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50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

Titel: 50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ein. Was aber soll der Beduine tun? Er soll und muß sich waschen, und doch fehlt ihm in der Wüste das dazu nötige Wasser! Es fällt ihm trotzdem nicht ein, die Waschungen zu unterlassen. Seine Frömmigkeit hat ihm ein Auskunftsmittel gezeigt; er wäscht sich nicht mit Wasser, sondern mit Sand.
    So auch jetzt in diesem Fall. Der Scheik griff, am Boden kniend, mit beiden Händen in den Sand und ließ denselben zwischen den Fingern hindurchgleiten, die Bewegung des Waschens nachahmend. Dabei betete er die Worte, die einer jeden Sure des Korans als Überschrift dienen:
    „Im Namen des allbarmherzigen Gottes!“
    „Im Namen des allbarmherzigen Gottes!“ wiederholten seine Begleiter im Chore, indem auch sie die Bewegungen des Händewaschens machten.
    „Danket Gott mit mir, an dem er so große Dinge getan hat. Er ist der Allerbarmer!“
    „Der Allerbarmer!“
    „Der Retter!“
    „Der Retter!“
    „Der Erlöser und Befreier!“
    „Der Erlöser und Befreier!“
    So betete der Scheik die hundert Namen Allahs nach der Reihe her, und die Beduinen sprachen sie andächtig nach. Es war für die beiden Deutschen ein ergreifender Anblick, diese halbwilden, sonnverbrannten Gestalten, in der Einsamkeit der Wüste kniend und in melancholischem Unisono die göttlichen Namen betend! Sie wurden so hingerissen, daß auch sie die Knie beugten und die Namen laut mit aussprachen. Das Gebet endete mit den Worten:
    „Du herrschst über die Erden und über die Himmel. Der Sterbliche kann dich nicht sehen und nicht begreifen; aber du bist voller Gnade, Liebe und Barmherzigkeit, und alles, was du tust, das ist gut. Dir allein sei Preis, Lob und Dank in alle Ewigkeit. Allah illa Allah, we Mohammed Rassuhl Allah. Gott ist Gott, und Mohammed ist sein Prophet! Amen!“
    Die Männer erhoben sich wieder, und nun trat der Scheik an Steinbach heran und sagte:
    „Blicke mich an! Leuchten meine Augen noch? Zittern meine Knie noch und steigt mir das Blut noch gefahrdrohend in den Kopf? Nein! Im Gebet habe ich Ruhe, Fassung und Stärkung erhalten. Du darfst mir alles sagen. Nicht wahr, du weißt noch mehr, als du uns hier mitgeteilt hast?“
    „Ich will es gestehen, ja. Ich sehe dich ruhig und gefaßt; ich glaube, daß ich es wagen kann, dir alles zu sagen.“
    „So sage es, sage es! Nicht wahr, Hiluja ist wirklich gerettet worden?“
    „Du sollst es wissen; ja, sie ist gerettet.“
    „Lebt sie noch?“
    „Sie lebt.“
    „Sie ist bereits bei den Beni Sallah angekommen?“
    „Ja. Sie ist wohlbehalten angekommen und wird sehr glücklich sein, dich wiederzusehen.“
    Da brach der Alte doch in sich zusammen. Er fiel vor Steinbach auf eins seiner Knie, erhob die gefalteten Hände zu ihm empor und sagte:
    „Nur vor Allah soll man knien. Ich habe noch vor keinem Menschen mein Haupt oder mein Knie gebeugt, vor dir aber tue ich es, denn du bist Allahs Bote, sein Gesandter, der mein Herz befreit hat von der tötenden Traurigkeit. Es war mir verboten, vor Schmerz zu weinen, vor Freude aber zu weinen, dessen braucht auch der Tapferste sich nicht zu schämen. Siehe meine Tränen! Sie mögen in der Stunde deines Todes vom Himmel zu dir herniederträufeln, um deine Seele reinzuwaschen, damit du eingehen kannst in das Land der Seligen!“
    Steinbach hatte ihn ergriffen und zu sich emporgehoben. Der alte, ehrwürdige Greis umschlang ihn, legte den Kopf an seine Brust und schluchzte laut. Dann aber trat er zurück, wischte sich mit dem Zipfel seines weißen Burnusses die Tränen aus den Augen und sagte:
    „Ihr habt gehört, daß ich die Hälfte meiner Herden den Armen versprochen habe. Ich werde mein Wort halten, sobald ich zurückkehre zum Lager unseres Stammes. Erinnert mich gleich im ersten Augenblick daran. Eurem Scheik und eurem Stamm ist heute große Freude widerfahren. Dieser Tag soll gesegnet sein und unvergessen für Kind und Kindeskinder! Gebt mir mein Gewehr und nehmt auch die eurigen zur Hand!“
    Das ließen die Beduinen sich nicht zweimal sagen. Ein Beduine läßt keine Gelegenheit, einige Gramm Pulver zu verpuffen, vorübergehen. Sie stellten sich mit ihren langen, krummkolbigen Flinten im Kreis auf, den Scheik und die beiden Deutschen in der Mitte. Dann rief der erstere:
    „Allah hat sich unserer erbarmt in unserer Trauer. Ihm sei Preis und Anbetung! Allah hu – hu – hu!“
    „Allah hu – hu – hu!“ brüllten sie jauchzend, und dabei schossen sie ihre Flinten ab und sprangen, einen wilden, abenteuerlichen Reigen bildend, im

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