5. Die Rinucci Brüder: In Neapel verlor ich mein Herz
Kühlschrank.“
„Dann gehen wir ins Restaurant. Ich lade Sie ein.“
„Nein, das kann ich nicht zulassen.“
„Ob Sie das können oder nicht, steht nicht zur Diskussion.“
„Ja, Schwester Hanson.“ Er lachte auf. „Sie ahnen ja nicht, wie schön es ist, wieder von Ihnen herumkommandiert zu werden. Vielleicht hatte mein Vater recht“, fügte er nachdenklich hinzu. „Womit?“
Er musste daran denken, dass Toni vor Kurzem gesagt hatte, Hope hätte ein gutes Gespür dafür, was er brauche und was gut für ihn sei, und handle, ohne lange zu fackeln. Andere hielten sie für dominant, aber so, wie Toni es geschildert hatte, beurteilte er seine Frau anders. Ruggiero wollte es Polly erzählen, überlegte es sich jedoch anders. Er wollte sich nicht auf unbekanntes Terrain begeben.
Eins war ihm völlig klar: Wenn Polly nicht zu ihm gekommen wäre, wäre er zu ihr gegangen. „Ach, vergessen Sie es“, antwortete er. „Er macht manchmal so seltsame Bemerkungen.“ „Sie sind nicht umsonst sein Sohn“, versuchte sie zu scherzen, obwohl sein Zustand ihr Sorgen bereitete.
Es wurde schon dunkel, als sie das Haus verließen. In den kleinen Restaurants um den Hafen herum gingen die Lichter an, und auch die Schiffe, die hereinkamen oder ablegten, waren hell erleuchtet. „Es sind fast alles Fähren“, erklärte Ruggiero. „Sie verbinden uns mit Capri, Ischia und anderen Inseln.“
„Das da sieht ganz gut aus.“ Polly wies auf ein kleines Haus dicht am Wasser.
„Nein, es gibt bessere Lokale“, entgegnete er.
„Ruggiero!“, ertönte in dem Moment eine freundliche Stimme.
Zögernd drehte er sich um. „Leo!“
Der Mann, der an der Tür des kleinen Restaurants stand, strahlte übers ganze Gesicht.
„Das ist Signorina Hanson“, stellte Ruggiero sie vor.
„Herzlich willkommen, Signorina. Wir haben dich lange nicht gesehen, Ruggiero. Kommt herein. Heute gibt es frische Muscheln. Die isst du doch so gern.“
Ruggiero blieb nichts anderes übrig, als Polly in das Restaurant zu führen.
„Sind Sie oft hier?“, fragte sie und sah sich interessiert um.
„Der Laden gehört ihm zur Hälfte“, erklärte Leo. „Die Gewinne, die ihm die Beteiligung einbringt, investiert er in Motorräder, auf denen er dann Kopf und Kragen riskiert. Eines Tages bringt er sich wirklich noch um, und dann lachen wir uns ins Fäustchen.“
Ruggiero grinste belustigt.
Polly fühlte sich in der warmen, herzlichen Atmosphäre wohl und fragte sich, warum er lieber einen Bogen um das Lokal gemacht hätte.
Leo führte sie zu einem Tisch am Fenster, und Ruggiero nahm die Speisekarte in die Hand und studierte sie. Er erklärte Polly die verschiedenen Gerichte, gab schließlich die Bestellung auf und bat Leo, ihnen Kaffee zu bringen. Der Wirt versuchte, ihnen einen Wein schmackhaft zu machen, doch Polly schüttelte den Kopf.
„Keinen Alkohol, das verträgt sich nicht mit den Tabletten“, sagte sie.
„Ja, ich weiß, Sie hatten mich gewarnt“, erwiderte Ruggiero.
„Haben Sie gedacht, ich würde mich zu Tode trinken? Sind Sie deshalb gekommen?“, fragte er, nachdem Leo verschwunden war. „Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe nur Tee getrunken.“ „Das nehme ich Ihnen sogar ab. Eine Ihrer vielen Tugenden ist, sich eisern zu beherrschen.“ „Machen Sie sich über mich lustig?“ Er blickte sie argwöhnisch an.
„Warum nehmen Sie das an?“
„Sie wissen doch, meine vielen Tugenden! Das meinten Sie doch ironisch, oder?“
„Haben Sie etwa nicht viele?“
„Also, ich weiß nicht, ob ich das überhaupt beurteilen kann. Ich denke schon, dass ich kein charakterloser Mensch bin, auch wenn Sie vermutlich anderer Meinung sind.“
„Vielleicht übertreiben Sie vieles mit Ihren guten Eigenschaften.“
„Wie soll ich das verstehen?“
„Im Prinzip ist Selbstbeherrschung eine gute Sache, man kann es damit aber auch auf den Gipfel treiben.“
„Tue ich das?“
„Ja, das haben Sie sogar zugegeben. Als wir über Sapphire geredet haben, sagten Sie, Sie hätten Ihr Herz verschlossen, weil Sie sich dann sicherer fühlten“, erinnerte sie ihn.
„Stimmt. Sie hat es jedoch geschafft, dass ich mich öffnete.“ Er deutete ein Lächeln an. „Ich habe mit ihr über Dinge gesprochen, über die ich noch nie zuvor geredet hatte.“
Polly fielen die Worte ihrer Cousine ein. „Er schwatzt ununterbrochen“, hatte sie sich beschwert. „Nur weil ich ihn einmal aufgefordert habe, er solle mir alles über sich erzählen. Dabei
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