50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
Konstantinopel abgereist sein.“
„So ist es allerdings gewesen, und ein glücklicher Zufall fügte es, daß sie das Schiff bestiegen, auf dem ich mich bereits befand. Bitte, erlauben Sie mir, Ihnen den Vorgang zu berichten!“
Der Sekretär erzählte nunmehr, wie er Gökala in der Kajüte belauscht und dann mit ihr gesprochen habe. Steinbach befand sich in der allergrößten Aufregung. Er hatte sich außerordentlich unglücklich gefühlt, so schnell und unvorbereitet Konstantinopel verlassen zu müssen, ohne vorher nach der Geliebten forschen zu können, und jetzt hörte er, daß sie sich auch dort nicht mehr befand.
„Und sie ist in Alexandrien gelandet?“ fragte er.
„Ja.“
„Natürlich haben Sie die Dame auch nicht einen Augenblick aus dem Auge gelassen?“
„Das war allerdings meine Absicht, gnädiger Herr.“
„Absicht? Ah! Wollen Sie etwa damit sagen, daß es nur bei der Absicht geblieben ist?“
„Ich habe mir die möglichste Mühe gegeben!“
„Hoffentlich nicht ohne Erfolg. Ich muß unbedingt wissen, wo die Dame sich befindet. Gleich nachdem Sie mit ihr gesprochen hatten, mußten Sie begreifen, welchen Wert dies für mich hat.“
„Ich wußte es und habe mich danach verhalten. Aber bitte, gnädiger Herr, bedenken Sie, daß ich Kurier war.“
„Kurier, ja! Verdammt!“
„Es war mir ein Bild anvertraut, das ich dem Vizekönig ohne eine Minute Aufenthalt zu bringen hatte.“
„Sie haben nicht unrecht – leider!“
„Dennoch blieb ich einen Tag und konnte so der Dame noch durch ein Zeichen zu verstehen geben, daß ich beim Betreten des Landes Ihre Depesche empfangen hatte. Auf diese Weise erfuhr sie wenigstens, daß Sie leben, daß Sie nicht ertrunken sind. Dann legte ich mich auf die Lauer, bis der Russe mit ihr von Bord ging, folgte ihnen und erfuhr also, wo sie wohnten. Im Laufe des Tages forschte ich vorsichtig weiter und erhielt die Gewißheit, daß sie wenigstens eine volle Woche in dem Haus bleiben würde. Das beruhigte mich. Ich konnte also jetzt nach Kairo, um das Porträt abzugeben, und dann sofort wieder zurück, um Gökala und ihren Kerkermeister – so muß ich ihn ja nennen – zu beobachten.“
„Und Sie reisten dann ab?“
„Nicht sofort, sondern ich begab mich zuerst noch auf die Polizei, legitimierte mich dort und bezeichnete den Russen als einen verdächtigen Menschen, der bis zu meiner Rückkehr unter die strengste Aufsicht zu nehmen sei.“
„Das hätte ich auch getan. Sie haben Ihre Sache sehr gut gemacht.“
„Ich begnügte mich nicht damit. Ich verlangte sogar, daß man, falls der Russe Alexandrien verlassen sollte, ihm folgen und mir den Ort angeben möge, wo er zu finden sei.“
„Sehr gut. Ich selbst hätte es nicht anders machen können.“
„Dieses Urteil von Ihnen beruhigt mich außerordentlich. Ich muß Ihnen nämlich sagen, daß alle meine Vorsicht ohne Erfolg gewesen ist!“
„Alle Teufel! Das ist kaum möglich!“
„Ja, ich ahne und denke sogar, daß gerade diese Vorsicht die Schuld trägt, daß der Kerl mir entkommen ist.“
„Wie? Er ist entkommen?“
„Leider!“
„Welch ein Unglück! Schon war ich hoch erfreut, von Ihnen zu hören, daß Sie Gökala getroffen haben, und nun sollte dies vergeblich gewesen sein?“
„Man hat den Russen, wie ich vermute, zu scharf beobachtet, so scharf, daß er es bemerken mußte. Es ist ihm aufgefallen, und er hat sich daher heimlich aus dem Staub gemacht. Bereits am zweiten Morgen ist er verschwunden gewesen.“
„Mit Gökala?“
„Natürlich! Mit ihr und seinen Begleitern!“
„Doch nicht etwa ganz spurlos!“
„Leider ganz und gar. Die Polizei war, als ich zurückkehrte, ohne Spur und ohne Rat. Wir haben uns die allergrößte Mühe gegeben. Wir haben geforscht und gesucht, vergebens. Und auch in Kairo, wohin ich in der Erwartung ging, daß auch der Russe die Hauptstadt aufgesucht haben werde, habe ich bis zu diesem Augenblick nicht das geringste von ihm erfahren können.“
„Ah! Wer sollte das denken! Er kann doch nicht verschwinden und sich unsichtbar machen! Aber ich sehe es ein, daß Sie schuldlos sind. Sie konnten nicht anders handeln, als Sie gehandelt haben. Sie haben getan, was Sie in Ihrer Lage nur tun konnten, und es gibt für mich also keine Veranlassung, Ihnen zu zürnen. Ich bin Ihnen vielmehr zu Dank verpflichtet, da ich durch Sie wenigstens erfahre, daß Gökala sich in Ägypten befindet. Jetzt, wo ich selbst hier bin, hoffe ich auch, eine Spur zu entdecken.
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