5 1/2 Wochen
jeden Abend dasselbe ist.
Dienstag, 22. April 2008
Villamayor de Monjardín (132 Einwohner), 645 m üdM, Navarra
8. Etappe bis Viana 31,4 km
Heute Morgen ist früh aufstehen angesagt. Es ist so gegen sechs, als sich die ersten Pilger auf den Weg machen wollen. Alle, die die Herberge verlassen möchten, kommen durch „mein Zimmer“, schon allein deshalb, weil sie ihre Wanderschuhe aus dem Regal holen müssen und sich diese, wie selbstverständlich, vor meiner Nase anziehen. Zu allem Überfluss schimpfen sie noch aufgeregt darüber, dass die dicke Holztür zur Freiheit verschlossen ist. Niemand kann sie öffnen. Entweder sind die blind und sehen mich nicht auf meiner Matratze liegen oder die sind der Meinung, dass ich den Schlüssel unter meinem Kopfkissen habe. „Merkt Ihr nicht, dass es eindeutig zu früh ist? Selbst die Herbergsleute sind noch nicht betriebsbereit!“ geht es mir durch den Kopf. Aber ich versuche so zu tun als ob ich schlafe - brumme ein bisschen rum. Die, die schon da sind versuchen daraufhin zwar zu flüstern, aber es kommen ständig neue nach, die meinen Erfolg wieder zunichte machen. Ungefähr nach einer halben Stunde gebe ich mich geschlagen. Die Tür ist immer noch verschlossen und die Aufregung groß. Ich pelle mich aus meinem Schlafsack und begebe mich erst mal ins „Badezimmer“. Ruddi tut weiterhin so als ob er schläft. Das Waschbecken ist frei. Kein Wunder, die sind ja alle bei mir unten und kratzen an der Tür.
Hier oben treffe ich Ina. Sie fragt ob wir gleich losgehen können. Ich stimme zu - bin froh wenn ich hier weg bin. Nach zehn Minuten drängele ich mich wieder durch die Meute zu meinem Nachtlager, räume meine Sachen zusammen und kann es dann allerdings auch nicht mehr erwarten, bis uns jemand hier raus lässt. Kurz vor sieben ist es dann soweit. Ina, Ruddi und ich gehen zum Frühstück, das im selben Raum serviert wird, wie das Abendessen. Selbstverständlich ist mein Hund „undercover“ dabei. Trotz aller Widrigkeiten gebe ich gerne zu, dass die christlichen Herbergseltern ihre Schäfchen sehr gut versorgen. Und ich möchte zum Abschluss noch anmerken, dass ich die Schlafräume nicht beurteilen kann. Die anderen Pilger sehen jedenfalls zufrieden aus. Meine Schwierigkeiten in dieser Herberge basieren auf der Tatsache, dass ich mit einem Vierbeiner unterwegs bin.
Dann machen wir uns zusammen auf den fast 13 Kilometer langen Weg nach Los Arcos. Bis dahin gibt es keine Versorgungsmöglichkeit. Ich kaufe mir also noch ein Croissant und eine Flasche Wasser für unterwegs, damit ich das auch überlebe. Ina, Ruddi und ich stiefeln kurz vor acht los. Meine Begleiterin hat Blasen an den Füßen, die sich zum Teil bereits entzündet haben. Sie war schon mehrmals in der Apotheke und hat sich verarzten lassen. Hoffentlich werden ihre Beschwerden nicht größer.
Der Wettergott hat uns lieb und lässt die Sonne scheinen. Die Temperaturen sind sehr angenehm. Wir gehen viele Kilometer auf guten landwirtschaftlichen Wegen. Momentan haben wir das gleiche Tempo. Wir unterhalten uns ab und zu ein bisschen, aber nicht die ganze Zeit. Jeder kann seinen Gedanken nachhängen. Ich bin sehr gespannt, wo wir heute Abend landen. Wir wollen uns zusammen in Viana ein Hotel- oder Pensionszimmer mieten. Wenn alles gut geht, laufen wir heute 31,4 Kilometer. Danach weiß ich dann auch, wie Hermann sich gestern nach seiner langen Etappe gefühlt hat. Die Landschaft ist jetzt nur noch leicht hügelig. Der Blick kann in die Feme schweifen. Ich genieße es sehr, soweit gucken zu können. Ich sehe nichts als Felder und Wiesen durch die sich der Camino schlängelt.
Plötzlich und unerwartet - nach ungefähr drei Stunden Wanderung . erkennen wir in der Ferne ein Wohnmobil. Ist das eine Fata Morgana? Die Spannung steigt, als wir immer näher kommen. Das Staunen ist groß, als wir freudig empfangen werden: „Hola! Cómo están (wie geht es Euch)? Sind Eure Füße in Ordnung? Kann ich irgendetwas für Euch tun? Ich habe Pflaster, Salben und Verbände. Wollt Ihr einen Kaffee, Tee oder Wasser? Wollt Ihr Euch ein bisschen hinsetzen?“ Es ist ein temperamentvoller, sehr gut gelaunter Señor, der uns mitten in der Wildnis so gastfreundlich auf Spanisch, gemischt mit ein bisschen Englisch, empfängt, nachdem er gerade ein paar Pilger verabschiedet hat. Vor seinem Wohnwagen stehen einige Klapphocker, die wir sehr gerne in Anspruch nehmen. Auf dem kleinen wackeligen Campingtisch serviert er uns Kaffee. Wir
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