und lasse mich nach zustimmenden Blicken bei vier Pilgerkollegen, die ich vorher noch nie gesehen habe, nieder. Schnell komme ich mit einem der beiden Pärchen ins Gespräch. Mir fällt auf, dass das andere Paar sehr still und zurückhaltend ist. Sie sind ungefähr dreißig Jahre alt und schauen mich ab und zu verstohlen an. Was mögen die denn bloß haben? Stimmt was nicht mit mir? Bin ich nicht schick genug? Oder ist die Hundedecke nicht sauber genug? Ich weiß es nicht! Am besten ignorieren.
Mir fällt auf, dass sich die meisten etwas zu essen bestellt haben und gönne mir tatsächlich eine Portion Fritten mit Mayo. Heimatgefühl! Super Idee, die sind richtig lecker! Ganz versunken in diesen außergewöhnlichen Snack, von dem Ruddi ab und zu auch ein Stückchen unter dem Tisch findet, nehme ich nur am Rande war, dass das gesprächigere Pärchen sich verabschiedet. Ich weiß nicht warum, aber jetzt tauen die beiden Jüngeren von einem Moment auf den anderen auf. Ich frage nicht und sie äußern sich nicht über ihre Beweggründe, sich bis eben
Weitere Kostenlose Bücher