50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

Falehd nicht euer Scheik sein wird.“
    „Das ist unmöglich.“
    „Ich weiß sehr wohl, daß ihr alle ihn für unüberwindlich haltet, wenn –“
    „Wenn es sich um einen Faustkampf handelt“, fiel der Alte ein. „Er ist der nächste Verwandte. Als solcher hat er die Waffen zu bestimmen, und er wird sich hüten, Flinte, Lanze oder Messer zu wählen. Dabei könnte er selbst von einem Schwächeren verwundet oder getötet werden, während er beim Kampf mit der Faust sicher ist, jeden Gegner niederzuschlagen.“
    „Mich nicht. Ich war in einem Land, wo der Faustkampf noch in anderer Weise gepflegt wird als bei euch. Ich würde zehn solche Gegner wie Falehd, wenn ich mit ihnen zu ringen hätte, nacheinander niederschlagen, zehn und auch noch mehr.“
    Der Alte blieb stehen, blickte den Sprecher verwundert an, schüttelte den Kopf und sagte:
    „Du siehst mich sehr erstaunt über das Vertrauen, das du zu dir hast. Du sprichst ganz so, als ob es für dich gar keine Möglichkeit zu unterliegen gebe.“
    „Die gibt es auch nicht. Du kannst davon ganz ebenso überzeugt sein wie ich.“
    „So möchte ich allerdings diese schwere Sorge heute abend schon von mir werfen. Das war das erste. Wolltest du vorhin nicht auch noch ein zweites sagen?“
    „Ja. Aber vorher bitte ich dich, mir deinen Namen zu nennen, fast vermute ich, daß du Kalaf heißt.“
    „So heiße ich allerdings. Woher weißt du das?“
    „Hilal, euer Bote, hat, als er den Vizekönig sprach, auch deinen Namen rühmend genannt. Du seist der vertraute Ratgeber der Königin und ein Freund des Khedive.“
    „Hilal hat die Wahrheit gesagt, ich bin es.“
    „Darf ich vielleicht wissen, ob Ibrahim Pascha euch Geschenke mitgebracht hat?“
    „Gar nichts.“
    „Aber der Russe doch wohl?“
    „Auch nichts. Sie haben uns nur Versprechungen gemacht. Beide wollen, daß der Riese Scheik werde. Ich vermute, daß dann die Stämme der Wüste unter seiner Anführung in Ägypten einfallen sollen. Es würde Aufruhr und Empörung entstehen; der Sultan müßte Truppen und Schiffe senden, er würde sich also schwächen, und dann hätte der Russe ein leichtes Spiel, seine Absichten zu erreichen. Bezahlt sollen wir dann werden mit vielen Silbertalern, und außerdem soll uns der Raub gehören, den wir machen.“
    „Und darauf will Falehd eingehen?“
    „Ja.“
    „Schändlich! Also die armen ägyptischen Fellahs, die selbst kaum zu leben haben, sollen ausgeraubt werden! Das ist mehr als grausam. Da komme ich doch mit anderen Vorschlägen. Und außerdem bringe ich euch Geschenke.“
    „Ah! Dem Stamm?“
    „Der Königin, den beiden Söhnen des Blitzes und auch dir.“
    „Mir?“ fragte der Alte in freudigem Erstaunen.
    „Ja, dir.“
    „Das ist ja noch niemals dagewesen!“
    „So freut es mich desto mehr, der Überbringer zu sein. Das allerbeste aber ist, daß ich auch dem Stamm Geschenke bringe. Das war das zweite, von dem ich sagte, daß es dein Herz von der Sorge, die du hegst, befreien werde. Du wünschtest vorhin Gewehre; diesen Wunsch kann ich dir im Auftrag des Vizekönigs erfüllen.“
    „Hamdullillah – Preis sei Gott! Du hast Gewehre mitgebracht?“
    „Gewehre und Munition.“
    „Wie viele?“
    „Dreihundert Kriegsgewehre, nicht solche alten Flinten wie ihr jetzt habt, bei denen jeder zweite Schuß versagt.“
    „Bessere etwa?“
    „Oh, viel, viel bessere!“
    Kalaf machte trotz seiner Würde und seines Alters einen Freudensprung und rief aus:
    „Bessere! Viel bessere! O Allah, Allah!“
    „Pst! Schrei nicht so! Ich habe dich hier abseits geführt, damit niemand unser Gespräch hören soll.“
    „Verzeih! Aber gute Gewehre sind für den Beduinen das aller-, allernotwendigste. Darum freute ich mich so. – Es gibt ein Volk, welches Nemtsche genannt wird. Kennst du es vielleicht?“
    „Ja, es sind die Deutschen.“
    „Dieses Volk soll Rückwärtsflinten haben!“
    „Es hat Millionen solcher Gewehre, die dreißig bis vierzig Schüsse in der Minute abgeben. Und du sollst auch eins besitzen.“
    „Wie? Was? Ist's wahr, ist's möglich?“
    „Ja. Die Gewehre, die euch der Vizekönig durch mich sendet, sind solche Rückwärtsflinten, und ich bringe euch volle dreihundert Stück.“
    Der Alte griff sich an den Kopf und sagte:
    „Das kann ich nicht fassen. Das ist zuviel. Dreihundert Stück! Vierzig Schüsse in der Minute! Wie viele Feinde könnte man damit in einer Minute erschießen! Das kann ich gar nicht ausrechnen. Da reichen mein Kopf und mein