50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
will der Geist eines Engländers, der vor so vielen Jahren starb, wissen von dem, was hier geschieht! Es ist lächerlich!“
Es war ihm keineswegs ernst mit diesen Worten. Er glich denjenigen Menschen, die im Finstern, wenn sie sich allein befinden, irgendeine Melodie pfeifen, um ihre Furcht zu beschwichtigen. Achmed stimmte ein:
„Du hast recht. Ich muß lachen, wenn ich mir denke, daß der Geist dieses Engländers herauskäme, um einen von uns zu packen. Ein Geist, gekleidet in der Weise der Engländer, mit weißen und schwarzen Vierecken auf dem Gewand und einem Hut auf dem Kopf, so wie die Briten ihn lächerlicherweise zu tragen pflegen! Fangen wir lieber endlich an!“
„Ja“, sagte der Onbaschi. „Gebt Würfel her! Wer am höchsten würfelt, hat den ersten Schuß.“
Es wurde nun gewürfelt. Einer warf siebzehn. Da nahm er seine Flinte und zählte fünfzig Schritte nach rückwärts ab, und auch Hilal ergriff sein Gewehr und ging genau fünfzig Schritte vorwärts, wo er sich dann umdrehte. Nun standen sich die beiden Duellanten so gegenüber, daß das Grab in ihrer Mitte lag. Die Arnauten aber wichen zurück, um aus der Schußlinie zu kommen. Sie wußten, daß Omar irgendwo versteckt sei, um dem Beduinen aus größerer Nähe als hundert Schritt eine sichere Kugel zu geben, und diejenigen, die zuerst gekommen waren, kannten das Versteck noch genauer. Sie hielten daher ihre Blicke mit außerordentlicher Spannung nach dem Grab gerichtet.
„Aufgepaßt!“ rief jetzt der Onbaschi laut. „Ich werde zählen. Bei drei wird geschossen. Und dann – alle Teufel! Was ist das?“
Er wandte sich zur Seite, wo in diesem Augenblick Steinbach mit seinen Begleitern um die Ecke des Sees bog. Sie waren bisher von dem hohen Schilf den Augen der Arnauten verborgen gewesen. Steinbach bemerkte sogleich, daß er gerade im letzten Moment erschienen sei; er kam daher schnell herbei und sagte, sich an den Onbaschi wendend:
„Zwei Männer einander mit dem Gewehr gegenüber! Was geht da vor?“
„Was geht es dich an?“
„Das geht einen jeden an. Wollt ihr euch morden?“
„Nein. Es ist ein Duell.“
„Das ist etwas anderes. Hoffentlich dürfen wir es uns mit ansehen?“
„Das ist nicht notwendig. Geht eures Weges.“
„Unser Weg führt uns just nur bis hierher. Wir werden also hierbleiben.“
Der Onbaschi maß Steinbach mit einem zornigen Blick und trat dann näher an die Seinigen heran. Sie flüsterten einige Sekunden miteinander. Dann wandte sich der Onbaschi wieder zu Steinbach:
„Wer seid ihr?“
„Das ist von keiner Bedeutung. Wir sind hier, das ist genug. Wenn es sich wirklich um ein ehrliches Duell handelt, werden wir zwar zusehen, euch aber nicht stören. Demjenigen jedoch, der unehrlich handelt, werde ich eine Kugel durch den Kopf jagen!“
„Oho! Du redest ja, als ob du der Pasch selbst seiest!“
„Ich komme vom Pascha, das mag euch genug sein. Wenn Hilal mit euch kämpfen will, mit einem nach dem anderen, so ist das seine Sache, und ich werde ihn keineswegs daran hindern, aber ehrlich soll der Kampf sein, das verlange ich!“
„Wie? Du weißt es? Du kennst ihn?“
„Ich weiß alles. Ich stehe hier im Namen des Vizekönigs, um seinen Gast zu beschützen. Der Kampf soll erst jetzt beginnen?“
„Ja. Eben sollte der erste Schuß fallen.“
„Wer kommandiert?“
„Ich. Bei drei schießen beide zugleich.“
„Gut! Ich bin befriedigt. Ihr steht drüben, wir stehen hüben. Wacht ihr für euch, und wir wachen für Hilal. Ich könnt beginnen.“
„Ah, er hat es angezeigt. Er hat euch herbeibestellt.“
„Nein. Er weiß nichts von uns, und er kennt uns nicht. Wir haben es zufällig erfahren; aber er ist unser Freund, und wir beschützen ihn.“
Steinbach sprach so ernst, so bestimmt und selbstbewußt, daß der Eindruck seiner Worte unausbleiblich war. Der Onbaschi flüsterte nun abermals mit den Seinigen und sagte dann:
„Wir brauchen es nicht zu leiden, daß wir von Unberufenen gestört werden –“
„Wir stören euch ja nicht!“ fiel Steinbach ein.
„Das würde ich euch auch nicht raten! Unsere Angelegenheit geht euch gar nichts an. Wir fechten sie unter uns aus. Ihr mögt meinetwegen zusehen. Das ist aber auch alles, was wir euch erlauben. Wollt ihr euch mehr gestatten, so würden unsere Gewehre sprechen!“
„Und die unserigen mit!“
Hilal war ganz erstaunt, so plötzlich Beschützer zu finden, die er nicht einmal kannte. Er kam daher herbei und fragte
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