5 Auch Geister können sich verlieben
liebt. Unmöglich. Jesse liebte mich. Es musste einfach so sein. Nur dass ihn etwas – oder jemand – davon abhielt, es zuzugeben …
Ich beschloss ihm ein wenig auf die Sprünge zu helfen, damit er endlich das Geständnis ablegte, auf das ich schon so lange wartete.
»Weißt du«, sagte ich und wagte es nicht, ihm in die Augen zu sehen, sondern starrte weiterhin auf seine Hand. »Wenn du mir etwas sagen möchtest, dann mach das ruhig. Du kannst mir auch alles sagen.«
Ich hätte schwören können, dass er etwas sagen wollte. Wirklich! Als ich es endlich schaffte, den Blick zu heben, und unsere Augen sich trafen, passierte etwas zwischen uns. Ich kann es nicht näher beschreiben, aber da war was. Jesse öffnete leicht die Lippen, um etwas zu erwidern – aber da ging plötzlich meine Zimmertür auf und CeeCee stürzte herein, dicht gefolgt von Adam. Beide wirkten ziemlich aufgebracht und hatten stapelweise Plakatpapier unter dem Arm.
»So, Suze«, sagte CeeCee kurz angebunden. »Genug getrödelt. Höchste Zeit, dass wir uns ums Geschäft kümmern. Sonst kriegen wir von Kelly und Paul die Hucke voll. Wir müssen uns einen Werbeslogan einfallen lassen, und zwar ratzfatz. Wir haben nur noch einen Tag bis zur Wahl.«
Jesse und ich blinzelten CeeCee gleichermaßen verblüfft an. Dann ließ Jesse meine Hand los, als stünde sie in Flammen.
»Hallo, CeeCee, hallo, Adam«, sagte ich. »Nett von euch, dass ihr vorbeischaut. Aber schon mal was davon gehört, dass man anklopfen kann, bevor man irgendwo reinstürmt?«
»Ach komm schon, wieso hätten wir klopfen sollen?«, erwiderte CeeCee. »Damit wir dich und deinen tollen Jesse nicht stören oder was?«
Jesse zog verwundert die Augenbrauen hoch.
Ich errötete heftig – schließlich wollte ich nicht, dass er erfuhr, dass ich mit meinen Freunden über ihn geredet hatte. »Halt die Klappe, CeeCee.«
Aber CeeCee, die das Papier auf den Boden geschmissen hatte und nun Leuchtstifte nach allen Seiten verteilte, dachte gar nicht daran, die Klappe zu halten. »Wir wussten doch, dass er nicht hier sein kann. Steht doch kein Auto vor dem Haus. Außerdem hat Brad gesagt, wir könnten ruhig hochgehen.«
Na klar. Brad.
Adam hatte mittlerweile die Rosen erspäht und pfiff durch die Zähne. »Sind die von ihm? Von Jesse, meine ich? Also, wer auch immer dieser Jesse sein mag, Stil hat er jedenfalls.«
Wie Jesse das nun aufnahm, wusste ich nicht – ich traute mich nicht, in seine Richtung zu blicken.
»Ja«, sagte ich, um mir jede mühselige Erklärung zu sparen. »Also, ihr beiden, das passt mir jetzt wirklich nicht so gut …«
»Iiiih!« CeeCee hatte sich neben die Plakate auf den Boden gesetzt und damit einen guten Blick auf meine Füße. »Das ist ja widerlich! Deine Füße sehen aus wie bei diesen Typen, die sie neulich vom Everest runtergerettet haben.«
»Die hatten Frostbeulen«, widersprach Adam und bückte sich, um meine Sohlen in Augenschein zu nehmen. »Die hatten total schwarze Füße. Ich glaube, Suze hat mit dem entgegengesetzten Problem zu tun. Das hier sind Brandblasen.«
»Genau«, sagte ich. »Und sie tun höllisch weh. Wenn ihr mich also entschuldigen würdet …«
»Oh nein«, unterbrach mich CeeCee. »So leicht wirst du uns nicht los, Suze. Wie gesagt, wir brauchen einen Wahlslogan. Wenn ich schon meine Privilegien als Chefredakteurin der Schülerzeitung dazu missbrauche, massenweise Werbeflyer für dich zu kopieren – keine Sorge, ich hab schon die Zusage
von meiner Schwester und ihren Fünftklässler-Mitschülern, dass sie die Dinger in der Mittagspause verteilen -, dann will ich wenigstens, dass da was Aussagekräftiges draufsteht. Also, was sollen wir daraufdrucken?«
Ich saß da wie ein Häufchen Elend, und in meinem Kopf war nur Platz für ein Wort und einen Gedanken: Jesse.
»Ich hab eine Idee.« Adam riss den Deckel von seinem Leuchtmarker und schnüffelte einmal kräftig an der Spitze. »Wie wär’s mit: Wählt Suze – Weil sie nicht nervt ?«
»Den Slogan würde uns Kelly im Handumdrehen um die Ohren hauen«, sagte CeeCee frustriert. »Die würde uns ohne mit der Wimper zu zucken eine Verleumdungsklage anhängen, weil der Slogan impliziert, dass Kelly sehr wohl nervt. Ihr Vater ist doch Anwalt.«
Adam, der anscheinend genug Leuchtmarker geschnüffelt hatte, wagte sich ein zweites Mal vor: »Und wie wär’s mit: Suze rockt das Haus ?«
»Zu flapsig«, wehrte CeeCee ab. »Das ist hier kein Battle zwischen Schülerbands,
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