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50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

Titel: 50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Tarik schoß also zuerst.
    Als er die Flinte erhob, schlug der Muezzin an sein Brett, um alle Anwesenden zu benachrichtigen, daß der Augenblick gekommen sei.
    Es handelte sich um sehr viel, um den Besitz des schönsten Weibes des Stammes und um die Würde des Scheiks, also um das Höchste, was es überhaupt für einen Beduinen geben kann. Darum verfuhr Tarik mit der größten Sorgsamkeit. Er zielte lange, so lange, daß sich einige halblaute, unmutige Ausrufe hören ließen. Er kümmerte sich nicht um dieselben, und auch Hilal, der neben ihm stand, flüsterte ihm zu:
    „Laß dich nicht zur Eile verleiten. Du weißt, es steht alles auf dem Spiel.“
    Tarik stand, wie aus Erz gegossen. Er war wirklich ein schöner junger Mann. Das sah man so recht deutlich, als er den Burnus abgelegt hatte und nun nach Beduinensitte nur halb bekleidet, in der Stellung eines Schützen dastand.
    Endlich krachte der Schuß. Ein Augenblick atemloser Spannung – dann brach von allen Seiten lauter Jubel los. Dieser Beifall wuchs von Schuß zu Schuß. Jede der Kugeln erreichte das Ziel, nur die fünfte, die letzte, streifte den Stein, ohne ihn herabzuwerfen. Der junge Mann war seiner Sache zuletzt doch ein wenig zu sicher gewesen.
    Jetzt begann ein Streit, wofür diese Kugel zu rechnen sei. War der letzte Schuß ein Treffer oder ein Fehlschuß? Die Versammlung der Ältesten entschied, daß es zwar kein Fehlschuß sei, da er den Stein getroffen habe, da es sich aber darum handle, den Stein herabzuschießen, so könne der letzte Schuß nicht als Treffer gelten. Tarik hatte also Steinbach gegenüber nur vier Treffer aufzuweisen.
    Es begann jetzt dem jungen Manne doch bange zu werden. Wenn Steinbach fünf Treffer tat, so war die Königin unwiederbringlich für ihn verloren. Da faltete Tarik in seiner Herzensangst die Hände und betete flüsternd vor sich hin:
    „O Allah! O Erbarmer! O Gnädiger! O Gütiger! O Mitleidiger! Schlage ihm die Flinte beiseite, daß keine seiner Kugeln treffe!“
    Steinbach hatte die Worte wohl gehört, da der Sprecher in seiner Angst doch etwas zu laut gesprochen hatte. Er wandte sich daher lachend zu ihm und sagte, mit dem Finger drohend:
    „Und du nennst dich meinen Freund! Allah wird deine Untreue gegen mich dadurch bestrafen, daß er mich den Stein fünfmal treffen läßt!“
    Und sich zu dem alten Kalaf wendend, zeigte er diesem die Waffe und sagte:
    „Siehe, das ist so eine neue Flinte. Jetzt sollst du sehen, wie man damit schießen kann!“
    Der Alte nahm ihm das Gewehr aus der Hand, betrachtete es aufmerksam, schüttelte in höchster Verwunderung den Kopf und antwortete endlich:
    „Die kannst du doch auch nur von vorn laden. Hinten hat sie ja kein Loch!“
    „Sie hat eins. Schau!“
    Steinbach öffnete die Kammer, zeigte und erklärte den Mechanismus, schob die Patrone ein und verschloß dann das Gewehr wieder. Als er dann anlegte, schlug der Muezzin wieder an sein Brett.
    „Allah illah Allah!“ betete Tarik.
    „Mohammed Rassuhl Allah!“ fügte Badija hinzu.
    Der Schuß krachte, und der Stein flog herab. Der junge Mann oben an der Stange hatte kaum einen anderen darauf gelegt, so flog auch dieser herab und dann auch der dritte.
    „Allah 'l Allah!“ flüsterte Tarik, dem jetzt der Angstschweiß auf der Stirn stand.
    „O Himmel, o Kadidscha, du Mutter der Gläubigen und der Seligen!“ stöhnte die Königin leise, die Hand ihrer Schwester ergreifend und so festdrückend, daß letztere einen Ruf des Schmerzes ausstieß.
    „Er schießt viel besser noch als ich!“ gestand Tarik, mehr aus Angst als aus Aufrichtigkeit.
    „Nicht wahr? Da kannst du recht haben“, sagte Steinbach, ihn lustig anlachend. „Aber du hast noch gar nicht gesehen, wie ich schieße. Ich werde es dir jetzt zeigen. Seht ihr dort draußen das große braune Kamel, das wiederkauend an der Erde liegt?“
    „Ja“, lautete die Antwort.
    „Was seht ihr auf seinem Höcker?“
    „Einen Aßfur.“
    Es gibt eine Vogelart, die sich gern in der Nähe der Kamele aufhält, weil sie da reichliche Nahrung findet. Diese Vögel fressen diesen gewöhnlich die Läuse aus dem Fell. Dies wissen die Kamele sehr genau, darum halten sie still, wenn ein solcher Vogel sich auf sie niederläßt. Der Beduine nennt dieses gefiederte Tier einfach Aßfur, was eben nur Vogel bedeutet.
    „Und weiter rechts davon steht ein zweites Kamel“, fuhr Steinbach fort. „Was seht ihr auf dessen Rücken sitzen?“
    „Auch einen Aßfur.“
    „So merkt einmal auf,

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