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50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

Titel: 50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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könnte ganz leicht hinüber. Die Gasse ist kaum zwei Meter breit. Man brauchte keine solchen Sprünge zu wagen, wie die des Mister Steinbach und Normann damals in das Boot hinüber. Wo sie nur stecken mögen! Welch eine Dummheit! Quartieren sich da in ein französisches Hotel ein! Die werden zeit ihres Lebens auch keine richtigen Araber. Unsereins bringt es schon weiter.“
    „Ich denke, sie studieren gerade jetzt die Wüste.“
    „Wieso?“
    „Nun, sie haben sich doch verabschiedet, um die ‚Königin der Wüste‘ aufzusuchen.“
    „Ach so! Aber auch nur Steinbach und Wallert. Dieser Normann aber ist zurückgeblieben mit seiner Tschita, um sie zu bewachen, damit sie ihm nicht wieder gestohlen werde. Na, übelnehmen kann ich es ihm nun zwar nicht. Was?“
    „Nein, Eure Lordschaft!“
    „Ja. Sie ist ein Mädchen wie ein Blümchen. Man möchte nur so immer daran riechen. Leider aber dürfen wir das nicht. Wollen also weiter Arabisch lernen und heute abend passen wir auf, ob unsere Schwarze kommt.“
    „Wollen Eure Lordschaft wirklich hinüber?“
    „Ja, ich möchte!“
    „Aber bitte, ein Lord Englands und eine Niggerin!“
    Der Lord war ein eigen gearteter Mann, von keinem anderen als dem Steuermann ließ er sich eine solche Vorstellung machen. Er antwortete daher ganz so, als ob er ihm Rechenschaft schuldig sei:
    „Ja, siehst du, da drüben in dem Fensterloch habe ich so ein feines, schönes, weiches und weißes Frauenzimmerangesicht gesehen. Wer diese hübsche Lady ist, möchte ich wissen. Die Schwarze, ihre Dienerin, geht mich gar nichts an.“
    „Aber wie wollen Sie das erfahren, Mylord?“
    „Sehr einfach, indem ich eben mit der Schwarzen spreche. Ich frage sie nach ihrer Herrin.“
    „Das können Sie nicht. Sie sind ja der arabischen Sprache gar nicht mächtig.“
    „Oho!“ antwortete der Lord in stolzem Ton. „Ich habe sie doch von dir gelernt.“
    „Von mir? Oh, da sind Sie freilich schlimm daran. Ich kann selbst nur wenig. Mein Schüler weiß also noch viel weniger. Nein, das geht nicht. Wenn Sie durchaus über die schöne Unbekannte etwas erfahren wollen, so müssen wir es anders anfangen.“
    „Nun, wie denn?“
    „Nicht Sie, sondern ich möchte mit der Schwarzen sprechen. Ich kann mich ihr noch eher verständlich machen.“
    „Hm! Der Gedanke ist allerdings nicht schlecht.“
    „Nicht wahr? Soll ich heute abend einmal hinüberspringen, wenn sie kommt?“
    „Ja, wollen es auf diese Weise versuchen. Du wirst mir dann Bericht erstatten. Vielleicht gibt es eine Entführung, die besser gelingt, als es in Konstantinopel und Tunis der Fall war!“
    Der gute Lord merkte gar nicht, daß er im Eifer des Gespräches seinen Steuermann bald Du und bald Sie nannte, aber er hatte ein schönes Mädchen gesehen, er dachte, daß da vielleicht eine Entführung zustande gebracht werden könne, und dieser Gedanke nahm ihn so in Beschlag, daß er für so kleine Äußerlichkeiten keine Aufmerksamkeit übrig hatte.
    Der Tag verging, und es wurde Abend. Da stiegen die beiden Männer, Herr und Diener, die Treppe hinauf auf das platte Dach des Hauses und setzten sich dort auf Strohdecken nieder, um zu warten, ob die Negerin sich drüben einstellen werde.
    Aber es dauerte lange, lange Zeit, und sie wollte immer noch nicht erscheinen. Schon war der Mond aufgegangen und warf sein magisches Silberlicht über die Straßen und Häuser Kairos. Die Gasse, die der Lord bewohnte, lag einsam, aber von fern her drang aus den belebteren Straßen der Stadt das Geräusch des Lebens, das bewies, daß die Bevölkerung sich noch nicht zur Ruhe begeben habe.
    Das Haus war hoch, so daß die beiden Männer die Dächer der umliegenden Häuser, soweit der Mondschein dies erlaubte, zu überblicken vermochten. Kein Mensch war zu sehen. In diesem Viertel wohnten strenggläubige Mohammedaner, die zeitig ihr Lager aufsuchen, um bei dem ersten Gebet des Tages, das für die Zeit des Sonnenaufganges vorgeschrieben ist, wieder munter zu sein.
    Dem Engländer wurde die Zeit lang. Er brummte verschiedene Male recht unmutig vor sich hin und meinte endlich:
    „Sie scheint nicht zu kommen. Gehen wir wieder hinab!“
    „Vielleicht ist es besser, wir warten noch, Mylord.“
    „Ja, und holen uns eine Augenentzündung!“
    „In dieser schönen Abendluft?“
    „Gerade in dieser Luft. Sie scheint balsamisch zu sein, ist aber im höchsten Grad heimtückisch. Der Fremde hat sich hier in acht zu nehmen. Besonders soll er sich hüten, des Nachts

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