50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
nur noch schimpfen. Steinbach hörte gar nicht darauf. Die Tiere, die sich mit ihrer Last gelagert hatten, mußten sich erheben und wurden nach der Ruine geführt und dort abgeladen.
Die Wächter, die Tarik bestellt hatte, trugen die schweren Pakete zu der Treppe empor und in ein hohes, ziemlich großes Gewölbe, das saalartig neben den von der Königin bewohnten Räumen lag.
Erst als nachher die Eingeweihten sich allein beieinander befanden, wurden die Pakete geöffnet. Wie erstaunten sie über die Gewehre und die Munition! Welche Freude hatte Badija, als Steinbach ihr mehrere kostbare seidene Gewänder überreichte und dann noch Ketten und Schmuckstücke hinzufügte!
Tarik und Hilal erhielten jeder eine vollständige Garnitur kostbarer Waffen und einige Anzüge, wie sie für das Wüstenleben geeignet sind. Auch der alte Kalaf erhielt dasselbe. Er pries den Vizekönig in allen Tönen, deren seine Sprache fähig war, und es dauerte lange Zeit, ehe das Entzücken der Beschenkten einer ruhigeren Stimmung Platz gemacht hatte. Der Alte versicherte, daß der Khedive durch dieses Geschenk sich die ewige Freundschaft des Stammes erworben habe.
Endlich trennte man sich, denn Mitternacht war vorüber. Steinbach und Normann erhielten ein in der Ruine liegendes, kleines und unbewohntes Gemach angewiesen. Tarik und Hilal trauten dem Riesen nicht so recht. Sie stellten Posten um das Gemäuer und machten miteinander aus, sich in der Wache und Beaufsichtigung dieser Posten stündlich abzulösen. Da Hilal den anstrengenden Wüstenritt hinter sich hatte, so durfte er sich für die erste Stunde zur Ruhe legen.
Tarik lehnte oben, nicht weit von der Treppe, an der Brüstung und lauschte hinab auf das Lager und hinaus in die beinahe lautlose Stille.
Zuweilen erscholl das bellende ‚Jau‘ eines Schakals, oder das tiefe ‚Onnau‘ einer herumschleichenden Hyäne; sonst war alles still. Die Tiere der Herden schliefen ebenso wie die Menschen. Nur er, Tarik, wachte mit seinen Leuten für die Sicherheit des Lagers, er und die Beduinenjünglinge, die an der Ruine standen oder draußen um das Lager patrouillierten.
Sie allein? Wirklich? Wachte weiter niemand?
O doch! Denn plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter, so plötzlich und unerwartet, daß er erschrocken zusammenfuhr, denn er hatte nicht das leiseste Geräusch eines nahenden Schrittes gehört.
„Fürchte dich nicht, Tarik! Ich bin es.“
„Du, o Königin! Warum fliehst du dem Schlaf?“
„Aus Angst und Sorge.“
„Was sollte dich beängstigen? Gerade seit heute hast du keine Veranlassung mehr, irgendeine Sorge zu haben.“
„Glaubst du?“
„Ja. Der mächtige Vizekönig ist dein Freund. Er hat dir Gewehre und Munition gesandt, um diese Freundschaft zu besiegeln. Der Stamm ist dadurch um das Zehnfache mächtiger geworden; er ist der mächtigste in der Umgebung vieler Tagereisen. Mit diesen dreihundert Gewehren können wir uns alle Feinde untertänig machen.“
„Nur Falehd nicht!“
„Dazu bedarf es ja dieser Gewehre gar nicht. Er hat gegen drei zu kämpfen. Einer wird ihn doch besiegen.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht! Selbst wenn ihn der dritte besiegen sollte, sind die beiden ersten bereits verloren. Wer wird sein erster Gegner sein?“
„Der Fremde. Falehd hat es ihm selbst gesagt.“
„Das ist Allahs Schickung.“
„Wieso?“
„Dieser Fremde ist ein herrlicher Mann. Es tut mir daher im tiefsten Herzen weh, daß er sterben soll; aber er scheint stark zu sein; bevor er besiegt sein wird, wird er einen solchen Widerstand geleistet haben, daß Falehd dir und deinem Bruder nur noch mit halben Kräften gegenübersteht. Vielleicht ist es dann möglich, daß er doch besiegt wird.“
„Natürlich werde ich kämpfen, solange ich es vermag.“
„Wer wird der zweite sein? Du oder Hilal?“
„Ich.“
„O Allah! Warum du?“
„Ich – ich bin der ältere.“
Fast hätte er gesagt: „Ich bin ja derjenige von uns beiden, der dich liebhat; darum trete ich eher an.“
„Entscheidet denn das Alter?“
„Ja.“
„Könntest du nicht warten bis zuletzt?“
„Warum sollte ich das?“
„Um dich zu schonen.“
Badija stand ganz nahe bei ihm. Ihr weißes dünnes Gewand stach leuchtend von den dunklen Steinmassen ab. Tarik hörte ihren Atem, er fühlte sogar die Lebenswärme, die ihr schöner, jungfräulicher Körper ausstrahlte. Es war ihm so süß und doch auch so traurig zumute. Wo stand er morgen um diese Zeit? Wahrscheinlich lag
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