50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
sagte:
„Jetzt werden wir uns vielleicht da befinden, wo er vorüberkommt.“
„Woraus schließt du das?“
„Meinst du, daß Falehd einen größeren Umweg machen wird, als unbedingt nötig ist?“
„Ganz gewiß nicht.“
„Oder meinst du, daß er sich so nahe an unserem Lager hält, daß er befürchten müßte, entdeckt zu werden?“
„Auch das nicht.“
„So wird er also die Mitte zwischen beiden wählen, nicht zu nahe am Lager und auch nicht zu entfernt von demselben. Er kennt hier jeden Schrittbreit und vor allem auch unsere Angewohnheiten. So weiß er, daß die Jünglinge nach dem Abendgebet zuweilen noch eine Strecke weit in die Wüste jagen, um die Schnelligkeit der Pferde und ihre Geschicklichkeit zu erproben, und daß sie dabei nie über eine gewisse Entfernung hinausgehen, da die Sahara voller Gefahren ist. Diese Entfernung ist dem Riesen genau bekannt. Sie bildet einen Kreis von einem ganz bestimmten Durchmesser um das Lager, und gerade auf der Linie dieses Kreises wird er das letztere umreiten, um vom Norden nach dem Süden zu kommen.“
„So muß ich mich also auf dich verlassen?“
„Ja, ich werde dich führen. Diese Kreislinie ist zwar nicht durch den Sand gezogen, so daß sie zu sehen wäre, man muß sie sich aber denken. Dabei kommt es auf kleine Entfernungen gar nicht an. Es ist still um uns her, und wir werden den Schritt der Tiere, die Falehd bei sich hat, wohl hören. Der Sand ist tief, und wenn sie ihn mit den Füßen hinter sich werfen, so ergibt das einen Ton, der zwar nicht stark ist, dessen metallischen Klang man aber während der Nacht auf eine beträchtliche Entfernung hin vernehmen kann.“
„Wäre es da nicht geraten, uns zu trennen?“
„Dasselbe wollte ich dir soeben vorschlagen. Ich glaube, daß wir die richtige Entfernung erreicht haben. Postiere du dich also hier, ich reite noch einige hundert Pferdelängen in gerader Linie weiter. Dort steige ich vom Pferd und lasse es sich legen. Wenn du dich zu dem deinen setzt und ihm die Hand auf den Kopf legst, wird es sich nicht bewegen und auch nicht schnauben, wenn jemand vorüberreitet. Kommt er, so läßt du ihn vorbei und gibst mir ein Zeichen. Ich werde im selben Fall ganz dasselbe tun.“
„Weiches Zeichen?“
„Hast du schon einen Fennek bellen hören?“
„Ja.“
„Er geht noch weiter in die Wüste als die Hyäne oder der Schakal; es kann also gar nicht auffallen, wenn sich seine Stimme hier vernehmen läßt. Sein zweimaliges kurzes Bellen soll für den anderen das Zeichen sein, zu kommen.“
Der Fennek ist ein kleines, allerliebstes, fuchsähnliches Tierchen mit großen, breiten Ohren, die in ganz eigentümlicher Weise an dem Kopf sitzen. Seine Stimme ist scharf und hell, sie klingt wie ‚ia, ia‘, das I lang gedehnt und gedämpft, das A aber ganz kurz und sehr laut, fast wie man im Deutschen ein recht bekräftigendes kurzes Ja ausspricht, dessen ersten Laut man vorher lang angehalten hat.
Hilal ritt weiter. Steinbach aber stieg ab und schlug das Pferd auf die Kruppe, bei diesen Tieren das Zeichen, sich zu legen. Es gehorchte. Darauf setzte er sich neben das Pferd und legte ihm die Hand auf den Kopf. Sofort schmiegte es letzteren tief auf den Boden hin und holte noch einmal laut und langsam Atem, als ob es sagen wolle, daß es den Reiter sehr wohl verstanden habe. Von da an lag es ohne Bewegung still.
Minuten um Minuten vergingen. Droben strahlten die Sterne des Südens. Unten zog sich die Strecke grau in die dunkler und dunkler werdende Ferne hinein. Kein Laut war zu hören. Steinbach hatte fast das Gefühl, als ob er in einem kleinen, schwachen und schwankenden Boot im unendlichen Ozean treibe.
Es war kein Laut zu hören, nicht die Spur eines leisen Geräusches. So verging wohl eine halbe Stunde. Dann aber war es dem Lauschenden, als ob sich dort, wohin Hilal sich gewandt hatte, etwas hören lasse, ganz so, als ob ein leichter Lufthauch durch müde herabhängendes Blätterwerk gehe. War dies vielleicht das Geräusch des Sandes, von dem Hilal gesprochen hatte? Jedenfalls, denn wenige Sekunden später tönte ein bellendes ‚ia, ia‘ von dort herüber, das Zeichen, auf das Steinbach gewartet hatte.
Jenes Blätterrauschen war in der Tat nichts anderes gewesen, als das Geräusch, das die Tiere des Riesen im Sand hervorgebracht hatten.
Steinbach gab seinem Pferd die Erlaubnis, aufzustehen, stieg in den Sattel und trabte der Richtung zu, in der er den Beduinen wußte. Dieser kam ihm bereits
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