5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)
Rudel gebracht worden. Ich und Ella waren schon acht Jahre zusammen, als er kam und alles zerstörte. Wir hatten vor, zu heiraten, und haben auch schon über Kinder nachgedacht. Doch als sie ihn gesehen hat, hat sie scheinbar alles vergessen. Hat mich vergessen.«
»Sie hat dich verlassen?«
»Nicht sofort. Sie hatte deswegen Schuldgefühle und blieb bei mir. Versuchte so zu tun, als wären die Gefühle für Lukas nicht da. Doch ich habe die Blicke gesehen, die Gänsehaut auf ihren Armen, wenn er in der Nähe war. Ich hätte sie verlassen sollen. Sie von ihrer Schuld entlasten. Doch ich war selbstsüchtig. Ich wollte sie nicht verlieren.«
»Was ist dann passiert?«
»Was soll schon passiert sein? Er ist ihr Gefährte. Ihre zweite Hälfte. Ein halbes Jahr später hat sie mich verlassen. Hat mir gesagt, wie leid es ihr täte, aber dass sie sich nicht mehr von ihm fernhalten kann. Mich angefleht, ihr zu verzeihen. Doch das konnte ich nicht. Drei Monate später heirateten sie.«
Ich schweige. Tom tut mir leid. Doch ich weiß selbst, wie stark das Band einer solchen Beziehung ist.
»Jedes Mal, wenn ich die beiden sehe, ist es, als würden Messer meinen ganzen Körper durchbohren. Jeder, der behauptet, die Liebe sei schön, etwas Sanftmütiges, der lügt.« Ich weiß genau, was er meint.
»Hast du nie versucht, sie zu vergessen? Weiterzumachen?«
»Versucht, doch. Geschafft, nein. Vielleicht ist sie nicht auf mich geprägt, doch ich bin es auf sie. Ich habe und werde sie nie vergessen. Egal, wie sehr ich es will.«
Als er brutal auf das Holz einschlägt, zucke ich wieder zusammen. »Ich hoffe für dich, dass es irgendwann aufhört, wehzutun. Oder zumindest besser wird.«
»Ja, das hoffe ich auch.«
Ich warte noch kurz, dann sage ich: »Ich muss jetzt weiter. Aber Tom … danke, dass du mir das anvertraut hast.«
Tom sieht mich an. »Irgendwann wird Keenan auch darauf kommen, dass es keine Lösung ist, sich vor dir und seinen Gefühlen zu verstecken.«
»Ja, aber irgendwann reicht mir nicht.«
Tom nickt. Ich drehe mich um und steige in den Wagen.
Ich fahre das Auto rückwärts in die Garage und gehe ins Haus. Es ist ruhig und still. Ein Mensch hätte die leisen Schritte im ersten Stock nicht gehört, doch ich bin ein halber Gepard und habe scharfe Ohren. Erschöpft vom Vormittag ziehe ich die Schuhe aus und gehe die Treppe hoch oben.
»Wo warst du?« Keenan lehnt am Fenster neben dem Bett.
»Ich habe kurz bei Tom gehalten«, antworte ich müde und gehe ins Bad.
Ich sinke müde aufs Bett. »Also, habt ihr was entdeckt?«, frage ich ungeduldig. Keenan sieht aus dem Fenster. Es tut mir weh, dass er meinen Blick meidet. Irgendwann sieht er mich aber dann doch an und sagt: »Es ist wieder ein Mädchen tot aufgefunden worden.«
»Wer?« Ein kaltes Gefühl des Entsetzens macht sich in mir breit. Und die Angst, es könnte eine Freundin sein.
»Nicht von uns. Ein Mädchen der blauen Eulen wurde heute Nacht um vier bei einem Rundgang in ihrem Territorium entdeckt.«
»Ihr habt die Täter also immer noch nicht gefunden?«
»Das Gebiet haben wir schon eingekreist. Wir haben zusammen mit den Eulen alle Lagerhäuser am Rande von München durchsucht, doch dort waren sie nicht. Wir geben den Eulen noch einen Tag Zeit, um ihren Verlust zu betrauern, dann fangen wir morgen an, die verstreut liegenden Lagerhäuser in der Innenstadt zu durchkämmen.«
»Sie sind nicht dumm«, gebe ich zu bedenken. »Wir sollten sie nicht unterschätzen. Alle Lagerhäuser in der Innenstadt zu durchkämmen dauert ewig, und es ist ja noch nicht einmal sicher, ob sie ihre Taten wirklich dort begehen.«
»Ja, aber sie sollten uns auch nicht unterschätzen. Sie denken immer noch, wir wissen nicht, dass es nicht die blauen Eulen waren. Sie versuchen uns gegeneinander aufzuhetzen. Ich habe mir den neuesten Tatort mit Simon angesehen. Rate, was versteckt unter ein paar Blättern lag.«
Statt zu raten, warte ich auf die Antwort. »Fell eines Leoparden und daneben ein Fußabdruck, der perfekt zu unseren Pfoten passt.«
Ich bekomme eine Gänsehaut. »Wo, glaubst du, haben sie das her?«
»Keine Ahnung.«
»Katharina hat die Leiche des Mädchens heute Morgen untersucht. Sie wurde genauso zugerichtet wie Sabrina und Anna.«
Ich lehne mich zurück, bis mein Rücken sich in die Kissen drückt, und starre an die Decke. Keenan redet nicht weiter. Ich spüre seine Unruhe.»Wolltest du mit mir nur über den Fall reden, oder gibt es noch etwas, was du
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