51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
unerwachsene Beduinenknabe führt wenigstens ein Messer mit sich. Das war eine Dummheit von ihnen, weil dadurch ihre Entwaffnung außerordentlich erleichtert wurde.
Steinbach richtete einige Worte an sie, des Inhaltes, daß sie für ihr Leben nichts zu befürchten hätten und daß auch ihr Lager nicht verwüstet werden solle. In jenen Gegenden pflegt nämlich der Sieger die Herden der Besiegten fortzuführen, ihre Palmen niederzuschlagen und ihre Brunnen zu verschütten, so daß sie entweder als Sklaven mit ihm ziehen oder an ihrem Wohnort elend verschmachten müssen.
Steinbachs Versicherung machte sichtlich einen sehr guten Eindruck, doch wurden die Gesichter ein wenig länger, als er verlangte, daß jeder Anwesende die Waffen niederlegen solle. Freilich blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Dann wurden sie alle aus dem Lager geführt, worauf sie sich unter den Palmen niedersetzen mußten. Die gefesselten Ältesten wurden auch herbeigebracht, und Steinbach bedeutete allen, daß jeder, der einen Fluchtversuch wage, sofort eine Kugel erhalten werde.
Man kann sich denken, welchen Eindruck es auf die weiblichen Bewohner des Lagers machte, als sie sahen, daß ihre Männer gefangengenommen wurden. Sie erhoben ein lautes Klagegeschrei, das aus allen Zelten ertönte, aber bald wieder verstummte, als sie bemerkten, daß den Gefangenen kein Schaden an Leib und Leben widerfahren sollte.
Jetzt wurden schnell die Herden besichtigt. Es waren Prachttiere vorhanden, von so hohem Wert, daß die Beni Suef sich gescheut hatten, sie den Gefahren eines Kriegszuges auszusetzen.
Die Frauen und Mädchen der Beni Suef hatten natürlich alle Hände voll zu tun, für die gefangenen Ihrigen und die Sieger Nahrung zu beschaffen.
Als Normann sich gesättigt hatte, wurde er mit einigen gut berittenen Begleitern ausgesandt, die nördlich liegende Gegend zu beobachten, aus der die flüchtigen Beni Suef vom Ferß el Hadschar herkommen mußten. Steinbach wählte gerade ihn dazu, weil er sich am meisten auf ihn verlassen konnte und der Maier mit dem Fernrohr umzugehen wußte.
Nun trat eine Zeit des Wartens ein. Man konnte nicht weitere Dispositionen treffen, bevor die Flüchtlinge empfangen worden und gefangen waren.
Steinbach benutzte die Ruhepause, um sich das Zeltdorf genauer zu besehen, als es bisher geschehen war. Dabei kam er an ein kleines Bauwerk, das außerhalb des Dorfes lag. Es war aus Steinen aufgeführt, hatte etwas über Mannshöhe und war, was hier auffallen mußte, mit einer hölzernen Tür versehen. Holz ist nämlich in den Oasen der Wüste eine Seltenheit.
Diese Tür hatte einen eigentümlichen Verschluß. Derselbe bestand aus vier kreuzförmig gegeneinander gerichteten Holzriegeln, die so künstlich ineinandergriffen, daß nur der Eingeweihte diesen Mechanismus öffnen konnte.
Eben kam eine junge Beduinenfrau vorüber, die am Brunnen Wasser geholt hatte.
„Was ist das für eine Hütte?“ fragte Steinbach.
„Sie dient zum Dörren der Bla halefa“, antwortete die Gefragte.
Unter Bla halefa versteht man die geringste Sorte von Datteln, die getrocknet und dann als Futter für die Tiere benutzt werden.
„Wem gehört sie?“
„Dem Scheik.“
„Öffne mir!“
Steinbach wollte sich die Einrichtung besehen. Die Frau trat jedoch einen Schritt zurück und wurde verlegen.
„Ich kann nicht“, antwortete sie endlich stockend.
„Verstehst du nicht, mit den Riegeln umzugehen?“
„Nein.“
„Lüge nicht! Ich sehe es dir an, daß du die Unwahrheit sprichst. Warum lügst du?“
Er sagte das in so drohendem Ton, weil er als Menschenkenner aus dem Verhalten des Weibes schloß, daß es sich hier um etwas handle, was er nicht wissen solle. Sie erschrak sichtlich und stammelte:
„Verzeih, Effendi! Ich darf nicht öffnen.“
„Warum nicht?“
„Der Scheik hat es verboten.“
„Wann? Seit längerer Zeit, oder erst seit unserer Ankunft?“
Sie hatte wohl Lust, ersteres zu bestätigen; er aber blickte ihr so scharf in die Augen, daß sie nicht zu lügen wagte. Sie antwortete also:
„Seit vorhin erst.“
„Ah! Schön! Und du kannst öffnen?“
„Ja.“
„So tue es!“
„Der Scheik wird mich bestrafen.“
„Jetzt bin ich hier Scheik und Gebieter. Übrigens verspreche ich dir, daß kein Mensch erfahren soll, daß du mir geöffnet hast. Was befindet sich denn drinnen?“
Sie blickte sich vorsichtig um, und als sie sah, daß sie ganz allein hier waren, trat sie einen Schritt näher und
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