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50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

Titel: 50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schlossen sich wiederum die Lider.
    „Tschita, meine Tschita!“ entgegnete er bebend. „Schläfst du?“
    „Ich träume!“
    „Nein, du träumst nicht. Oh, blicke mich an!“
    „Ist's Wahrheit?“ fragte sie, jetzt die Augen wieder auf ihn richtend.
    „Wahrheit, süße, glückliche Wahrheit! Ich habe dich wieder, dich, mein Leben, meine Seligkeit!“
    Tschita fühlte vor Wonne nicht, daß ihr Gewand naß war. Sie schlang die Arme um den Geliebten und zog ihn an sich.
    „Jetzt weiß ich es“, flüsterte sie. „Du hast mich aus ihrer Mitte geholt.“
    „Leider ich nicht.“
    „Wer sonst?“
    „Steinbach, der dort steht.“
    „Dort! Wir sind nicht allein?“
    Sie fuhr empor. Sie hatte nur im augenblicklichen Impuls gehandelt. Jetzt, da sie die anderen Männer erblickte, erglühte sie vor Scham und Verlegenheit.
    „Kommen Sie, Oberst“, sagte da Steinbach zu diesem. „Wir wollen in das nächste Dorf reiten und sehen, ob wir ein trockenes Gewand für unsere Gerettete bekommen.“
    Dann sprangen beide Herren fort. Der türkische Dampfer aber wandte seinen Bug wieder der offenen See zu.
    „Zykyma, wo ist sie?“ fragte jetzt Tschita erschrocken.
    „Dort auf dem Schiff.“
    „O Allah! Habt ihr sie nicht retten können?“
    „Nein, leider nein. Aber wir werden sie sicher noch retten. Weißt du, wohin der Pascha fährt?“
    „Nach Ägypten.“
    „So folgen wir ihm. Und du, meine süßte Tschita, fürchte dich nicht vor meinem Freund Wallert hier. Er steht dir so nahe wie ich, ja, noch viel näher.“
    „Wie meinst du das? Und wo ist meine Mutter? Oh, wie habe ich nach ihr gejammert.“
    „Wirst du die Neuigkeit ertragen können? Die Stumme ist nicht deine Mutter.“
    „Nicht meine Mutter?“ fragte Tschita erstaunt.
    „Nein, sondern nur deine Amme.“
    „O nein, nein! Woher wolltest du das wissen?“
    „Sie hat es uns selbst gesagt. Wir haben gestern mit ihr gesprochen. Sie versteht unsere Sprache, sie ist eine Deutsche.“
    „Eine Deutsche! O Allah!“
    „Sie hat uns gesagt, wer deine Eltern sind. Du hast einen Bruder, der dich sehr lieb hat.“
    „Einen Bruder?“
    Tschita schloß die Augen und faltete die Hände. Dann flüsterte sie:
    „Wo lebt er, wo ist er?“
    „Hier ist er, neben dir. Mein Freund hier ist dein Bruder.“
    Da öffnete sie die Augen, blickte Normann und dann Wallert an und sagte, während ihre Wangen wie vorher erbleichten, als sie aus dem Wasser gekommen war:
    „O Allah! Ich sterbe – ich sterbe!“
    Dann legte sie ihren Kopf an Normanns Brust und wurde ohnmächtig; doch war es die Ohnmacht der Freude, an der noch niemand gestorben ist!

ZWEITES KAPITEL
    Hilal, der Beduine
    Die an beiden Ufern des Nils gelegene Hauptstadt von Ägypten, die bei uns fälschlicherweise Kairo genannt wird, heißt eigentlich Kahira, das ist die Siegreiche. Und diesen Namen verdient sie mit vollem Rechte.
    Siegreich hat sie sich durch Jahrhunderte erhalten, und siegreich steht sie noch heute an der Grenze zweier gewaltiger Erdteile. Noch bis vor kurzem war sie der Typus echt orientalischer Eigentümlichkeit, doch seit ungefähr fünfzehn Jahren beginnt sie leider, sich in mehr abendländische Gewänder zu hüllen.
    Die Franzosen und Engländer sind gekommen, ihr den Hof zu machen, und seitdem besitzt sie ganze Stadtteile, die ein europäisches Aussehen haben. Nur in den alten arabischen Vierteln findet man noch ein Gewirr von engen Gäßchen, die sehr oft sackartig enden und dabei so schmal sind, daß man sich aus den gegenüberliegenden Erkern die Hände reichen oder von dem einen platten Dache auf das andere hinüberspringen kann.
    Wer hier den Orient kennenlernen will mit all seinen Vorzügen und Mängeln, der muß sich in ein Haus irgendeiner solchen Gasse einquartieren.
    Das hatten jedenfalls auch die beiden Männer gedacht, die sich kurze Zeit nach den geschilderten Ereignissen in einem Raum gegenüber saßen, der eher den Namen eines Loches als den einer Stube verdiente.
    Diese Wohnung hatte weder Tisch noch Stuhl, weder Sofa noch Bett, weder Spiegel noch sonst etwas Ähnliches. Die beiden Männer saßen mit untergeschlagenen Beinen auf Strohmatten, die sich gegenüber lagen. Licht erhielt der Raum nur durch ein kleines Loch in der Wand und durch eine schmale Treppe, die hinauf auf das platte Dach führte und nicht verschlossen war.
    Der eine war sehr lang und hager. Zu seinem sehr ausgeprägten Gesicht wollte das kleine Stumpfnäschen gar nicht passen, das die Caprice hatte, sich

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