5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)
körperlichen Bedürfnisse kümmerte. Danach tranken wir meistens eine Tasse Tee und plauderten weiter.
Harry hatte seine Frau vor zwanzig Jahren verloren, es aber geschafft, danach trotzdem noch ein gutes Leben zu führen. Er mochte seine Arbeit, und als er in Rente ging, war er noch beschäftigter, weil er diversen Sport- und Gesellschaftsclubs beitrat. Seine jetzige Krankheit war zwar unheilbar, aber bis dahin hatte er sein Leben lang eine exzellente Gesundheit besessen.
» Ich habe das Geschenk der Gesundheit respektiert « , erzählte Harry, » indem ich aktiv blieb und mich nie um irgendwelche Regeln kümmerte, dass ich mich so oder so verhalten sollte, wenn ich so und so alt werden wollte. Die Leute sind oft selbst schuld, wenn sie vorzeitig altern, wissen Sie. « Obwohl er im Sterben lag, war Harry der gesündeste Achtzigjährige, den ich je gesehen hatte. Seine Krankheit zermürbte ihn zwar langsam, aber man sah ihm immer noch an, dass er vorher sehr fit gewesen war. Wenn ich ihm zum Beispiel die Beine massierte, bemerkte ich immer noch den Muskeltonus von seinen Wanderungen und Spaziergängen.
» Wenn man in Rente ist und die Kinder ihre eigenen Kinder großziehen, braucht man Freunde mehr denn je « , meinte Harry. » Deswegen bin ich, als meine Frau starb, Gott hab sie selig, dem Ruderclub beigetreten. Und dann einem Wanderverein. Ich weiß gar nicht, wie ich noch die Zeit zum Arbeiten fand. «
Harry glaubte fest an den Wert der Großfamilie, in der die Großeltern ein wesentlicher Teil des Lebens ihrer Enkel sind und viel Zeit mit ihnen verbringen dürfen. Das sah man an dem Verhältnis, das er zu seinen Enkeln hatte, die ihn täglich besuchten. Er hatte einen sehr positiven und liebevollen Einfluss auf sie.
» Meine Familie kommt an erster Stelle, aber man braucht auch Menschen im eigenen Alter. Wenn ich nicht die Freunde gehabt hätte, die ich in den Vereinen kennengelernt habe, wäre ich ein sehr einsamer alter Mann gewesen. Ich hätte zwar Gesellschaft gehabt, weil ich ja meine Kinder und Enkel habe, aber mir hätte die Gesellschaft von Menschen gefehlt, die in meinem Alter sind und ähnlich denken. «
Wir verbrachten Stunden in seinem Zimmer mit Plaudern, bis uns die Abendsonne warnte, dass die Friedensstunden fast vorüber waren. Bald würde die Familie wieder dazustoßen, aber Harry redete mit mir weiter, solange es ging. Er konnte nicht verstehen, warum so viele Leute erst viel zu spät einsahen, wie wichtig Freunde sind. Obwohl er es schön fand, wenn ältere Leute von ihren Familien geliebt und respektiert blieben, frustrierte es ihn, dass so viele von ihnen keinen Raum mehr für Freundschaften ließen.
» Das wird ihnen erst aufgehen, wenn es zu spät ist « , meinte er. » Aber das ist nicht nur in meiner Generation so. Wenn ich mir die Jüngeren ansehe, die sind alle so ungeheuer beschäftigt und gönnen sich nicht mal ein bisschen Zeit für sich und um Dinge zu tun, die sie privat glücklich machen. Auf die Art verlieren sie völlig den Kontakt mit sich selbst. Wenn man ein bisschen Zeit mit seinen Freunden verbringt, wird man wieder daran erinnert, wer man ist, wenn man gerade nicht Mutter, Vater, Oma oder Opa ist. Verstehen Sie, was ich meine? «
Ich konnte bestätigen, dass ich viele Leute so hatte leben sehen, dass es aber auch genug andere gab, die immer dieses kleine bisschen Zeit für sich selbst reservierten und viel glücklichere Menschen waren. Außerdem waren sie auch eine viel angenehmere Gesellschaft.
» Genau! « Er lachte und klopfte zur Bestätigung aufs Bett. » Gute Freundschaften regen uns an. Die Schönheit einer Freundschaft liegt darin, dass uns unsere Freunde als die nehmen, die wir sind, über das hinaus, was wir gemeinsam haben. Bei Freundschaft geht es darum, so angenommen zu werden, wie man ist, nicht als derjenige, der man gerne sein würde, ein Partner oder ein Verwandter. Wir müssen unsere Freundschaften pflegen, meine Liebe. «
Dem steten Strom der Besucher war zu entnehmen, dass dieser Mann keine leeren Prinzipien gepredigt hatte. Seine Freunde waren alle fröhliche, herzliche Menschen, die Freude mit ins Haus brachten. Da sie aber auch respektvoll mit seiner Krankheit umgingen, akzeptierten sie es ohne Weiteres, wenn er manchmal schlief und nicht gestört werden durfte.
An einem anderen Nachmittag fragte mich Harry nach meinen eigenen Freundschaften. Ich erzählte ihm von meinen engen Freunden und erklärte, dass sich in letzter Zeit einige
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