5. Die Rinucci Brüder: In Neapel verlor ich mein Herz
Krankenschwester und habe auf Sie aufzupassen, dafür werde ich von Ihrer Mutter entlohnt. Ich werde sie nicht enttäuschen.“
„Hope bezahlt Sie?“
„Ja, und dafür stelle ich meine Arbeitskraft zur Verfügung. Ehrlich gesagt, das Gehalt, das ich von ihr bekomme, ist mehr als großzügig. Umso gewissenhafter muss ich meinen Job erledigen.“ Einer Eingebung folgend, fügte sie hinzu: „Brian ist natürlich sehr froh darüber. Da wir beide noch nicht viel verdienen und irgendwann heiraten wollen, können wir das Geld gut gebrauchen.“
„Ich finde es seltsam, dass Ihnen das Geld wichtiger ist als Brian. Er scheint kein sehr
leidenschaftlicher Mann zu sein.“
„Ich kann mich nicht beklagen“, erwiderte sie steif.
„Stört es ihn nicht, dass wir so viel Zeit miteinander verbringen? Warum droht er mir nicht mit furchtbarer Rache, falls ich es wage, Ihnen zu nahe zu kommen?“
Ein Lächeln umspielte Pollys Lippen. „Aus drei Gründen. Erstens habe ich ihm versichert, dass Sie in Ihrem Zustand gar keine Gefahr darstellen. Zweitens würde ich Sie in so einem Fall sofort zur Räson bringen, und drittens brauchen wir die Einnahmequelle.“
Ruggiero musste lachen. „Darauf fällt mir nichts mehr ein“, gab er zu. „Ich dränge mich Ihnen also nicht auf, wenn ich Sie um einen weiteren Gefallen bitte?“
„Das kommt darauf an.“
„Okay. Begleiten Sie mich bitte in meine Wohnung, und erzählen Sie mir alles über Ihre Cousine.“ „Ich weiß nicht, ob ich mich an alles erinnern kann“, wandte sie ein.
„Sie haben ein hervorragendes Gedächtnis, davon bin ich überzeugt.“ Er winkte Leo herbei, um zu zahlen.
Da sie ihn eingeladen hatte, wollte Polly ihm zuvorkommen. Doch Ruggiero warf ihr einen so finsteren Blick zu, dass sie ihr Portemonnaie rasch wieder einsteckte.
„Sie haben doch nichts dagegen, dass ich Ihre Dienste in Anspruch nehme, Schwester Hanson?“, fragte er beim Hinausgehen scherzhaft und legte ihr einen Arm um die Schulter.
„Überhaupt nicht, dafür bin ich ja da“, erwiderte sie betont unbekümmert.
Zurück in seinem Apartment, holte Ruggiero die Alben hervor und legte sie auf den Tisch.
„Haben Sie die beiden letzten Tage etwa nichts anderes getan, als sich die Fotos anzusehen?“, fragte Polly mitfühlend.
„Ich weiß, es ist dumm. Ich habe tatsächlich weder Radio noch Fernseher eingeschaltet, mit niemandem telefoniert und mich praktisch hier eingeschlossen, um mit ihr allein zu sein.“ Er seufzte. „Ruggiero, wieso nehmen Sie eigentlich an, dass ich Ihnen die Wahrheit erzählen werde?“ „Ich vertraue Ihnen“, antwortete er schlicht. „Ich weiß selbst nicht warum und verlasse mich da ganz auf mein Gefühl. Ich halte Sie für ausgesprochen ehrlich und aufrichtig. Zu Ihnen habe ich genauso viel Vertrauen wie zu meinen Eltern und Brüdern.“
Sekundenlang empfand sie die Verantwortung, die er ihr damit aufbürdete, als schwere Last. Doch wenn sie sich ihm jetzt entzog, konnte sie ihm nicht helfen.
„Gut, ich tue, was ich kann“, versprach sie. „Wahrscheinlich kannte ich meine Cousine besser als sonst jemand.“ Dann öffnete sie eines der Fotoalben und begann zu erzählen. „Das hier sind unsere Eltern, und die beiden kleinen Mädchen sind wir. Sie war damals sieben und ich acht. Zwei Wochen später ist meine Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Mein Vater kam damit nicht zurecht, und so haben ihre Eltern mich zu sich genommen. Es sollte eigentlich nur eine
vorübergehende Lösung sein, doch nach zwei Jahren ist mein Vater gestorben, und ich bin bei ihnen geblieben.“
„Was hatte er?“
„Eine Lungenentzündung.“
„Das kann man heutzutage heilen, oder?“
„Ja, in den meisten Fällen. Er hatte sich nach dem Tod meiner Mutter mehr oder weniger selbst aufgegeben und war so geschwächt, dass die Ärzte schließlich nichts mehr für ihn tun konnten.“ „Ich verstehe.“
„Eigentlich war es eine schöne Zeit, auch wenn mein Onkel und meine Tante nicht viel Geld hatten. Alle waren der Meinung, meine Cousine sei sehr schön und ich sehr intelligent. Obwohl sie wirklich nicht besonders klug war, verfügte sie über Scharfsinn und Witz, und ich war stolz, weil sie mich zu ihrer besten Freundin wählte.“ Polly lachte in sich hinein. „Es dauerte ziemlich lange, bis es mir dämmerte warum: Sie wollte, dass ich ihre Hausaufgaben machte.“
Das Lächeln, das über sein Gesicht huschte, machte sie für wenige Sekunden glücklich.
„Ich
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