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5 1/2 Wochen

5 1/2 Wochen

Titel: 5 1/2 Wochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Kürten
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Hang wurde dann für Pilger gesperrt, bis er wieder trocken und sicherer ist. Mir wird im Nachhinein noch ganz schlecht, wenn ich darüber nachdenke, dass ich die Gefahr selbst nicht erkannt habe. Danke, Hermann!
    Erst gegen 11.00 Uhr kommen wir aus den Puschen. Der Poncho muss wieder angezogen werden. Es regnet immer noch, aber es stört mich nicht mehr so sehr. Man gewöhnt sich ja an alles. Ruddi darf wieder in sein Häuschen. Das sieht mit dem blauen Müllsack ein bisschen aus wie ein Zelt mit Vordach. Wenn das kein Komfort ist...!
    Der Weg verläuft heute Morgen weiter so wie er gestern Abend endete. Ruddi hält es nicht lange durch stillzusitzen. Kann ich nachvollziehen. Ist auf die Dauer ja auch langweilig. Ich setze mich hartnäckig für ihn ein. Hermann ist dagegen, dass Schnurzel durch den Regen läuft. Ich muss tatsächlich sehr ernst werden und ihn daran erinnern, dass das wohl immer noch - trotz aller Dankbarkeit - meine Entscheidung ist. Letzten Endes einigen wir uns friedlich und mein Hund wird in die Freiheit entlassen.

    Nach nur wenigen Minuten sieht er aus, als wäre er seit Wochen in diesem Dreck unterwegs. Selbst oben auf seinem Rücken sind Dreckspritzer. Aber wenn ich das große Ganze betrachte, sehen Hermann und ich auch nicht besser aus. Es bleibt die Hoffnung, dass es später weniger matschig ist und der Regen uns alle drei wieder sauber macht.

    Frohen Mutes sind wir auf dem gut fünf Kilometer weiten Weg nach Larrasoaña. Wenn es zu steil ist sind auch mal Stufen aus Holz eingebaut. Die sind allerdings mit größter Vorsicht zu genießen, weil sie nass sind. Die werden so rutschig wie Glatteis. An solchen Stellen bin ich besonders dankbar für meine Wanderstöcke.
    Kurz vor dem Ort gibt es eine große Hinweistafel, vor der wir uns einen Moment aufhalten. Wir wollen uns in Larrasoaña nach dem anstrengenden Stück Weg und fast zwei Stunden Laufzeit eine Pause gönnen und in einer gemütlichen Bar Café con leche trinken. Der Camino ist hier eindeutig gekennzeichnet. Auch diesen Ort erreicht man über eine uralte Brücke.
    Gerade setzen wir uns in Bewegung als, ganz entgegen seiner Gewohnheit, Ruddi bellend auf einen Mann zuläuft, der nicht sehr freundlich dreinschaut. Er trägt lumpige Kleidung. Die hochgekrempelte Hose gibt seine Waden frei. Er hat dunkle, in Falten liegende Socken und Holzklumpen an den Füßen und deutet an, nach Ruddi zu treten wenn er ihm näher kommt. Wahrscheinlich hat er Angst, gebissen zu werden. Ich will ihm verzeihen. Er kennt meinen Hund ja nicht - der weiß doch gar nicht, dass er zubeißen könnte. Ich ließe es an der Stelle des Mannes bestimmt auch nicht darauf ankommen. Im letzten Moment dreht Ruddi ab und kommt zu mir zurück.
    Die Situation ist wieder entspannter. Der Spanier will uns weismachen der Pilgerweg verliefe nicht über die Brücke. Wir müssten links abbiegen und einfach weiter geradeaus gehen. Ich entgegne, dass es doch Hinweisschilder gäbe. Aber er zeigt mit seinem Stock wild fuchtelnd in die andere Richtung und gibt uns mürrisch zu verstehen, besser nicht in diesen zu Ort gehen. Das sei kein Platz für Pilger. Tja, was soll ich sagen? Wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder schlägt Hermann den Typen k.o. oder der alte Knacker vermöbelt uns mit seinem Stecken. Beides passt nicht in unseren Plan, gemütlich in einer Bar in Larrasoaña zu sitzen. Also geben wir nach und verschieben die Pause. Wir können uns nicht erklären, was das für eine Aktion gewesen ist. Das bleibt das Geheimnis des alten Señors.
    Jetzt ist der Weg wesentlich gemäßigter, flacher. Der Regen hat fast aufgehört. Mit dem bisschen „Mullematsch“ werde ich doch spielend fertig. Hermann will jetzt auch mal vorgehen. Hier kann ja nichts passieren. Denkste! Der einfurchige Feldweg, über den wir gerade laufen, ist mir zu unbequem. Die Füße passen nicht nebeneinander in die Spur, nur voreinander. Ich komme mir vor wie ein Model, das auf dem Laufsteg den neuesten Poncho vorführt! Außerdem droht man einzusinken. So stelle ich mir das Moor vor. Also gehe ich am Wegesrand über sehr lange und breite platt geregnete Grashalme. Mir ist durchaus bewusst, dass es hier sehr glatt sein kann, zumal der Rand des Weges nach innen abfällt. Ach, was soll's? Wird schon gutgehen! Oder auch nicht! Ich rutsche gaaaanz langsam ab und kann das Unheil auch nicht mehr aufhalten.
    In Zeitlupe lege ich mich auf die Seite in den Matsch. Wie ein umgekippter Käfer liege ich im Dreck und

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