5 1/2 Wochen
einer Dusche.
Gleicher Tag (insgesamt 62,6 km gelaufen)
Villava (9575 Einwohner), 430 m üdM, Navarra
Hotel, Doppelzimmer, 35 Euro pro Person inklusive Frühstück
Wir erreichen die mittelalterliche Brücke und ich möchte die Informationstafel umarmen. Da steht es drauf: Pamplona! Wir machen ganz viele Fotos, begrüßen euphorisch jeden, der vorbeikommt.
Fast fangen wir an zu singen. Die Freude ist übermäßig. Warum auch immer. Vielleicht ist das ein Pilger-Koller.
Zehn Minuten später gehen wir über die Brücke und auf die Suche nach einem Hotel. Da entdecke ich einen Hinweis, dass wir nicht in Pamplona sind, sondern in Villava. Wir zweifeln an der Richtigkeit dieses offiziellen Schildes. „Wir sind in Pamplona, da redet uns keiner rein, verdammt nochmal!“ Immer noch glücklich mache ich Fotos von der wunderschönen Brücke, die über den Rio Ulzama führt.
Ehrfürchtig ziehen wir in die Innenstadt ein. Im tiefsten Herzen erwarte ich an dieser Stelle mindestens eine Blaskapelle, die uns würdig empfängt. Aber die hatten wahrscheinlich keinen Termin mehr frei. Pamplona ist so schön, gar nicht so groß, wie Hermann dachte. Super! Mir ist auch gar nicht nach Großstadt. So wie es ist, ist es schön. Da entdecke ich voller Entrüstung schon wieder einen Hinweis, dass das hier „Villava“ heißt. Wir philosophieren darüber, dass die Stadt Pamplona früher so geheißen haben könnte und die Einwohner vielleicht, die Geschichte weiterleben lassen wollen. Boah, kann der Pilger bekloppt sein!
Als wir in einer Bar sitzen und erst mal zur Beruhigung ein Bier trinken, verteilt jemand Schlüsselmäppchen an eine Gruppe Spanier, die vor der Theke zusammensteht. Ich denke so bei mir: „Schenk mir doch bitte auch so ein Mäppchen. Ich würde mich so sehr über ein Andenken an Pamplona freuen.“ Die Aussicht darauf ist gering. Er hat bereits alle verschenkt. Diese Bar ist ziemlich klein und proppenvoll. Es ist Freitagabend. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen zu sein. Die Spanier zeigen uns ihr Temperament. Lautstark wird erzählt, geschimpft und gelacht. Die Leute kommen rein, trinken ein Glas „Irgendwas“, gehen wieder raus und kommen auch gerne mit einem oder mehreren Freunden wenige Minuten später wieder hereinspaziert - wie im Taubenschlag. Erdnüsse und Tapas werden gegessen und viel getrunken. Die meisten Spanier rauchen. Die Erdnussschalen, Servietten, Kippen und sogar leere Zigarettenschachteln werden einfach auf den Boden geschmissen. Der Fernseher läuft auf voller Lautstärke. Spielautomaten mischen sich in die aufregenden Gespräche mit ihrem Gepiepse ein. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus und frage mich, wo wir hier gelandet sind. Ich hätte es gerne ein bisschen besinnlicher. Hermann ist viel gereist und war auch schon oft in Spanien. Er kennt die Gewohnheiten in den spanischen Bars und erklärt mir, dass das hier normal ist.
Ungefähr nach einer, vielleicht auch zwei Stunden bezahlt Hermann wieder mal die Rechnung. Ich kann nichts dagegen machen, er besteht darauf. Er kommt zurück und drückt mir etwas in die Hand. „Das habe ich gerade geschenkt bekommen. Eins für Dich und eins für mich“, erklärt er mir. Ich traue meinen Augen nicht! Es ist genau so ein Schlüsselmäppchen, wie ich es mir vor ein paar Minuten noch gewünscht habe. Ich freue mich ein Loch in den Bauch. Ich schaue es mir genauer an und erkläre es ab sofort zum Portemonnaie. „Och, guck mal, da ist ein Pilger drauf abgebildet und es hat auch eine Aufschrift. Hier steht: „Cafeteria Paradise, Telefonnummer..., Calle Mayor 37, VILLAVA!!!“
Es ist nicht schön, wenn man aus seinen Träumen gerissen wird, aber dann kann man wenigstens überlegen, wie man weiter verfährt. Wir sind nicht in Pamplona, sondern in Villava. Der Reiseführer deklariert Villava als Vorort von Pamplona, deswegen ist die Stadt auf der Hinweistafel mit aufgeführt. Als das Entsetzen weicht schütteln wir uns wieder vor Lachen und denken gar nicht daran, heute noch die fast fünf Kilometer bis Pamplona zu laufen. Hermann kann und will bis morgen auf seinen Rucksack verzichten - der wartet ja in Pamplona - Villava ist unser „gefühltes Pamplona“, also sind wir am Etappenziel. Basta!
Darauf trinken wir erst mal einen. Irgendwann raffen wir uns auf. Außerhalb des Stadtkerns finden wir ein großes Sterne-Hotel, in dem wir übernachten wollen. Auf dem Weg dorthin erzähle ich Ruddi, dass ich ihn „schmuggeln“ werde: „Niemand
Weitere Kostenlose Bücher