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5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)

5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)

Titel: 5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: e-book LYX
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ich den Kopf. Das hätte Grandma nicht gewollt.
    »Und wenn Mia wüsste, dass du eine zweite Chance auf ein neues, ein glückliches Leben hast … Wäre es dann wirklich in ihrem Sinne, dass du diese Chance ihretwegen vergeudest?«
    »Das ist nicht fair«, flüsterte ich heiser.
    »Ich weiß, dass das nicht fair ist, aber jemand muss es dir sagen.«
    Mit festem Griff drückte ich seine Hand, klammerte mich an ihn. Wieder hatte ich das Gefühl, dass er in meine Seele schauen und meine Gedanken erraten konnte. Nun versuchte er, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Doch wie sollte ich ihm sagen, dass ich mich bereits entschieden hatte? Gegen mein neues Leben und damit auch gegen ihn?
    » Du musstest nicht vergessen, Noah«, sagte ich plötzlich mit gebrochener Stimme. »Für dich war es anders.«
    Er nickte langsam. Ein Schatten glitt über sein Gesicht, als er einen Schritt näher kam und mir tief in die Augen sah. »Du hast recht«, erwiderte er leise, seine Worte nur noch ein Wispern. »Aber mit diesem Wissen zu leben ist härter als komplett zu vergessen. Aber du kannst dich dafür entscheiden, alles zu vergessen und damit viel glücklicher zu leben, als ich es tue.«
    Seine Stimme wurde immer leiser. Ich legte meine Hände auf seine Brust und näherte mich seinen Lippen. Ich schloss die Augen – doch er küsste mich nicht. Seine Stirn lehnte an meiner, und ich konnte seinen beschleunigten Atem auf meiner Haut fühlen. Seine Daumen strichen gleichmäßig über meine Wangen. Beruhigend, auch wenn in diesem Moment gar nichts in mir ruhig war.
    Ein lautes Zischen brachte uns zurück in die Gegenwart. Noah eilte zum Herd, um die überkochende Pasta zu retten. Geschickt holte er eine Nudel aus dem Wasser, kostete sie und schaltete die Temperatur niedriger, damit das Essen weiter vor sich hin köcheln konnte.
    Noch bevor ich irgendetwas sagen konnte, um die seltsam angespannte Stimmung zwischen uns aufzulockern, war Noah schon wieder bei mir und streichelte mir liebevoll über das Gesicht. Ich bekam einen Kloß im Hals.
    »Weißt du, was mir als Erstes an dir aufgefallen ist? Schon damals auf der Trauerfeier?«, fragte er leise.
    Was kam jetzt? Mir war nicht klar, ob ich es hören wollte oder ob es alles zwischen uns nur noch komplizierter machen würde.
    »Deine Stärke.« Noah hielt meinen Blick fest, seine Daumen strichen unaufhörlich über meine Wangen. »Du warst so unglaublich stark, obwohl du gerade erst deine Großmutter verloren hattest und so viele Leute dich bedrängten und dir ihr Beileid aussprechen wollten.«
    Ich erinnerte mich an diesen Tag, als wäre es eben erst passiert. War es im Grunde ja auch, denn mein neues Leben verblasste mit jeder Minute, die verging. Ständig tauchten neue alte Erinnerungen auf, und ich wusste nicht, ob ich darüber weinen oder erleichtert sein sollte. Denn dieses neue Leben … es erschien mir auf einmal nicht mehr so leer, nicht so sinnlos wie noch zu Anfang.
    »Deine Stärke war es auch, in die ich mich verliebt habe«, flüsterte Noah leise.
    Mein Herz setzte einen Schlag lang aus, nur um gleich darauf heftig weiterzupochen. Ich öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch seine Fingerkuppe auf meinen Lippen hielt mich davon ab.
    Wie konnte er diesen Charakterzug in mir sehen, wenn ich mich doch alles andere als stark fühlte? Am Tag der Trauerfeier war ich kurz davor gewesen zusammenzubrechen. Ich hatte mich kaum auf den Beinen halten können und war für jede noch so winzige Atempause dankbar gewesen. Mias Umarmung. Josh, der sich um mich kümmerte. Doch an Josh dachte ich schon lange nicht mehr. Er hatte das geschafft, was ich nicht konnte. Selbst jetzt nicht. Er hatte mit mir abgeschlossen und recht schnell einen Ersatz gefunden.
    Noahs Augen hatten die Farbe von tiefdunklen Wäldern angenommen. Genauso wie an jenem Abend vor ein paar Tagen, als er mich in mein Bett getragen hatte und wir uns das erste Mal geküsst hatten. Es kam mir nicht so vor, als würden wir uns erst so kurze Zeit kennen. Wir hätten uns schon vor Jahren treffen und unser Leben gemeinsam verbringen sollen.
    Vielleicht bedeutete Stärke nicht, sich tatsächlich stark zu fühlen. Vielleicht bedeutete Stärke, in Wirklichkeit schwach zu sein und trotzdem weiterzumachen, weiterzukämpfen und nicht aufzugeben. Vielleicht war es das, was er an jenem Tag in mir gesehen hatte. Diese Stärke, die ich irgendwo auf dem Weg verloren hatte …
    »Noah … « Ich wusste selbst nicht, was ich sagen wollte.
    »Sch

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