50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
kauerten sich also nieder, und einer zog drei Würfel aus der Tasche. „Die höchste oder die niedrigste Nummer?“ fragte er.
„Die niedrigste!“
Das wurde angenommen, und gerade derjenige warf sie, der vorhin über die Furcht vor dem Engländer gelacht hatte.
„Ah, also ich!“ sagte er. „So ist gar nichts weiter zu reden. Ich fürchte mich vor diesem Grab nicht und werde mich also hineinstecken. Das Übrige ist eure Sache. Seht, hier fehlt die Ecke an der Platte. Das gibt ein Loch, durch welches ich in aller Gemütlichkeit meine Kugel senden kann. Es ist eigentlich ärgerlich, daß wir zu einem solchen Mittel greifen müssen: aber seit er uns gesagt hat, daß er Hilal ist, steht es fest, daß er uns alle erschießen wird, einen nach dem anderen. Diese Söhne des Blitzes verfehlen ihr Ziel nie. Man sagt, daß ein alter, berühmter Marabut, ein frommer Einsiedler, über ihre Gewehre den Segen gesprochen habe. Seit jener Zeit haben sie keinen einzigen Fehlschuß getan, und ihre Kugeln gehen fünfmal weiter, als diejenigen anderer Schützen. Nur List kann hier helfen.“
„Was aber sagen wir, wenn du dich ins Grab hier steckst, und der Onbaschi fragt nach dir?“
„Was sollt ihr sagen? Ich bin einfach nicht da. Nun aber müßt ihr dafür sorgen, daß der Araber so gestellt wird, daß ich ihn vor meine Flinte bekomme. Der Onbaschi wird das Zeichen geben, wann geschossen werden soll. In demselben Augenblick drücke auch ich ab. Der Araber muß so nahe an diesem Grab stehen, daß ich ihn auf alle Fälle treffe. Und dann –“
„Halt, ist er das nicht, der dort jenseits der Steine kommt?“
„Ja, das ist er.“
„Dann schnell hinein, ehe er es bemerken kann!“
Der Lord kauerte indessen im Inneren der Höhle hinter dem Stein und blickte durch das Eckloch heraus. Er sah die Arnauten, er hörte sie auch, da er aber des Türkischen nicht mächtig war, so verstand er nicht, was sie sagten, und hatte keine Ahnung davon, daß der eine zu ihm hineinzukommen beabsichtigte.
Jetzt sah er, daß zwei nach der Platte griffen.
„Sapperment!“ flüsterte er. „Ich glaube gar, ich bekomme Besuch. Dann nur rasch soweit nach hinten wie möglich! Vielleicht bemerken sie mich gar nicht.“
Und wirklich, sie bemerkten ihn auch nicht. Sie mußten ja so rasch handeln, daß ihnen gar keine Zeit blieb, nachzusehen, ob die Grabhöhle auch wirklich leer sei. Jetzt hatten sie die Platte zur Seite geschoben, und der Arnaut kroch rasch hinein.
„Also, Achmed, sorge dafür, daß ich ihn gut zu Schuß bekomme!“ sagte er noch.
Dann legten seine Kameraden den Stein wieder vor.
Der Engländer hatte sich inzwischen bis an das Ende der Höhle zurückgezogen, wo er sich nun, seine Gewehre an sich ziehend, still zusammenkauerte. –
Hilal näherte sich langsam. Er war ganz allein.
Als er die Arnauten erblickte, tat er, als ob er sie nicht bemerke, und lehnte sich an einen der großen Quadersteine, die seit Jahrhunderten an dieser Stelle lagen.
Er hatte wohl bemerkt, daß noch nicht alle beisammen waren, und wartete nun, bis die anderen kommen würden. Dies dauerte nicht lange. Eben als die Sonne im Westen den Horizont scheinbar berührte, kam der Onbaschi, bei dem sich die übrigen befanden.
Als dieser Hilal bemerkte, sagte er im Ton der Erleichterung zu ihm:
„Du hast Wort gehalten. Das ist seht gut. Ich hatte meine Ehre verpfändet.“
„Ich habe mein Wort noch nie gebrochen.“
„Es war doch leicht möglich, daß du nicht kamst.“
„Warum?“
„So viele gegen einen!“
„Glaubst du etwa, daß ich mich vor ihnen fürchte? Meine Kugel wird sie alle treffen. Und selbst wenn ich gewußt hätte, daß ich getötet würde, wäre ich doch gekommen. Ein Sohn der Wüste stirbt lieber, als daß er von sich sagen läßt, er wäre wortbrüchig geworden. Beginnen wir?“
„Ja“, antwortete der Onbaschi. „Die Sonne ist fast verschwunden. Wir haben keine Zeit zur verlieren. Sind alle beisammen?“
Dann überflog sein Auge die Versammlung, und er fragte verwundert:
„Omar fehlt. Wo ist er?“
„Er ging erst noch zum Tabakverkäufer und wird bald nachkommen“, entgegnete derjenige, der Achmed genannt worden war.
Der Onbaschi beruhigte sich nunmehr und musterte die Umgebung. Dann fragte er den Beduinen:
„Wieviel Schritte Entfernung wünschst du?“
„Soviel ihr haben wollt, einen oder dreihundert“, klang die stolze Antwort.
„Einen Schritt nur? Das wäre dein sicheres Verderben.“
„Versucht es! Was
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